Arzneimittel und Therapie

Weniger Salz bei „Zucker“?

Zur Prävention diabetischer Nephropathie Salzkonsum einschränken

Niederländische Forscher haben erstmalig gezeigt, dass sich bei Typ-2-Diabetikern mit leichter Nierenschädigung, die mit einem ACE-Hemmer behandelt werden, eine zusätzliche Kochsalz-reduzierte Ernährung positiv auf die Albuminausscheidung und den Blutdruck auswirkt. Nur geringfügig effektiver war die Gabe von HCT oder eine Kombination beider Prinzipien. Es scheint überlegenswert, bei diabetischer Nephropathie von einer überhöhten Kochsalzzufuhr abzuraten und entsprechende Empfehlungen in die Leitlinien aufzunehmen.

Bluthochdruckpatienten erhalten nach der Diagnose fast automatisch die Empfehlung, auf ihren Salzkonsum zu achten. Entsprechende Hinweise für Diabetiker sind in der Literatur kaum zu finden, höchstens im Hinblick auf die Hypertonie [1]. Eine etwas ältere deutsche Veröffentlichung empfiehlt Diabetikern, wie auch der Allgemeinbevölkerung, die Salzaufnahme auf unter 6 g pro Tag zu begrenzen [2]. Eine analoge Empfehlung findet sich in einem aktuellen Review [3]. Die Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten Studien HONEST (Holland Nephrology Study) haben die Salzrestriktion als einfache, nicht-pharmakologische Intervention nun erneut in die Diskussion gebracht [4].

Was bewirken Salzreduktion und Diuretikum?

Erfahrungen mit nierenkranken Patienten ohne Diabetes hatten gezeigt, dass Salzreduktion und die Gabe von Diuretika zusätzlich zu Blutdrucksenkern mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) effektiv in Hinblick auf die Blutdruckkontrolle und die Verminderung der Albumin-Ausscheidung sein kann. Die niederländischen Forscher prüften, ob sich diese Ergebnisse auch auf Patienten mit diabetischer Nephropathie übertragen lassen. Kontrollierte Studien zu dieser Fragestellung gab es bisher noch nicht. In die multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte Cross-over-Studie [4] schloss man 45 Typ-2-Diabetiker mit einem mittleren Alter von 65 Jahren (84% Männer) mit Mikro- oder Makroalbuminurie ein (s. Kasten). Ihre Kreatinin-Clearance lag mindestens bei 30 ml/min, mit einem Abfall von weniger als 6 ml/min im vorangegangenen Jahr. Die Patienten wurden in einer Eingangsphase auf eine Maximaldosis von 40 mg Lisinopril/d titriert. Andere Antihypertensiva wie α-, β-Blocker oder Calciumantagonisten waren erlaubt, jedoch keine weiteren RAAS-Blocker. Der Diabetes der Teilnehmer war mit einem mittleren HbA1c von 7,1% durch Insulin und orale Antidiabetika bzw. deren Kombinationen gut eingestellt.

Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob zusätzlich zu dem ACE-Hemmer Lisinopril die Gabe des Diuretikums Hydrochlorothiazid (HCT, 50 mg/d) oder eine Salzreduktion bzw. die Kombination aus beidem die Albuminurie günstig beeinflussen kann.

Risiko diabetische Nephropathie

Das Risiko von Diabetikern für mikro- und makrovaskuläre Komplikationen ist hoch. Sind die Blutgefäße der Nierenkörperchen betroffen, kann sich die Funktion dieses Organs unbehandelt rasant verschlechtern, was innerhalb weniger Jahre zur Dialysepflicht führen kann. Frühestes Merkmal einer diabetischen Nephropathie ist eine erhöhte Albuminausscheidung im Urin. Der Normalwert liegt bei etwa 20 mg/24 h. Der Bereich 30 bis 300 mg/24 h wird als Mikroalbuminurie, darüber liegende Werte als Makroalbuminurie bezeichnet. Im Vergleich mit normoalbuminurischen Diabetikern haben Betroffene mit Mikroalbuminurie ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Mortalität [3].

Bei der salzarmen Diät sollte die Natrium-Aufnahme auf maximal 50 mmol Na+ pro Tag beschränkt werden (entspricht etwa 1200 mg Na+/d bzw. 3 g NaCl/d). Die Patienten erhielten als Hilfestellung Tabellen mit Lebensmitteln und deren Kochsalzgehalt sowie eine unterstützende Beratung durch Diätassistenten. Die Compliance wurde in Abständen durch die Bestimmung der Natriumausscheidung im 24-Stunden-Sammelurin überwacht.

