Deutscher Apothekertag 2014

Versorgungssicherheit hat höchste Priorität

Antragsberatung zur Arzneimittelversorgung

ck | Die Arzneimittelversorgung wird zunehmend beeinträchtigt durch Lieferausfälle von Arzneimitteln. Die Ursachen sind vielfältig. Dazu gehören die Ausschreibung von Rabattverträgen durch Krankenkassen und der damit verbundene Wechsel der Rabattvertragspartner, durch den es regelmäßig zu temporären Lieferproblemen kommt, wie bei Diskussion der Anträge zur Arzneimittelversorgung deutlich wurde.
Foto: DAZ/Schelbert

Auch die zunehmende Globalisierung und eine verstärkte Verlagerung der Wirkstoffproduktion in Gebiete außerhalb Europas können zu Produktions- oder Qualitätsproblemen führen. Die Folge sind Versorgungsengpässe in Deutschland und Europa. Problematisch ist, dass sich inzwischen die Herstellung von generischen Wirkstoffen auf nur noch sehr wenige Länder, zum Großteil außerhalb der EU, konzentriert. Verschärfend kommt auch die Konzentration auf immer weniger (Lohn-)Hersteller hinzu. Beim Ausfall eines Anbieters stehen immer weniger Alternativanbieter zur Verfügung. Zwar wurde bereits ein datenbankgestütztes Register auf der Website des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelt. Doch wird dieses als nicht ausreichend eingeschätzt. Intensiv wird daher überlegt, wie eine bessere Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann. Da es nicht die ultimative Lösung gibt, sei es umso wichtiger, Politik, Patienten und Hersteller für das Problem zu sensibilisieren und tragfähige Lösungen zu erarbeiten. So wurde die Bundesregierung aufgefordert, systematisch das Ausmaß und die Ursachen von Lieferengpässen bei Arzneimitteln zu analysieren und daraus konkrete Maßnahmen zur Vermeidung von Lieferausfällen abzuleiten. Der Schwerpunkt sollte dabei auf den anhaltend auftretenden Lieferengpässen bei lebensnotwendigen Arzneimitteln, insbesondere Zytostatika und Antibiotika, liegen, so die Forderung der AK Niedersachsen. Diese seien oft nicht austauschbar, weil es keine Alternativen gibt. Im Gespräch war auch eine Lagerhaltung durch die Pharmaindustrie auf europäischem Boden oder eine Lieferverpflichtung durch den pharmazeutischen Großhandel. Doch in der Diskussion wurde deutlich, dass es keinen Sinn mache, einzelnen Gruppierungen die Schuld zuzuweisen. Langfristig müssen Lieferengpässe als ein europäisches Problem gesehen werden. Es braucht ein Umdenken dahingehend, dass es notwendig ist, auch in Europa Produktionsstätten aufzubauen. Besonders was Impfstoffherstellung und Erforschung neuer Antibiotika angeht, so solle die Möglichkeit angesprochen werden, dass staatliche Institutionen hier die Produktion übernehmen. Der Staat habe eine Daseinsfürsorge und müsse beim offensichtlichen Marktversagen eingreifen. Weiter ging die LAK Thüringen in ihrem Antrag zu Lieferengpässen. Zwar bietet das BfArM eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen für Humanarzneimittel. Doch sie basiert auf freiwilligen Informationen der Hersteller und ist nicht vollständig. Benötigt werde aber eine vollständige und zentrale Erfassung der Lieferengpässe. Bis zur Schaffung von verbindlichen rechtlichen Rahmenbedingungen solle daher unter Einbindung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) und ABDATA ein eigenes elektronisches Verzeichnis erstellt werden, in das die Apotheken auftretende Lieferengpässe eintragen können, so die Forderung. So könne die Versorgungssituation unabhängig von Herstellerangaben zentral dokumentiert werden. In der Diskussion wurden aber Bedenken geäußert, dass am Ende nur noch mehr Bürokratie geschaffen wird und auch die Gefahr von erneuten Retaxationen durch die Krankenkassen besteht. Dieser Antrag wurde in einen Ausschuss verwiesen.

