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DAZ aktuell
Schnellere Switches auf nationaler Ebene
BAH-Pressegespräch zu aktuellen Fragen
Neuzugänge auf dem Markt der nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel (OTC) ergeben sich heute in aller Regel durch Verbesserungen und Weiterentwicklungen der Galenik und der Darreichungsformen – oder dadurch, dass Wirkstoffe aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. Solche Switches können, abhängig von der bestehenden Zulassung, auf nationaler oder auf europäischer Ebene erfolgen. Wenn ein Arzneihersteller ein Präparat mit europäischer Zulassung aus der Verschreibungspflicht holen möchte, kann er dies auf europäischer Ebene beantragen. Wird seinem Antrag stattgegeben, hat das Präparat in allen EU-Mitgliedstaaten den OTC-Status. Da der Status der Verschreibungsfähigkeit in der Regel an die Erstattungsfähigkeit eines Präparats gebunden ist, dürfte sich auf diesem Gebiet in naher Zukunft allerdings wenig ändern, so die BAH-Einschätzung, wenngleich die EU die Verschreibungsfähigkeit der Wirkstoffe gerne harmonisieren würde. Hier kommt allerdings Widerstand aus den Mitgliedstaaten.
Wie Vertreter des BAH ergänzend anmerkten, ist das Arzneimittelgesetz heute bereits weitgehend europäisiert, lediglich die Bereiche der Erstattungsfähigkeit und der Verschreibungspflicht sind noch national geregelt.
Mit Interesse wird derzeit der Versuch von E.Lilly und Sanofi verfolgt, das Präparat Cialis, Wirkstoff Tadalafil, aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Das Präparat, das gegen die erektile Dysfunktion eingesetzt wird, könnte dann, sollte die europäische Zulassungsbehörde dem Antrag stattgeben, in allen europäischen Mitgliedstaaten ohne Rezept in den Apotheken abgegeben werden. Ein ähnlicher Versuch des Herstellers Pfizer, der vor ein paar Jahren versuchte, sein Präparat Viagra (Sildenafil) in den OTC-Status zu überführen, scheiterte.
Kritik übte der BAH an der Vorgehensweise bei der Marktrücknahme der Wirkstoffe Metoclopramid und Tetrazepam. Hier sei das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden. Die verantwortlichen Behörden orientierten sich bei ihrer Entscheidung nur an den Risiken und nicht am Nutzen dieser Präparate. Da es zum Teil keine adäquaten Ersatzpräparate gebe, fragte der BAH: „Wo bleibt der Blick der Behörden auf das Risiko der Krankheiten, die dann unbehandelt bleiben?“
Politische Forderungen des BAH
Im Rahmen des Pressegesprächs wies der BAH erneut auf seine politischen Forderungen für die 18. Legislaturperiode hin. Hier nur einige der Forderungen: Der Verband setzt sich beispielsweise für die Beendigung des Preismoratoriums ein und fordert zumindest eine deutlich kürzere Befristung als bis zum 31. Dezember 2017. Zudem sollten das Preismoratorium für neue Wirkstärken und Darreichungsformen abgeschafft werden. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sollten davon und vom erhöhtem Herstellerabschlag ausgenommen werden. Zugelassene Kinderarzneimittel, so eine weitere Forderung des BAH, müssen als therapeutische Verbesserung bei der Festbetragsgruppenbildung berücksichtigt werden. Und im Verfahren der frühen Nutzenbewertung fordert der BAH, den medizinischen Zusatznutzen durch die Zulassung als Kinderarzneimittel als belegt zu fingieren.
Darüber hinaus setzt sich der BAH dafür ein, dass OTC-Arzneimittel auch für Jugendliche im Alter bis 18 Jahre und für ältere Patienten mit Polymedikation uneingeschränkt erstattungsfähig sein sollen. Das Angebot von Satzungsleistungen durch die Kassen sollte ausgeweitet werden, so dass beispielsweise OTCs erstattet werden können. Bei der Entlassung von Arzneimitteln aus der Verschreibungspflicht sollte es strukturierte und transparente Switch-Verfahren geben.
Bei der Pharmakovigilanz fordert der BAH verlässliche Rahmenbedingungen und eine Reduzierung übermäßiger Bürokratie. Bei der Umsetzung der Fälschungsrichtlinie fordert der BAH, das in Deutschland bereits etablierte und richtlinienkonforme securPharm-System der Marktbeteiligten konsequent weiter auszubauen.
50 Jahre AESGP
Der Europäische Verband der Arzneimittelhersteller AESGP (Association Européene des Spécialités Pharmaceutiques Grand Public), bei dem der BAH Mitglied ist, feierte in London sein 50-jähriges Bestehen. 1964 in Paris von drei Firmen gegründet wurde der Verband im Lauf der Jahre zur offiziellen Stimme der Selbstmedikationsindustrie in Europa. Über die nationalen Verbände repräsentiert die AESGP über 2000 Hersteller von OTC-Arzneimitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und medizinischen Hilfsmitteln für die Selbstmedikation. Wie AESGP-Präsident Hans Regenauer in seinen Grußworten betonte, gehört es zu den wichtigsten Errungenschaften des Verbands, dass die Kommunikation mit Verbrauchern und das Angebot von Informationen über die Werbung für OTC erlaubt ist und dass in nahezu allen europäischen Ländern die freie Preisgestaltung für die Hersteller möglich ist. Das volle Potenzial der Selbstmedikation könne allerdings nur realisiert werden, wenn die Bürger Europas weiterhin umfassend über die verschiedenen Produkte und ihre sachgerechte Anwendung informiert werden.
Wie aus Vorträgen auf der Jahrestagung hervorging, sind führende Manager von europäischen OTC-Arzneimittelherstellern davon überzeugt, dass es niemals eine bessere Zeit für OTC-Arzneimittel gegeben habe als heute: die Bevölkerung wird älter, weltweit steigen die Kosten für das Gesundheitswesen und die Zahl von gut informierten und aktiven Patienten war noch nie so groß. Dadurch, dass Staaten die Selbstmedikation fördern, sparen sie Kosten im Gesundheitswesen ein.
Zahlreiche Vorträge auf dem AESGP-Kongress befassten sich mit der Bedeutung von Switches von Rx zu OTC. Bei Switches sei eine Win-win-win-Situation festzustellen, denn von einem Switch profierten die Verbraucher, das öffentliche Gesundheitswesen und die Krankenversicherungen. Doch nicht nur Switches können den OTC-Markt beleben, auch Innovationen auf dem Gebiet der Darreichungsformen. Hier rieten Manager dazu, stärker auf die Wünsche der Verbraucher einzugehen. Zu den Innovationen zählen hier beispielsweise schneller freisetzende Darreichungsformen oder Einmaldosierungen, die schneller und länger wirken.
Nicht zuletzt befassten sich Vorträge auch mit den neuen Möglichkeiten von Social Media. So veröffentlichte die AESGP eine neue Richtlinie für die Arzneimittelhersteller, die einen Weg zum Kunden über Twitter, Facebook und Co. suchen. Die Richtlinie soll Hilfestellung geben, um eine verantwortungsvolle und vertrauenswürdige direkte Kommunikation mit den Verbrauchern aufzubauen.
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