Signifikanter Vorteil schon durch Salzrestriktion allein

Die Studie dauerte nach der sechswöchigen Eingangsphase weitere 24 Wochen und umfasste vier sechswöchige Zyklen. Danach hatte jeder Patient jede der vier möglichen Konstellationen (Placebo bzw. HCT mit salzarmer Kost, Placebo bzw. HCT mit normaler Kost) durchlaufen. Die Auswertung zeigte, dass sowohl die Salzrestriktion als auch HCT in der Lage waren, die Albuminurie unabhängig von der Behandlungssequenz signifikant zu reduzieren. Der Basiswert der Albuminurie lag bei 711 mg/d. Durch die Salzreduktion gelang eine signifikante Verringerung auf 393 mg/d, durch HCT auf 434 mg/d, am stärksten jedoch durch die Kombination beider Interventionen (306 mg/d). Der mittlere systolische Blutdruck reduzierte sich ebenfalls signifikant: durch die salzarme Ernährung um -5,3 mmHg, durch HCT erwartungsgemäß stärker um -12,0 mmHg, am stärksten durch die Kombination (-17,0 mmHg).

Schwere unerwünschte Wirkungen traten nicht auf, häufig kam es zu orthostatischen Beschwerden.

Von überhöhter Kochsalzzufuhr abraten

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse raten die Autoren dazu, allen Patienten mit Typ-2-Diabetes und Albuminurie eine Natrium-Aufnahme von 5 bis 6 g/d zu empfehlen. Falls dies keinen Effekt zeigt, könnte zusätzlich HCT verabreicht werden. Ob diese Vorgehensweise auch kardiovaskuläre Vorteile bringt, müssten weitere Studien zeigen. Denn harte Endpunkte bot die Studie nicht, auch die Nachhaltigkeit der Intervention konnte nicht gezeigt werden.

Auf Salz ganz zu verzichten wäre übrigens der falsche Weg: Denn bei einer sehr niedrigen Kochsalzzufuhr (1 bis 2 g/d) kommt es zu Gegenregulationen des Organismus wie einer Aktivierung des RAAS, einer Erhöhung der Noradrenalin-Freisetzung, einem Anstieg der Blutfettwerte sowie einer Abnahme der Insulinsensitivität [5].

Zur Blutdruckkontrolle werden bei Diabetikern bevorzugt ACE-Hemmer oder Sartane empfohlen; auf diese „Basistherapie“ sollte auch bei Salzreduktion nicht verzichtet werden [6]. Wegen der diabetogenen Wirkung von HCT ist der Einsatz dieser Substanz bei Diabetikern gegebenenfalls kritisch zu hinterfragen, da die Wirkung von Insulin oder oralen Antidiabetika abgeschwächt werden kann [7]. 

 

Zum Weiterlesen

Wenn Essen an die Nieren geht. Praktische Aspekte der Ernährungsberatung von Niereninsuffizienten. DAZ 2013, Nr. 32, S. 63–70

Salz oder kein Salz? Ernährungsmedizinische Aspekte zur Hypertonie. DAZ 2014, Nr. 19, S. 40–45

www.deutsche-apotheker-zeitung.de

 

Quelle:

[1] Nationale VersorgungsLeitlinie „Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter“, (Langfassung), 1. Aufl. 09/2010, aktualisiert 05/2013, gültig bis 09/2015

[2] Toeller M et al. Evidenz-basierte Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus. Diabetes und Stoffwechsel 14 (2005)

[3] Waanders F et al. Current concepts in the management of diabetic nephropathy The Netherlands J of Med (2013)11(71):448-458

[4] Kwakernaak AJ et al. Effects of sodium restriction and hydrochlorothiazide on RAAS blockade efficacy in diabetic nephropathy: a randomised clinical trial. Lancet Diabetes Endocrinol (2014)2:385-395, doi: 10.1016/S2213-8587(14)70030-0

[5] Herdegen T. Hypertonie. Pharmako-logisch! Update, DAZ (2014)159(10):959-970

[6] Empfehlungen zur Betreuung diabetischer Patienten mit Nephropathie. Erstellt vom Arbeitskreis diabetische Nephropathie, Fachkommission Diabetes in Bayern e.V. - Landesverband der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), 2. Aufl. (2004)

[7] Fachinformation HCT-CT® 25 mg Tabletten, Stand Oktober 2013

 

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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