Versorgung auf dem Land

Ziel eines Antrags des Hessischen Apothekerverbands war es, die Bundesregierung aufzufordern, ein Förderprogramm aufzulegen, um die pharmazeutische Versorgung auf dem Land auch künftig sicherzustellen. In Deutschland wird mit diversen „Landarztprogrammen“ ein Vor-Ort-Netz der ärztlichen Versorgung gefördert, während eine Förderung der flächendeckenden Präsenz der Apotheken bislang unterbleibt. Dabei sei die Sicherstellung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung eine elementare Aufgabe der grundgesetzlichen Daseinsvorsorge, die Apotheken zu erfüllen haben. In der Diskussion wurde deutlich, dass eine fundierte Analyse fehlt, die zeigt, ob es den Landapotheken wirklich so schlecht geht. Es sei besser, an einer guten Honorarverbesserung für alle zu arbeiten, so ein Delegierter, als an Förderprogrammen, die dann womöglich den Apotheken an einer Stelle Geld entziehen, um es anderswo auszuschütten. Zumal Förderprogramme mit einer Bedarfsfestellung einhergehen würden – und einer Bedarfsplanung, die es bisher nur bei den Ärzten gibt. Und das wäre ein erster Schritt in ein völlig verändertes System von Apothekenniederlassung. Deutlich wurde aber auch, dass der Berufsstand Verantwortung übernehmen will. Das sei im Positionspapier verabschiedet worden – und das müsse nun mit Leben erfüllt werden. Daher sollten erst die vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor Landapotheken einseitig gefördert werden. Der Antrag wurde abgelehnt.

Diskussion um die Hilfsmittel

Häufig kommt es vor, dass Versicherte der GKV im Rahmen des Notdienstes oder am Wochenende mit Hilfsmitteln versorgt werden müssen und eine solche Versorgung nicht möglich ist, weil die Apotheke nicht einem Vertrag mit der jeweiligen Krankenkasse beigetreten ist oder andere formale Hürden, wie Genehmigungspflichten oder die Pflicht zur Präqualifizierung bestehen. In diesen Fällen können den Apotheken Retaxationen drohen, wenn sie im Notdienst die Versicherten versorgen. Daher wurde vom AV Nordrhein gefordert, dass die Bundesregierung dafür Sorge tragen solle, dass Hilfsmittel unabhängig von der Präqualifizierung oder Hilfsmittellieferungsverträgen bei der Versorgung im Notdienst, im Rahmen der Palliativversorgung oder, sofern sie bei der direkten Anwendung eines Arzneimittels benötigt werden, zulasten der GKV abgegeben werden dürfen. Darüber entspann sich eine ausführliche Diskussion. Bedarf es einer weiteren gesetzlichen Regelung? Solle man den Patienten bar bezahlen lassen? Solle man gar die Abgabe verweigern und möglicherweise eine Krankenhauseinweisung provozieren? Oder solle man pharmazeutische Bedenken anmelden? Letzteres wurde präferiert: In einer Situation, die die unverzügliche Abgabe des Arzneimittels erforderlich macht, sei das Kennzeichen für „Pharmazeutische Bedenken“ das „Instrument der Stunde“. Der Antrag wurde abgelehnt.

Ja zum einheitlichen Entlassrezept

Einig war man sich bei dem Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands, den Gesetzgeber aufzufordern, ein einheitliches Entlassrezept aus dem Krankenhaus einzuführen. Ein standardisiertes Entlassrezept auf Wirkstoffbasis, ausgestellt von im Krankenhaus tätigen Ärzten, das analog zum „normalen“ GKV-Rezept genutzt und in der niedergelassenen Apotheke eingelöst werden kann, würde für die Patienten einen nahtlosen Übergang in die ambulante Arzneimittelversorgung sicherstellen. Die Patienten haben dadurch direkt bei der Krankenhausentlassung eine Arzneimittelverordnung für die niedergelassenen Apotheken. Diese gewährleisten flächendeckend eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung. Die Krankenkassen können durch das maschinenlesbare Rezept über die Apothekenrechenzentren effizient die Medikation erfassen, nachvollziehen und abrechnen. Die Entwicklung der Verordnungen könne so flächendeckend beobachtet und analysiert werden. Die Krankenhäuser wären von der Verpflichtung der Mitgabe von Medikamenten und den damit zusammenhängenden Kosten entlastet, die sie derzeit nicht erstattet bekommen. Der Antrag wurde ohne Diskussion angenommen. 

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