Deutscher Apothekertag 2014

Ist Deutschland eine Bananenrepublik?

Ein Kommentar von Andreas Ziegler

Dr. Andreas Ziegler, Redakteur der DAZ

„Nein“, meinte Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU, auf dem Deutschen Apothekertag. Lang anhaltende Lieferausfälle bei Arzneimitteln seien demnach nicht hinnehmbar. Mit denselben markigen Worten hatte Spahn übrigens schon im Februar seinen Unmut über Lieferengpässe bei Impfstoffen zum Ausdruck gebracht und damals schnelle Lösungen angekündigt. Dass sich seither wenig verändert hat, erfährt die Apothekerschaft tagtäglich, wenn sie verunsicherten Patienten mal wieder eine andere als die gewohnte Packung über den HV-Tisch reichen muss. Die Verantwortung dafür allein bei der pharmazeutischen Industrie abzuladen wäre jedoch zu kurz gegriffen, vielmehr sollte sich die Politik einmal vergegenwärtigen, dass sie sich bei den Lieferengpässen mit einem Problem konfrontiert sieht, das sie selbst mitverursacht hat.

Der infolge von Rabattverträgen kontinuierlich gewachsene Preisdruck führte dazu, dass Arzneimittelhersteller ihre Produktion zunehmend in Länder (bevorzugt auch außerhalb der EU) verlagert haben, in denen preisgünstiger produziert werden kann. Dabei soll hier gar nicht dem Klischee von der „Hinterhof-Firma“ in Fernost das Wort geredet werden, wenngleich jüngste Berichte von toten Insekten und Fröschen im Sterilbereich eines indischen Parenteralia-Herstellers dies durchaus nahelegten. Es genügt schon, den Blick auf die mit langen Lieferwegen ganz objektiv einhergehenden logistischen Unwägbarkeiten zu lenken. Spahn macht es sich zu leicht, wenn er mit Blick auf die Industrie meint, vielleicht sei man an einem Punkt angekommen, an dem die Politik die sich in Rabattschlachten gegenseitig unterbietenden Generika-Hersteller „vor sich selbst schützen“ müsse. Aber mal ehrlich, war nicht genau diese Preisspirale nach unten seitens der Politik intendiert? Solange die GKV für eine Captopril-Tablette gerade mal bereit ist, Herstellungskosten von rund einem Cent zu bezahlen, darf man sich nicht wundern, dass die pharmazeutischen Unternehmen kostenreduzierende und effizienzsteigernde Maßnahmen bis an die Grenzen des Möglichen ausreizen. Dass ein solchermaßen auf Kante genähtes System für Störeinflüsse aller Art extrem anfällig ist, darf dabei nicht verwundern.

Zweifelsohne, die Ursachen der Lieferschwierigkeiten sind vielfältig. Die Gesamtsituation ist komplex und eine profunde Analyse unumgänglich. Eines steht jedoch fest: Es ist vor allem den deutschen Apotheken zu verdanken, dass aus Lieferengpässen – die andere verursacht haben – bislang keine tatsächlichen Versorgungsengpässe für die Bevölkerung resultierten. Unter erheblichem Zeitaufwand korrespondieren Apothekerinnen und Apotheker tagaus, tagein mit Großhändlern und Herstellerfirmen, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, das gewünschte Präparat doch noch zu besorgen. Falls dies nicht gelingt, suchen sie mit ihrer pharmazeutischen Kompetenz nach Alternativen, um nicht verfügbare Präparate gleichwertig zu substituieren. Und nicht zuletzt tragen sie durch ihre compliancefördernde Beratung dazu bei, dass selbst mehrfache Präparatewechsel nicht zulasten des Therapieerfolgs oder der Arzneimittelsicherheit gehen.

Insofern ist Jens Spahn durchaus recht zu geben: Wir leben nicht in einer Bananenrepublik! Dass dies trotz der gegenwärtigen Rahmenbedingungen auch für die Arzneimittelversorgung zutrifft, ist jedoch in allererster Linie das Verdienst der Apothekerinnen und Apotheker!

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