Aus den Ländern

60 Jahre Adexa

Die Apothekengewerkschaft feiert Geburtstag

HAMBURG (diz) | Mit einem Erlebnis- und Gewerkschaftstag sowie einer Jubiläumsfeier erinnerte die Apothekengewerkschaft Adexa am 5. Juli an ihr 60-jähriges Bestehen. Die erste Vorsitzende von Adexa, Barbara Neusetzer, rief die bisherigen Erfolge in Erinnerung und warf einen Blick auf die Herausforderungen der Zukunft. Im Rahmen eines Festaktes in Hamburg überbrachten Partner und Wegbegleiter aus der Berufsöffentlichkeit, unter ihnen auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, Grußworte und Glückwünsche.
Foto: DAZ/diz
Barbara Neusetzer, erste Vorsitzende von Adexa, hofft, dass der Sächsische Apothekerverband den tariflosen Zustand bald beendet.

Nachdem im April 1949 das Tarifvertragsgesetz in Kraft getreten war, wurde schon im darauffolgenden Dezember die in Landesgruppen organisierte „Tarifgemeinschaft deutscher angestellter Apotheker“ gegründet, wie Barbara Neusetzer in einem kurzen Rückblick erläuterte. Ziel war eine von Großgewerkschaften unabhängige Standesorganisation bzw. Mitarbeitervertretung. 1954 schlossen sich die Tarifgemeinschaften der Länder zum „Bundesverband der Angestellten in öffentlichen Apotheken“ zusammen, dem BVA. Die Arbeitgeber, die ebenfalls in Landesgruppen organisiert waren, folgten diesem Beispiel.

Nach und nach öffnete sich der BVA auch für andere Berufsgruppen neben den Approbierten. Daher änderte man 1990 die Bestimmungen dahingehend, dass auch Nichtapprobierte den Vorsitz ausüben konnten. 2007 schafften es gleich zwei PTA in den hauptamtlich geführten Vorstand.

Zum 50. Jubiläum im Jahr 2004 erfolgte die Namensänderung von BVA in „Adexa – Die Apothekengewerkschaft“. Der anfangs umstrittene Name habe sich heute etabliert, wie Neusetzer betonte, „und hat in der Berufsöffentlichkeit Markenwert“.

Notdienstvergütung und sächsische Arbeitgeber

Als der BVA 1954 startete, war in den Apotheken eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden üblich, ein Urlaubsanspruch von 18 bis 24 Werktagen, keine Sonderzahlung und unentgeltlicher Notdienst. Seit damals wurden 30 Rahmentarifverträge und 49 Gehaltstarifverträge geschlossen, wie die Vorsitzende berichtete. Erst 1968 gab es eine Regelung zur Notdienstvergütung, ein Thema, das heute wieder aktuell ist und die Adexa-Tarifkommission beschäftigt.

1957 wurde der erste bundesweite Gehaltstarifvertrag geschlossen, 1994, nach der Wiedervereinigung, erfolgte der erste gesamtdeutsche Rahmentarifvertrag.

„Einer der größten Einschnitte und Rückschritte aus heutiger Sicht war der Austritt des Sächsischen Apothekerverbands aus dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) im Jahr 1996“, wie Neusetzer in ihrem Rückblick hervorhob. Das habe zu zweierlei Klassen im Gehaltsniveau und bei den übrigen Arbeitsbedingungen geführt: „Eines der Ziele von Adexa und auch mein persönliches Ziel ist es, diesen Zustand zu beenden – es wird allerhöchste Zeit!“, so die Adexa-Vorsitzende.

ADA und TGL

Seit 1999 verhandelt Adexa mit zwei Arbeitgeberverbänden, dem ADA und der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL). Beide Arbeitgeberverbände hatten in den vergangenen Jahren unterschiedliche Schwerpunkte und Tarifverträge. So schloss der ADA den Vertrag zur arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge ab, die TGL führte die leistungsorientierte Bezahlung (LOB) ein. Beide Leistungen seien, so Neusetzer, noch vor zehn Jahren Zukunftsvisionen gewesen ebenso wie auch Arbeitszeitkonten oder bezahlte Teamsitzungen.

Berufspolitische Arbeit

Solidarität mit den Arbeitgebern zeigte Adexa in vielen Situationen, wie Neusetzer in ihrem Rückblick weiter hervorhob, beispielsweise bei den Demonstrationen im Jahr 2006 gegen das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz in vier deutschen Städten. „Ohne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Apotheken wäre eine solche Demonstration nicht möglich gewesen“, machte die Vorsitzende deutlich. Auch für den Erhalt des Fremd- und Mehrbesitzverbots habe sich Adexa klar positioniert. Ebenso sei ein Schulterschluss von Adexa und ABDA gegen das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) erfolgt.

Foto: DAZ/diz
60 Jahre Adexa – die Apothekengewerkschaft feierte ihren Geburtstag mit einem Festakt und einem Erlebnistag.

