Arzneimittel und Therapie

Avastin nicht riskanter als Lucentis

Bei AMD gleich wirksam - aber nicht gleich teuer

jz/du | Bevacizumab (Avastin®) hat im Vergleich zu Ranibizumab (Lucentis®) bei der Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) kein erhöhtes Risiko für Todesfälle oder schwere Nebenwirkungen. Zu diesem Ergebnis kommen Cochrane-Wissenschaftler in einem aktuellen Review. Um den Einsatz von Avastin® tobt seit Langem ein Streit, da Bevacizumab wie Ranibizumab den Wachstumsfaktor VEGF hemmt und damit nach dem gleichen Prinzip wirkt, aber nur einen Bruchteil davon kostet.
Foto: Berufsverband d Augenärzte (BVA)
Bevacizumab und Ranibizumab binden an den Vascular Endothelial Growth Factor A und schalten damit einen Wachstumsfaktor aus, der in der Retina an der Bildung von pathologischen Blutgefäßen beteiligt ist. Bei der feuchten AMD bilden sich in der Netzhaut krankhafte Gefäße, die Flüssigkeit absondern und die empfindlichen Netzhautgefäße zerstören. Im Bild sind die Veränderungen bereits deutlich zu erkennen.

Durch Hemmung des VEGF (vascular endothelial growth factor) lassen sich ein abnormes Wachstum und die Schwellung der Blutgefäße verhindern, weshalb der VEGF-Inhibitor Bevacizumab (Avastin®) als Angiogenesehemmer einen festen Platz in der Tumortherapie hat. Seine Eigenschaften lassen sich auch in der Therapie der altersbedingten Makuladegeneration nutzen, doch wurde hierzu vom Hersteller bislang keine Zulassung beantragt. Der VEGF-Inhibitor Ranibizumab (Lucentis®) ist dagegen nur zur Behandlung der AMD zugelassen.

Wegen des großen Preisunterschiedes wird Bevacizumab häufig off label zur AMD-Behandlung eingesetzt. Immer wieder wurde kritisiert, dass aufgrund fehlender Studien zu dieser Off-label-Behandlung keine Aussagen zur Sicherheit und Wirksamkeit getroffen werden können. Wissenschaftler der Cochrane-Collaboration haben jetzt neun klinische Studien ausgewertet, in denen die Sicherheit von Bevacizumab mit der von Ranibizumab verglichen worden war. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Einsatz des vielfach teureren Ranibizumab nicht durch Sicherheitsbedenken gerechtfertigt sei. „Diese Bewertung ist von immenser Bedeutung für die Gesundheitssysteme in vielen Ländern“, erklärte der Cochrane-Chefredakteur Dr. David Tovey. Sie sei ein wichtiger Schritt nach vorn im Wissen um die Unterschiede der Nebenwirkungen von Bevacizumab und Ranibizumab, ergänzte Lorenzo Moja von der Universität von Mailand. Das Ergebnis sei durch die Zusammenarbeit von Forschern verschiedener Länder (Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und USA) möglich gewesen, von denen viele an den ursprünglichen Studien beteiligt gewesen seien.

Sowohl für den Bevacizumab-Hersteller Roche als auch den Ranibizumab-Hersteller Novartis geht es um viel Geld: In den USA erzielte Roche laut „Spiegel Online“ im vergangenen Jahr mit Lucentis® umgerechnet 1,4 Milliarden Euro Umsatz, Novartis 1,7 Milliarden Euro (das Unternehmen hat außerhalb der USA die Lucentis®-Vertriebsrechte). Sollten die neuen Studienergebnisse zu Veränderungen führen, könnte sich dies auch auf Bayer auswirken. Mit Aflibercept (Eylea®) vertreibt das Unternehmen ebenfalls einen VEGF-Inhibitor, der zur AMD-Behandlung zugelassen ist und Kosten in der Größenordnung von Ranibizumab verursacht. 

Quelle

Moja L, Lucenteforte E, Kwag KH et al. Systemic safety of bevacizumab versus ranibizumab for neovascular age-related macular degeneration (Review). Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 9. Art. No.: CD011230. DOI: 10.1002/14651858.CD011230.pub2

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