Arzneimittel und Therapie

Wenn Füße nicht zur Ruhe kommen

Erstes Opioid für die Therapie des Restless-legs-Syndroms zugelassen

Für die Second-line-Therapie des schweren bis sehr schweren Restless-legs-Syndrom (RLS) steht seit Mai 2014 das erste zugelassene Opioid zur Verfügung: Retardiertes Oxycodon/Naloxon (Targin®) reduzierte in einer Studie mit vorbehandelten Patienten den RLS-Schweregrad signifikant im Vergleich zu Placebo. Die Wirksamkeit hielt über weitere 40 Wochen an. Eine Augmentation, wie sie von Dopaminergika bekannt ist, trat innerhalb des Beobachtungszeitraums von einem Jahr nicht auf.

In der Therapie des idiopathischen Restless-legs-Syndroms werden als Therapie der ersten Wahl dopaminerge Substanzen eingesetzt. Bei unzureichendem Ansprechen, Augmentation oder Unverträglichkeit empfiehlt die S1-Leitlinie den Einsatz von Opioiden. Wer nicht off label verordnen wollte, hatte damit allerdings ein Problem. Denn bislang war kein Opioid für diese Indikation explizit zugelassen. Das hat sich nun geändert: Anfang Mai 2014 wurde die Fixkombination aus retardiertem Oxycodon plus retardiertem Naloxon (Targin®) für die Second-line-Therapie des schweren bis sehr schweren idiopathischen Restless-legs-Syndroms zugelassen, wie auf einer von der Mundipharma GmbH unterstützten Veranstaltung am 5. Juni 2014 in München zu erfahren war.

RLS-Schweregrad sinkt

Die Zulassung von retardiertem Oxycodon/Naloxon für RLS stützt sich auf die Daten einer zwölfwöchigen multizentrischen, randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie mit anschließender 40-wöchiger offener Extensionsphase [Trenkwalder C et al. Lancet 2013; 12: 1141-1150]. Eingeschlossen wurden Patienten, die seit mehr als sechs Monaten an einem RLS mit mindestens mittelschwerer Symptomatik (IRLS ≥ 15) litten. Die Symptome wurden dabei nach der Internationalen RLS-Schweregradskala (IRLS) bewertet: 0 = kein RLS, 1–10 = leichtes RLS, 11–20 = mittelschweres RLS, 21–30 = schweres RLS und 31–40 = sehr schweres RLS. Weiteres Einschlusskriterium war das Auftreten der Symptome bereits vor 18 Uhr, und zwar mindestens vier Mal pro Woche. Alle Patienten hatten eine RLS-Vortherapie erhalten, die jedoch nicht ausreichend wirksam war oder nicht gut vertragen wurde. Nach einer siebentägigen Auswaschphase erhielten 304 Studienteilnehmer entweder Placebo (n = 154) oder retardiertes Oxycodon/Naloxon (n = 150) jeweils zweimal täglich. Die initiale Dosierung von zweimal täglich 5 mg/2,5 mg konnte nach dem Ermessen der Ärzte in den ersten sechs Wochen auf maximal zweimal täglich 40 mg/20 mg Oxycodon/Naloxon gesteigert werden. Erreicht wurde unter dem Opioid eine signifikante Verringerung des Schweregrades auf der IRLS im Vergleich zu Placebo mit einer mittleren Differenz von 8,15 Punkten. Als Responder mit einer Verbesserung im IRLS-Score um ≥ 50% zum Ausgangswert wurden 57% der Patienten unter Verum eingestuft (Placebo: 31%). Eine Remission mit einem IRLS-Score ≤10 erreichten 42% gegenüber 19%. Auch sekundäre Endpunkte wie der klinische Gesamteindruck oder die RLS-spezifische Lebensqualität ergaben nach zwölf Wochen Vorteile für Oxycodon/Naloxon. Die dafür notwendige Opioiddosis lag bei zweimal 10 mg pro Tag, und damit niedriger als in der Schmerztherapie üblich, betonte Prof. Dr. Claudia Trenkwalder, Chefärztin der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel.

Keine Augmentation nach einem Jahr

Die offene Extensionsphase über 40 Wochen zeigte die langfristige Wirksamkeit. 43% der Patienten erreichten einen IRLS ≤ 10, 22% waren symptomfrei. Eine Augmentation, wie sie unter dopaminerger Therapie bekannt ist, trat über den Beobachtungszeitraum von einem Jahr bei keinem Patienten auf. Häufigste Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit und vor allem Obstipation. In der Doppelblindphase brachen 13% gegenüber 7% der Patienten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab, in der Extensionsphase waren es 9%. Nicht geeignet ist die Therapie bei Patienten mit einer Alkohol- oder Opiat-Abhängigkeit in der Anamnese.

Auf den Eisen-Status achten

Eisen-Mangel kann ein Restless-legs-Syndrom verursachen. Der Eisen-Status, insbesondere der Ferritin-Wert, sollte deshalb vor einer Therapie immer abgeklärt und bei einem Mangel substituiert werden. Die Richtwerte zur Substitution von Eisen bei RLS-Patienten sind allerdings nicht evidenzbasiert. Allgemein wird ein Richtwert von < 50 µg Ferritin/l als Grenzwert angegeben. Immer offensichtlicher wird zudem ein Zusammenhang zwischen Restless-legs-Syndrom und Übergewicht. Auch in der Studie zu retardiertem Oxycodon/Naloxon lag der mittlere BMI der Patienten zwischen 27 und 28 kg/m2, „und damit relativ hoch“, so Trenkwalder. Ob eine Gewichtsreduktion auch gegen unruhige Beine hilft, ist aber völlig unklar.

Apothekerin Dr. Beate Fessler

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