Arzneimittel und Therapie

Kein Asthma durch Antibiotika

Therapie in der Schwangerschaft erhöht das Asthma-Risiko nicht

In einer dänischen Fall-Kontroll-Studie zeigte sich ein um etwa 20% erhöhtes Asthma-Risiko bei Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft Antibiotika erhalten hatten. Allerdings war dieses Risiko ebenfalls erhöht, wenn die Antibiotika bis zu 80 Wochen vor Schwangerschaftsbeginn oder 80 Wochen nach der Entbindung rezeptiert worden waren – ein kausaler Zusammenhang besteht also offenbar nicht.

Asthma wird bei Kindern häufig bereits vor Erreichen des Schulalters diagnostiziert. Daher konzentriert sich die Erforschung der Ursachen für diese häufige Erkrankung auch auf Faktoren, die während der Schwangerschaft der Mütter von Asthma-Kindern eine Rolle spielen. So könnte beispielsweise eine Antibiotika-Einnahme in der Schwangerschaft das Mikrobiom der Neugeborenen negativ beeinflussen. In vorangegangenen Untersuchungen fanden sich Hinweise darauf, dass ein Antibiotika-Gebrauch während der Schwangerschaft das Asthma-Risiko für die Nachkommen erhöhen könnte, so beispielsweise in einer 2012 von Forschern der Universität Kopenhagen veröffentlichten Studie.

Drei Zeiträume betrachtet

Die gleiche Arbeitsgruppe legt nun eine umfangreiche Fall-Kontroll-Studie auf Basis von Register-Daten von fast einer Million zwischen 1997 und 2010 lebend geborenen Kindern vor, um einen möglichen Zusammenhang erneut zu beleuchten. Die Antibiotika waren deren Müttern hauptsächlich wegen Atemwegs- und Harnwegsinfektionen verordnet worden. Die Forscher stellten die Hypothese auf, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Antibiotika-Gebrauch und Asthma allerdings nur dann anzunehmen ist, wenn die Antibiotika während der Schwangerschaft oder kurz zuvor eingenommen wurden. Ansonsten sei das kindliche Asthma wahrscheinlich eher durch andere Faktoren wie beispielsweise den Lebensstil der Mutter oder auch genetische Ursachen beeinflusst. So vermutet man beispielsweise, dass genetische Variationen auf Chromosom 17 (17q21) mit einer erhöhten Empfindlichkeit für Atemwegsinfektionen und kindliches Asthma assoziiert sind.

Bei der Auswertung der Daten für die Fall-Kontroll-Studie wurden drei Beobachtungszeiträume festgelegt:

  • 80 Wochen vor der Schwangerschaft,
  • Schwangerschaftsdauer und
  • bis zu 80 Wochen nach der Entbindung.

Bei den 910.301 Kindern gingen eine einmalige oder wiederholte Klinikeinweisung bzw. ambulante Betreuung wegen asthmatischer Beschwerden in Verbindung mit der Diagnose sowie eine wiederholte Verschreibung von inhalativen Corticosteroiden (mindestens 200 definierte Tagesdosen, DD, lt. WHO-Kriterien) in die Analyse ein.

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Keinen kausalen Zusammenhang gefunden

Während Antibiotika wegen Atemwegsinfektionen in allen drei Zeiträumen etwa gleich häufig verordnet wurden, erhielten die Frauen Substanzen gegen Harnwegsinfektionen häufiger während der Schwangerschaft. Die Asthmaprävalenz der Kinder lag zwischen 0,85% und 4,8%: 7733 Kinder (0,85%) mussten wegen asthmatischer Beschwerden wiederholt in ein Krankenhaus eingewiesen werden, 13.619 (1,5%) wurden deswegen ambulant behandelt und 43.722 Kindern aus der Gesamtkohorte (4,8%) wurden mindestens 200 definierte Tagesdosen inhalative Corticosteroide verschrieben.

Das Asthma-Risiko der Kinder infolge einer Antibiotika-Einnahme ihrer Mütter war um etwa 20% erhöht (adjustierte Inzidenzrate zwischen 1,18 und 1,24). Allerdings bestand dieser Zusammenhang auch für die Zeiträume 80 Wochen vor der Schwangerschaft und 80 Wochen nach der Entbindung, und zwar dosisabhängig, über alle Infektionsarten hinweg und sowohl bei Müttern mit und ohne Asthma.

Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen einer Antibiotika-Gabe in der Schwangerschaft und dem kindlichen Asthma besteht. Vermutlich spielen andere Faktoren eine Rolle. Neben der erwähnten Mikrobiom-Empfindlichkeit oder den genetischen Ursachen könnte nach Ansicht zweier Kommentatoren der Studie auch die Ernährung der Mütter – beispielsweise ein Vitamin-D-Mangel oder eine Unterversorgung mit weiteren wichtigen Vitaminen und Nährstoffen wie Vitamin A, C, E, Folsäure oder Omega-3-Fettsäuren – eine Rolle spielen. Dies müsste in weiteren Untersuchungen geklärt werden. 

Quelle

Stokholm J et al. Maternal propensity for infections and risk of childhood asthma: a registry-based cohort study. Lancet Respir Med (2014) 2(8):631-637, online vorab publiziert am 24. Juli 2014, doi: 10.1016/S2213-2600(14)70152–3

Weiss ST, Litonjua AA. Maternal antibiotic use and childhood asthma: the missing link? Lancet Respir Med (2014) 2(8):597-598, online vorab publiziert am 24. Juli 2014, doi: 10.1016/S2213-2600(14)70122–5

Website des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin, www.embryotox.de, letzter Aufruf am 16. September 2014


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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