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Arzneimittel und Therapie
Nicht immer hyposensibilisieren
Wann eine allergenspezifische Immuntherapie bei Kindern sinnvoll ist
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Das gilt auch, wenn die Entscheidung für oder gegen eine Allergen-spezifische Immuntherapie (ASIT) ansteht. „Bei der Diagnostik und bei der Therapie allergischer Erkrankungen sind bei Kindern Besonderheiten zu beachten“, so Prof. Dr. Franziska Ruëff von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München, auf der diesjährigen Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München. Anamnestische Angaben zu Zeitverlauf und Schweregrad sind nicht immer korrekt, Hauttests nur bei kooperativen Kindern möglich. Die Allergen-spezifische Diagnostik beschränkt sich deshalb häufig auf In-vitro-Tests.
Bei Kindern unter 5 Jahren: relative Kontraindikation
Kommt eine ASIT in Betracht, sollte bei inhalativen allergischen Beschwerden der Krankheitsverlauf zunächst über zwei Jahre beobachtet werden, bevor die endgültige Entscheidung fällt. Bei Kindern unter fünf Jahren besteht eine relative Kontraindikation zur Allergen-spezifischen Immuntherapie. „Die Indikation ist hier sehr zurückhaltend zu stellen.“ Parallel zu physiologischen Reifungsvorgängen zeigen allergische Symptome an oberen und tiefen Atemwegen eine gewisse Eigendynamik. „Auch Spontanheilungen oder zumindest Besserungen kommen vor“, so Ruëff. Nicht zuletzt muss auch berücksichtigt werden, ob das Kind die notwendige Einsichtsfähigkeit für die ASIT besitzt und zur Mitarbeit fähig ist. Umgekehrt sind gerade Kinder vielversprechende Kandidaten für eine Allergen-spezifische Immuntherapie. Denn das Allergenspektrum ist noch nicht umfangreich, Sekundärkomplikationen wie etwa ein Etagenwechsel haben meist noch nicht stattgefunden. Kontraindikationen aufgrund von Komorbiditäten oder Medikamenten sind äußerst selten. Zudem hält der Effekt bei ihnen langfristig an. Und, last but not least: „Ein protektiver Effekt hinsichtlich der Asthmaprävention ist mittlerweile belegt“, erläuterte Ruëff. Als Indikation zur spezifischen Immuntherapie mit Aeroallergenen bei Kindern nannte sie
- beeinträchtigendes Krankheitsbild,
- Allergenkarenz nicht möglich oder symptomatische Therapie nicht ausreichend,
- gesicherte IgE-vermittelte Auslösung,
- Verfügbarkeit eines geeigneten Therapieallergens mit nachgewiesener Wirksamkeit,
- keine Kontraindikationen.
Eine frühe Behandlung im Krankheitsverlauf sei generell anzustreben.
Nach dem Stich: lokale oder systemische Reaktion?
Eine ASIT wird häufig bei Kindern mit einer Insektengiftallergie in Erwägung gezogen. Beschränkt sich die allergische Allgemeinreaktion nach dem Stich allerdings auf die Haut (Schweregrad I nach Ring und Meßmer), ist die Prognose auch ohne Hymenopterengift (HG)-ASIT gut. Die Hyposensibilisierung kann demnach grundsätzlich auf Kinder mit mittelschweren oder schweren Allgemeinreaktionen nach Bienen- oder Wespenstich beschränkt werden. Eine klare Indikation besteht dagegen bei einer systemischen allergischen Stichreaktion > Schweregrad I plus dem Nachweis einer Sensibilisierung gegen Insektengift. Ruëff gab allerdings zu bedenken, dass aus Kindern „irgendwann einmal Erwachsene werden“ und eine im Kindesalter durchgeführte spezifische Immuntherapie mit Hymenopterengift eine bis ins Erwachsenenalter anhaltende Schutzwirkung habe. Bedenken gibt es keine: „Sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit sind bei Kindern sehr gut.“
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