Aus den Ländern

Ein Museum zum Anfassen

Thüringens erstes Apothekenmuseum eröffnet

Seit dem 16. Mai hat Bad Langensalza ein neues Apothekenmuseum – das erste seiner Art in Thüringen. Den Festvortrag zur Eröffnung hielt Prof. Dr. Christoph Friedrich, Marburg, über „Die Apotheke – ein Streifzug durch die Entwicklung vom Mittelalter bis zur Gegenwart“.

Mit Wiegleb fing es an

Bad Langensalza ist eine bedeutende Keimzelle der modernen Pharmazie, denn dort wirkte Johann Christian Wiegleb (1732–1800), der neben seiner Apotheke auch eine chemisch-pharmazeutische Ausbildungsstätte betrieb und selbst in seinem Labor forschte; so entdeckte er 1779 die Oxalsäure. Nach einem wissenschaftlichen Symposium über Wiegleb im Jahre 2000 ließ das Stadtmuseum im Augustinerkloster sein Labor nachbilden, von dem glücklicherweise eine zeitgenössische Abbildung überliefert ist. Ferner etablierte sich die Veranstaltungsreihe „Auf Wieglebs Spuren“ mit Vorträgen und praktischen Demonstrationen zur Pharmazie und Chemie des 18. und 19. Jahrhunderts.

Foto: Klosa
Berühren ausdrücklich erlaubt. Im neuen Apothekenmuseum darf der Besucher auch Schubladen ziehen.

Die erwähnte Ausstellung gefiel auch dem Apothekerehepaar Gotlind und Dr. Alexander Dörries, Besitzer der 1598 gegründeten Löwen-Apotheke in Eschwege. Sie hatten eine umfangreiche Sammlung mit mehr als 10.000 pharmaziehistorisch interessanten Gegenständen zusammengetragen und übereigneten sie der Stadt Bad Langensalza unter der Bedingung, dass sie die Sammlung in einem geeigneten Haus lagert und öffentlich ausstellt. Die Stadt stellte dafür das fast 500 Jahre alte Haus Rosenthal, das aufwändig restauriert worden war, zur Verfügung, und damit war die Voraussetzung zur Entstehung des ersten Apothekenmuseum Thüringens geschaffen.

Lebendige Pharmaziegeschichte

Das Museum zeigt auf 280 m2 Fläche Exponate vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, die teilweise durch Neuanfertigungen ergänzt sind: Mobiliar aus alten Apotheken mit Rezeptur-/HV-Tischen, Regalen und Schränken zur Aufbewahrung von Arzneimitteln, Rezeptursubstanzen und Drogen, darunter eine Vitrine für Venena; zahlreiche Gerätschaften zur Herstellung der unterschiedlichsten Rezepturen und Defekturen, vom Pillenbrett bis zum Dreiwalzenstuhl; sehr viele Standgefäße aus Porzellan, Glas und anderen Materialien, sowohl für Drogen, Arznei- und Hilfsstoffe als auch für Laborsubstanzen.

Zahlreiche Sekundärverpackungen von Arzneispezialitäten, insbesondere aus DDR-Produktion, die von ortsansässigen Apotheken zur Verfügung gestellt wurden, dokumentieren die jüngere Arzneimittelgeschichte.

Museum

Apothekenmuseum im Haus Rosenthal, Bergstraße 15a 99947 Bad Langensalza

Tel. (03603) 813654, Fax 813657

apothekenmuseum@bad-langensalza.de 

Literaturtipp:

Klosa, Achim M.: Johann Christian Wiegleb (1732–1800) – Eine Ergobiographie der Aufklärung. Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, Band 88, Stuttgart 2009.

Ein separater Raum ist als Apothekenlabor eingerichtet und vor allem mit Geräten aus dem 20. Jahrhundert ausgestattet. In einer kleinen Kammer sind Darren zur Drogentrocknung aufgehängt. Hiermit und durch Drogensammlungen, die der pharmazeutische Großhandel anbot, wird die Bedeutung des Pflanzenreiches als Rohstoffquelle für Arzneien dokumentiert.

Foto: Klosa
Haus Rosenthal in Bad Langensalza – Rückseite mit dem neuen Apothekergarten.

Ein Highlight des Museums ist die neukonzipierte Ausstellung zu Johann Christian Wiegleb. Dort ist auch die erwähnte Rekonstruktion seines Labors zu bestaunen, das teils mit originalen Gerätschaften aus dem späten 18. Jahrhundert, teils mit originalgetreuen Repliken bestückt ist. Eine Vitrine enthält einige der von Wiegleb verfassten Bücher – Meilensteine der Pharmazie- und Chemiegeschichte. Immer wieder finden sich in den Ausstellungsräumen Exponate, bei denen der Besucher ausdrücklich zum Ausprobieren aufgefordert wird.

Apothekergarten

Hinter dem Haus Rosenthal wurde ein Apothekergarten angelegt. Über 100 Arzneipflanzen sind zehn Indikationsgebieten zugeordnet, denen jeweils ein Beet (oder ein Teil davon) gewidmet ist. Kleine Schilder nennen bei jeder Pflanze die volkstümlichen und botanischen Namen, die arzneilich verwendeten Teile sowie die Indikationen.

Für die kommende Zeit ist ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Führungen, Vorträgen und Kursen geplant, das den Besuchern die vielen Facetten der Pharmaziegeschichte näherbringen soll. 

Quelle: Dr. Achim Klosa, Siegen

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