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- DAZ 27/2014
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Die Seite 3
Quo vadis, Großhandel?
Völlig abgesehen von der Rabattschlacht um Marktanteile, die sich der deutsche Großhandel in den vergangenen Monaten geliefert hat und die nun zu Ende zu gehen scheint, verändert sich der Großhandelsmarkt in Deutschland grundlegend.
Auf der einen Seite drängen multinationale Unternehmen auf den Markt und übernehmen traditionsreiche Pharmagroßhandlungen. Die altehrwürdige Gehe ist nun in der Hand des US-Konzerns McKesson, über dessen Ziele bei der von vielen als viel zu teuer angesehenen Übernahme immer noch gerätselt wird. Die ebenso traditionsreiche ANZAG heißt inzwischen Alliance Healthcare Deutschland und gehört Alliance Boots, welche wiederum vom US-Apothekenkonzern Walgreens übernommen wurde. (Obwohl im Reich des Stefano Pessina eigentlich nie ganz klar ist, wer da eigentlich wen übernimmt.) Erklärtes Ziel solcher global agierenden Unternehmen: bessere Konditionen bei Verhandlungen mit der Pharma-Industrie.
Auf der anderen Seite mischt ein neuer Anbieter den Markt auf: AEP direkt, mit der österreichischen Post im Hintergrund, fordert die etablierten Großhändler mit einem neuen Konzept, neuer Logistik und stark reduziertem Service heraus. Dafür verspricht er seinen Kunden dauerhaft niedrige Preise und völlige Konditionentransparenz. In einem Markt, in dem sich nicht wenige Apotheker der Hilfe spezialisierter Berater bedienen, um ihre Großhandelsrechnung zu prüfen, durchaus eine Ansage. Viele Apotheker fragen sich aber, ob ihnen eine Lieferung pro Tag genügen kann? Vertreter der anderen Großhändler sind sicher: das reicht nicht aus, AEP profitiert von der Infrastruktur, die der „etablierte“ Großhandel (bzw. seine Kunden) finanziert und betätigt sich als „Rosinenpicker“. Von der „Übertragung des Versandhandelsprinzips auf den Großhandel“ ist die Rede.
Daneben – vielleicht auch dazwischen – stehen die genossenschaftlichen Großhandlungen und solche, die wie die zu Pharma Privat zusammengeschlossenen Mittelständler inhabergeführt sind. Und dann gibt es noch Phoenix, in Besitz der deutschen Merkle-Gruppe, Marktführer in Deutschland und Europa. Sie alle unterhalten die teuren etablierten Strukturen, können aber – mit Ausnahme von Phoenix – bei Verhandlungen mit Herstellern keine internationale Marktmacht in die Waagschale werfen. Zumal die globalen Pharmahändler über konzerneigene Apothekenketten, -Franchise-Systeme und -Kooperationen Einfluss auf den Point of Sale nehmen und den Abverkauf der Produkte gewährleisten können.
Was diese Veränderungen für die Apothekenlandschaft bedeuten, ist heute noch nicht absehbar. Im DAZ-Interview (s. Seite 19) weist AEP-Geschäftsführer Tobias Zimmermann jedoch ganz richtig darauf hin, dass es die Kunden sind, die den Markt bestimmen. Die Apotheker haben es in der Hand, in welche Richtung sich der Großhandelsmarkt entwickelt.
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