DAZ aktuell

Schluss mit pharmazeutischen Bedenken

Die Substitutionsausschlussliste soll eine strikte Austauschverbotsliste sein

BERLIN (ks) | Am 7. Januar hat die Schiedsstelle einen Beschluss zur Substitutionsausschlussliste gefasst – im Konsens mit den Rahmenvertragspartnern GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV). Schon bevor die bislang mit nur zwei Wirkstoffen bestückte Liste im April wirksam werden soll, wirft sie einige Fragen auf.
Foto: DAZ/Schelbert
In der Apotheke soll die Substitutionsausschlussliste für Klarheit bezüglich der Austauschbarkeit einiger Wirkstoffe sorgen - sie wirft aber auch einige Fragen auf.

Der Weg zur Substitutionsausschlussliste war bekanntlich mühsam. Doch letzte Woche hat der Schiedsstellen-Vorsitzende Dr. Rainer Hess die verstrittenen Rahmenvertragspartner zu einer Einigung bewegen können. Der DAV zeigte sich zufrieden und sieht die Liste vor allem als Gewinn für Chroniker, die nun nicht mehr fürchten müssten, auf preiswertere Rabattarzneimittel umgestellt zu werden. Der GKV-Spitzenverband sprach von einer „akzeptablen Zwischenlösung“. Allerdings betonte er, dass am Koalitionsplan, die Liste vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erstellen zu lassen, auf jeden Fall festgehalten werden müsse. Doch noch ist dieses im Koalitionsvertrag formulierte Vorhaben kein Gesetz – und so sah sich die Schiedsstelle letzte Woche legitimiert, eine erste Entscheidung herbeizuführen (siehe auch AZ 2014, Nr. 3).

Fünf Kriterien zur Wirkstoffauswahl

Bei der anschließenden Kommunikation gaben sich die Rahmenvertragspartner allerdings in einigen Punkten sehr verschlossen. Insbesondere was die fünf Kriterien betrifft, die für die Auswahl neuer Wirkstoffe für die Liste zu berücksichtigen sind. Bekannt wurden sie dennoch. Das erste Kriterium betrifft das Verschreibungsverhalten der Ärzte: Wie oft schließen sie mittels Aut-idem-Kreuz bei einem Wirkstoff die Substitution aus? Arzneimittel, die häufig vom Austausch ausgeschlossen werden, werden sich eher auf der Liste finden als andere. Spiegelbildlich gibt es ein die Apotheker betreffendes Kriterium: Wie häufig melden sie pharmazeutische Bedenken an und schließen die Substitution somit aus? Ein weiteres Kriterium für die Aufnahme in die Liste ist die geringe therapeutische Breite eines Wirkstoffs nach Maßgabe der Kriterien der „Critical Dose Drug“ (CDD). Zudem steht die Liste Arzneimitteln offen, für die nach ihrer Zulassung und Fachinformation bei der Umstellung auf ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel ein Drug-Monitoring erforderlich ist. Nicht zuletzt geht es auch um Studien und Beobachtungen nach evidenzbasierten Kriterien.

Ausdrücklich festgehalten wird hingegen, dass eine eingeschränkte Compliance nicht die Aufnahme eines Wirkstoffs in die Liste rechtfertigt. Am Ende soll eine Gesamtbewertung stehen, die aufzeigt, ob es für den Patienten wirklich wichtig ist, bei seinem Präparat zu bleiben.

Weiteres Procedere

Nun müssen sich die fünf Kriterien in der Praxis bewähren. Zunächst werden die von GKV-Spitzenverband und DAV zu benennenden Gutachter die 18 noch ausstehenden Wirkstoffe, die der DAV als substitutionskritisch eingestuft hat, an ihnen messen. Ihre beiden Stellungnahmen werden dann der Schiedsstelle bei der abschließenden Entscheidungsfindung dienen. Bis es so weit ist, werden schätzungsweise noch rund vier Monate ins Land ziehen. Voraussetzung, dass tatsächlich die Schiedsstelle die Liste der Anlage 1a erweitert, ist allerdings, dass der Gesetzgeber diese Aufgabe bis dahin noch nicht dem G-BA übertragen hat. Die Apotheker sind ab April jedenfalls nur mit zwei Substanzen konfrontiert, die im Rahmen von Aut idem – und nicht nur bei Rabattverträgen! – nicht mehr auszutauschen sind. Eingang in die Anlage 1a des Rahmenvertrages finden zunächst das Immunsuppressivum Ciclosporin und das Antiepileptikum Phenytoin.

Abweichungen möglich?

Doch auch schon diese kurze Liste wirft Fragen auf: Darf ein verordnetes Arzneimittel mit einem der Listen-Wirkstoffe tatsächlich gar nicht mehr ausgetauscht werden – oder kann der Apotheker doch noch entscheiden, ob auszutauschen ist? Wie ist z. B. mit dem Rezept eines Epilepsie-Patienten umzugehen, dem der Arzt schon lange ein bestimmtes Arzneimittel verordnet, der jedoch aufgrund eines Rabattvertrages ein wirkstoffgleiches anderes erhält, auf das er auch gut eingestellt ist? Wenn der Arzt bei seiner gewohnten Verordnungsweise bleibt, müsste der Patient nun vom gewohnten Rabattarzneimittel auf das verordnete Präparat umgestellt werden. Kann der Apotheker hier pharmazeutische Bedenken anmelden und von der Verordnung abweichen?

GKV: Nur nach Rücksprache mit dem Arzt

Die Gesetzesgrundlage ist eigentlich klar: „Im Rahmenvertrag (…) kann vereinbart werden, in welchen Fällen Arzneimittel nicht (…) ersetzt werden dürfen“, heißt es in § 129 Abs. 1 Satz 8 SGB V. Manch einer mag sich fragen, ob das wirklich so streng gemeint ist. Der DAV ließ Fragen der DAZ hierzu weitgehend unbeantwortet und verwies schlicht darauf, dass es sich um eine „Austauschverbotsliste“ handele. Deutlicher äußerte sich eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbands: Pharmazeutische Bedenken würden in einem Fall wie dem oben geschilderten nicht ausreichen, um bei dem Arzneimittel zu bleiben, auf das der Patient eingestellt ist. Der Apotheker habe aber die Option, Kontakt mit dem Arzt aufzunehmen – und zu klären, was dieser will. Das Gleiche gelte, wenn das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist. Kurzum: Wird ein Arzneimittel mit einem Wirkstoff verordnet, der auf der Liste steht, können pharmazeutische Bedenken künftig nicht mehr angemeldet werden. 

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