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„Sehr professionell“ mit der Kasse geklüngelt

NRW hat im Kampf gegen Steuerbetrug mit Bargeldkassen auch Apotheken im Blick

BERLIN (lk) | Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hat dem Steuerbetrug an manipulierten Registrierkassen den Kampf angesagt: „Wir werden den massenhaften Betrug an manipulierten Kassen nicht länger hinnehmen.“ Im Blick hat man in NRW dabei auch Apotheken – einige hätten „sehr professionell“ mit der Kasse „geklüngelt“, berichtete Steuerfahnder Arno Becker von der NRW-Oberfinanzdirektion bereits im April bei einer Präsentation. Inzwischen haben die Länderfinanzminister gemeinsam mit dem Bund eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die gesetzliche Gegenmaßnahmen entwickeln soll.

Am Donnerstag, den 3. April staunten die geladenen Gäste im Finanzamt Düsseldorf-Altstadt nicht schlecht, als auf der Präsentationsleinwand ein Computerspiel namens „Der Aufstand“ auftauchte. So ähnlich wie beim altbekannten „Mohrhuhnspiel“ lassen sich damit Raumschiffe und Ufos abballern – aber nicht nur. Nach einem einfachen Tastendruck und der Eingabe eines Schlüsselcodes verwandelte sich der Zeitvertreib in eine illegale Software zur Manipulation von elektronischen Kassensystemen. Die Finanzbeamten rieben sich verwundert die Augen. Kinderleicht ließen sich jetzt bereits getätigte Umsätze vermindern oder auch ganz beseitigen. Von welchem Hersteller die Manipulationssoftware stammt und ob es so etwas auch für Apothekenwarenwirtschaftssysteme gibt, will das NRW-Finanzministerium nicht verraten. Bei der fraglichen Präsentation wurde den anwesenden Beamten noch weitere Manipulationssoftware in Form von Textverarbeitungsprogrammen und Zappern vorgeführt. Mehr noch: Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans schickte seine Mitarbeiter inkognito zu einer Fachmesse für Kassenhersteller, um sich bei ihnen über „Neuigkeiten“ zu informieren und in Erfahrung zu bringen, welche Manipulationsmöglichkeiten die neueste Kassengeneration bietet. Das Ergebnis: „Fast alle Hersteller gaben Tipps und Informationen, wie es möglich ist, zu manipulieren“, so das NRW-Finanzministerium. In etlichen Branchen mit häufigen Bargeldzahlungen gibt es danach Steuerhinterziehung mithilfe von manipulierten Kassen, ist Borjans jetzt überzeigt.

Softwarehäuser weisen Verdächtigungen zurück

In der Diskussion über Manipulationsvorwürfe mit elektronischen Kassensystemen tauchen gelegentlich auch Verdächtigungen auf, mit gängiger Apothekensoftware ließen sich Umsätze verschleiern oder verstecken. Dagegen setzen sich die Softwarehäuser zur Wehr. Auf DAZ-Anfrage äußerten sich zwei Softwarehersteller zur Ankündigung der Länderfinanzminister, mit gesetzlichen Bestimmungen Manipulationen ausschließen zu wollen.

Awinta: „Sobald neue Vorgaben seitens der Gesetzgebung vorliegen, werden diese wie auch in der Vergangenheit entsprechend umgesetzt und in die Warenwirtschaft integriert. Im Übrigen sind alle Warenwirtschaftssysteme nach IDW PS 880 zertifiziert und entsprechen damit den Standards und Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung (GoB und GoBS).“

Lauer-Fischer: „Im Hinblick auf die bevorstehenden Absichten des NRW-Finanzministers, nach entsprechenden Beobachtungen von Betriebsprüfern in Apotheken eine Art ‚Fahrtenschreiber‘ an jeder Kasse zu installieren, der Manipulationen an der Kasse aufdecken kann, verweist Lauer-Fischer auf die bereits im Jahre 2012 durchgeführte Prüfung von WINAPO 64, bei der erstmals für eine Apothekensoftware die offizielle Softwarebescheinigung nach IDW PS 880 vergeben wurde. Diese Prüfung wurde unter Beachtung der strengen Standards der Institutes der Wirtschaftsprüfer (IDW) durchgeführt und kommt zu dem Resultat, dass sich mit WINAPO 64‚ eine den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB/GoBS) entsprechende Abwicklung der rechnungslegungsrelevanten Bereiche realisieren lässt. Die dokumentierten Ergebnisse entsprechen den hohen Standards, die von Wirtschaftsprüfern und auch von Finanzämtern gefordert werden.

Bei der letzten Länderfinanzministerkonferenz Ende Mai in Düsseldorf hat das zu ersten Konsequenzen geführt: Die Kassenwarte wollen diesem Treiben einen Riegel vorschieben. Weil auch ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums mit am Tisch saß, wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe geschaffen, die Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen erarbeiten soll, wie Steuerhinterziehung an der Kasse gestoppt werden kann. „Bund und Länder werden nun zeitnah ein entsprechendes Maßnahmenpaket erarbeiten. Dabei geht es auch um die gesetzliche Einführung einer Software, die Manipulationen aufdeckt. Darüber hinaus, dass die Finanzämter statt mit Anmeldung künftig auch unangemeldet Kassen in Betrieben überprüfen können. Und schließlich sollen die Herstellung und der Vertrieb von Software mit Manipulationsmöglichkeiten verboten werden“, so das NRW-Finanzministerium auf DAZ-Anfrage.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans gehe es bei der Initiative keineswegs darum, bestimmte Branchen in ein schlechtes Licht zu rücken. Er habe mehrfach betont, dass es ihm eben nicht um Verdächtigungen gegen einen Berufsstand, den Mittelstand oder eine Branche gehe. Im Gegenteil: Es gehe ihm darum, dass schwarze Schafe den Ruf aller ehrbaren Kaufleute gefährden könnten. 

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