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Deutscher Apothekertag 2014
Viele Entscheidungen und manch offene Frage
Anträge zur pharmazeutischen Kompetenz
Im Antragsheft befand sich noch ein Antrag der Apothekerkammer Nordrhein und des Hessischen Apothekerverbandes, die Apotheker sollten die Mitgliedschaft im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) anstreben. Die Antragsteller legten jedoch selbst stattdessen einen Änderungsantrag vor, eine solche Entscheidung für den Apothekertag 2015 durch eine umfassende Dokumentation vorzubereiten. In der Diskussion vermischten sich die Argumente für und gegen die G-BA-Mitgliedschaft mit denen zur Entscheidung im nächsten Jahr. ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz erklärte, schon aufgrund eines diesbezüglichen Antrages von 2003 habe der Gesetzgeber erklärt, die Apotheker sollten nicht im G-BA vertreten sein. Danach habe es immer wieder solche Anträge gegeben. Erst kurz vor dem Apothekertag habe die ABDA-Mitgliederversammlung einstimmig gegen eine G-BA-Mitgliedschaft gestimmt, erklärte Karin Graf, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der ABDA. Dazu habe ein 118 Seiten starkes Papier mit Argumenten vorgelegen, das Theo Hasse, Vorsitzender des Apothekerverbandes Rheinland-Pfalz, so zusammenfasste: „Die Mitgliedschaft ist unsinnig und nicht finanzierbar.“ Das erst kürzlich erstellte Papier kursierte allerdings bisher noch nicht bei den Landesorganisationen. Magdalene Linz, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, zeigte sich aufgeschlossen, die Argumente bis zum nächsten Jahr in der Berufsöffentlichkeit zu vermitteln. Doch in der weiteren Diskussion überwogen die Argumente gegen die G-BA-Mitgliedschaft. Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes, erklärte, die Apotheker müssten als G-BA-Mitglied alle Entscheidungen des Gremiums mittragen und dürften diese nicht mehr öffentlich kritisieren. Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, betonte, der G-BA sei ein untergesetzlicher Normengeber, der für die Leistungsveranlasser – und damit nicht für die Apotheker – relevant sei. Mit Blick auf die dort getroffenen Entscheidungen folgerte Froese: „Seien Sie froh, dass wir nicht drin sind.“ Letztlich wurden 136 Stimmen für eine erneute Entscheidung im nächsten Jahr abgegeben, aber die Mehrheit von 213 Stimmen sprach sich gegen den Antrag aus.
Neue Grundlage für die Selbstmedikation
Auf die neue Rolle der Apotheker im Sinne des Perspektivpapiers bezog sich insbesondere der Antrag von Dr. Kerstin Kemmritz, Berlin, und Kollegen zur evidenzbasierten Beratung in der Selbstmedikation. Sie fordern, die Evidenz zum Nutzen und Schaden gängiger OTC-Arzneimittel aufzuarbeiten und die Ergebnisse den Apothekern in praxistauglicher Form verfügbar zu machen. Diese Aufgabe soll federführend von der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker übernommen werden. Kemmritz argumentierte, es gelte Pflöcke für die evidenzbasierte Beratung einzurammen, aber die Arzneimittelauswahl solle nicht eingeschränkt werden. Die Daten über alte und immer wieder neue Studien sollten systematisch aufbereitet werden, um sie für die Beratung nutzen zu können. „Die Aufgabe ist ein Elefant“, gestand Kemmritz, doch gerade deshalb könnten die Apotheker dies nicht einzeln leisten. Sie betonte außerdem die langfristige Perspektive des Projektes, doch es sollte jetzt begonnen werden. Kritiker warnten vor dem Missbrauch des Begriffes „evidenzbasiert“, verwiesen auf die Zulassungen der betroffenen Arzneimittel und argumentierten, dass die Effekte schwach wirksamer Arzneimittel nur schwer nachzuweisen seien, weil zu viele Patienten nötig seien. Daher werde der Arzneischatz immer kleiner. Befürworter des Antrags verwiesen dagegen auf das Perspektivpapier. Froese erklärte, bei den Debatten zum Perspektivpapier sei viel über die Evidenzbasierung gestritten und letztlich vereinbart worden, den Begriff zu verwenden. Er solle zeigen, dass die Apotheker jenseits kaufmännischer Kriterien beraten. Letztlich wurde der Antrag mit deutlicher Mehrheit angenommen.
Deutliche Positionierungen
Die Delegierten schlossen sich mit großer Mehrheit auch einer langjährigen Forderung der Krankenhausapotheker an, der Gesetzgeber solle eine angemessene Relation zwischen der Zahl der anzustellenden Krankenhausapotheker und der Bettenzahl festlegen, beispielsweise ein Apotheker pro 100 Betten. Außerdem wurde der Gesetzgeber aufgefordert, bei Arzneimitteln auf der Substitutionsausschlussliste eine Substitution mit solchen Präparaten zuzulassen, auf die der Patient aufgrund bisheriger Rabattverträge eingestellt war. Ebenfalls angenommen wurden die Anträge,
- eine einheitliche IT-Infrastruktur für das Medikationsmanagement zu schaffen,
- ein eigenständiges Newslettersystem für dringende Arzneimittelmeldungen zu etablieren und
- die Patientenbetreuung durch Apotheker für Benzodiazepin-abhängige Patienten nach dem Ende des diesbezüglichen Modellprojektes weiter auszubauen.
Ausbildungsfragen weiter offen
Weniger Entschlusskraft zeigten die Delegierten bei Novellierungen für das Pharmaziestudium und die Ausbildung von PTA und PKA. Die diesbezüglichen Anträge wurden in einen Ausschuss verwiesen. Inhalte zur Kommunikation und zur Betriebswirtschaftslehre sowie das Medikationsmanagement wurden als Argumente für eine Studienreform, möglicherweise sogar für ein zusätzliches Semester angeführt. Dagegen wurde argumentiert, ein längeres und damit für die Universitäten teureres Studium könnte die von einer Schließung bedrohten Standorte weiter schwächen.
In einem Antrag zur PTA-Ausbildung wurde gefordert, die Inhalte zu überarbeiten und die Finanzierung zu sichern. In einem Ad-hoc-Antrag wurde eine auf drei Jahre verlängerte Ausbildung vorgeschlagen. So sollten die Absolventen die Fachhochschulreife und damit Aufstiegschancen als Anreiz für die Ausbildung erhalten. Zugleich wurde betont, die großen Probleme bei der Finanzierung der PTA-Schulen in Nordrhein-Westfalen und Hessen müssten sehr schnell gelöst werden. Allerdings wurde bezweifelt, dass eine längere und damit teurere Ausbildung die Nachfrage erhöhen werde. Außerdem seien die Länder für die Finanzierung zuständig und diese seien durch eine Initiative auf Bundesebene nicht zu beeinflussen.
Ebenfalls in einen Ausschuss verwiesen wurde der Antrag, ein einheitliches Curriculum für eine zertifizierte Fortbildung zum Medikationsmanagement zu erarbeiten und diese zur Grundlage für künftige Vergütungsmodelle zu machen. Dagegen wurde argumentiert, die Kollegen sollten nicht gezwungen werden, sondern es gelte die Herzen für die neuen Leistungen zu gewinnen.
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