„Wünschen würde ich mir aber eine noch größere Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, fügte Neusetzer hinzu, „und zwar zu jeder Zeit, nicht nur, wenn es gerade in die Argumentationsschiene der ABDA oder Apothekeninhaber gegenüber der Politik passt.“

Ihr Appell an die ABDA: Mitarbeiter in die Entscheidungen miteinbeziehen, so könnten Synergien genutzt werden. „Gemeinsam sind wir einfach stärker!“

Neusetzer stellte in ihrem Rückblick nicht zuletzt die Serviceleistungen der Apothekengewerkschaft für die Mitglieder heraus, an erster Stelle die kompetente Rechtsberatung. Sie werde von den Mitgliedern geschätzt, z.B. wenn es um Verträge und Zeugnisse gehe, aber auch in vielen anderen Fragen zum Arbeitsverhältnis.

Grußworte zum Jubiläum

Hamburgs Staatsrätin der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Elke Badde, stellte heraus, dass vor allem angesichts neuer Projekte wie ARMIN mehr Verantwortung auf die Apotheken zukomme. Um neue Herausforderungen anzunehmen, sei gut ausgebildetes Personal besonders wichtig. Die Apothekengewerkschaft sei dabei ein wichtiges Element, vor allem wenn es um Lohngerechtigkeit und Altersvorsorge der Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter gehe.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt schätzt Adexa als kompetenten und verlässlichen Verband für die Interessen der Apothekenmitarbeiter, wie er in seinem Grußwort betonte. Apotheken seien unersetzbar und unverzichtbar, Orte der Menschlichkeit, die Patienten mit ihren Sorgen und Problemen ernst nehmen. Dass bei der gesetzlichen Krankenversicherung allein die Kosten im Mittelpunkt stünden, erschwere die Arbeit in Apotheken in unerträglichem Maße. Dennoch setzten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Apotheken unermüdlich für das Patientenwohl ein.

Kai Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, machte deutlich, dass die Apothekengewerkschaft heute in fast allen Bundesländern als Tarifpartner geschätzt werde. Er appellierte an Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das System Apotheke gemeinsam zu stärken, vor allem in Zeiten, in denen interessierte Kreise versuchen, es umzukrempeln – ein Hinweis auf das jüngste Gutachten des Sachverständigenrats im Gesundheitswesen, der für mehr Wettbewerb sowie Fremd- und Mehrbesitz bei Apotheken plädierte. Er wünsche Adexa keine Arbeitgeber wie Amazon oder Zalando und forderte dazu auf, die politische Kraft stärker zu nutzen und noch deutlicher zu kämpfen. Siemsen dankte Adexa für die geleistete Arbeit: „Sie haben viel erreicht und vieles richtig gemacht.“

Auch die Vorsitzende der TGL Nordrhein, Dr. Heidrun Hoch, überbrachte Glückwünsche zum Jubiläum. Trotz gegenläufiger Interessen habe man sich kennen und schätzen gelernt. Ein guter Streit ende mit einer Einigung, so Hoch, und nicht mit einem Sieg des einen über den anderen. Der Mitarbeitermangel, vor allem im Bereich der PTA, bereite Sorgen. Man wolle daher gemeinsam, Adexa und TGL, ein zukunftsorientiertes Konzept entwickeln, um die PTA-Ausbildung zu reformieren. Geld trage nicht allein zur Motivation bei, sondern auch ein gutes Betriebsklima, Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung und Aufstiegschancen.

Grußworte sprachen außerdem die Vorsitzende des Verbands der Angestellten Apotheker Österreich, Ulrike Mayer, und David Reiner, Präsident des Verbands der Pharmaziestudierenden Deutschlands. Er nannte die Gewerkschaft einen Teamplayer. Sie könne dazu beitragen, das Berufsbild der Apothekenberufe attraktiv zu halten. Reinhild Berger, Ehrenmitglied von Adexa und frühere Chefredakteurin von PTAheute, drückte in ihrem Grußwort die Freude aus, gemeinsam mit Adexa in DAZ und PTAheute feste Rubriken für die Apothekengewerkschaft etabliert zu haben, in denen die Kommunikation mit der Berufsöffentlichkeit erleichtert werden konnte.

Erlebnistag

Die Jubiläumsfeier hatte Adexa mit einem Erlebnis- und Gewerkschaftstag verbunden. Diplompsychologin Karen Knipping, Hamburg, referierte über die Kraft eines guten Teams „Alleine stark – gemeinsam stärker“. Tanja Kratt und Rechtsanwältin Iris Borrmann von Adexa gaben Tipps und Hinweise zum Tarif und zum Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Den pharmazeutischen Part des Fortbildungstages hatte Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz mit dem Vortrag „Arzneistoffe der Zukunft: Nur neu oder auch innovativ?“ übernommen. Und für nichtpharmazeutische Mitarbeiter(innen) gab Marion Nagel, Leipzig, Vorschläge, wie das Miteinander in Apotheken leichter funktioniert.

Das Jubiläum klang mit einem Abendessen, Musik und Gesprächen aus. 

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