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- DAZ 24/2014
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Arzneimittel und Therapie
Von farblos bis brüchig
Haarveränderungen unter neuen Tumorwirkstoffen
Es ist bekannt, dass strahlen- und chemotherapeutische Behandlungen zu vorübergehendem Haarverlust führen können. Weniger bekannt ist das Auftreten von Haarveränderungen unter einer Therapie mit neueren Tumorwirkstoffen wie EGFR- oder Tyrosinkinase-Inhibitoren. Veränderungen der Haarstruktur und Haarfarbe im Zusammenhang mit neuen Tumortherapeutika traten erstmals bei Leukämiepatienten unter der Einnahme von Imatinib auf. Die Hemmung der krankhaft aktivierten Tyrosinkinase von BCR/ABL (neben Effekten auf PDGF-Rezeptoren und c-KIT) durch Imatinib führte nicht nur zu einem Rückgang der Leukämie, sondern bei einigen Betroffenen auch zu einem Wechsel der Haarfarbe. In der Regel erfolgte eine Hypopigmentierung mit daraus resultierender Graufärbung der Haare, es wurden aber auch paradoxe Hyperpigmentierungen und ein damit verbundener Wechsel der Haarfarbe von grau nach schwarz beobachtet.
Veränderungen unter EGFR-Blockade
An EGF-Rezeptoren entsprechender Zellen wird unter anderem das Haarwachstum moduliert. Demzufolge können sowohl eine Blockade der extrazellulären EGFR-Domäne (z.B. durch die monoklonalen Antikörper Cetuximab und Panitumumab) wie auch eine Hemmung der intrazellulären EGFR-Tyrosinkinase (z.B. durch Erlotinib, Gefitinib und Lapatinib) das Haarwachstum beeinträchtigen. Dies kann sich in
- brüchigem und dünnem Haar
- der Entwicklung von Locken
- teilweisem Haarausfall im Stirnbereich
- Rückgang des Bartwuchses
- Trichomegalie (abnorm kräftigem und langem Wachstum der Wimpern und Brauen) oder
- fazialer Hypertrichose äußern.
Die Angaben zur Häufigkeit dieser Veränderungen schwanken; bei längerer Therapiedauer (länger als sechs Monate) werden sie relativ häufig beobachtet.
Hypopigmentierung unter Tyrosinkinasehemmer
Veränderungen der Haarfarbe unter einer Therapie mit Multi-Tyrosinkinaseinhibitoren beruhen auf einer Hemmung der Tyrosinkinase von c-kit in den Melanozyten der Haarwurzel. Die daraus resultierende verminderte Melaninsynthese zeigt sich in einer Hypopigmentierung oder Pigmentverschiebung der Haare. Diese Erscheinungen können unter der Einnahme von Sunitinib, Sorafinib und Pazopanib auftreten. Ob die Hypopigmentierung als ein Zeichen für ein Therapieansprechen gedeutet werden kann, wird derzeit diskutiert.
In einem Fallbericht werden im New England Journal of Medicine die Haarveränderungen einer rothaarigen Patientin unter der Einnahme von Sunitinib beschrieben (28 Tage Einnahme, dann 14 Tage Therapiepause). Die durch eine Depigmentierung hervorgerufene Veränderung der Haarfarbe spiegelt das Einnahmemuster wider, so dass sich rote (natürliche Haarfarbe während der Therapiepause) und weiße (Hypopigmentierung während der Sunitinib-Einnahme) Streifen abwechseln (siehe Foto). Die Haarfarbe korrespondiert also mit den Therapiezeiten.
Quelle
Baden L. Sunitinib-associated hair depigmentation. NEJM 2014;370(17):e27.
Sideras K et al. Profound hair and skin hypopigmentation in an african merican women treated with the multi-targeted tyrosin kinase inhibitor pazopanib. J Clin Oncol. 2010;28:e313–e313.
Berger A et al. Principles and Practice of Palliative Care and Supportive Oncology. Springer Verlag 2012.
Balugala Y et al. Pigmentary changes in a patient treated with imatinib. J Drugs Dermatol 2011;10(9):1062–1066.
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