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VdPP kritisiert Tamiflu®-Bevorratung
Stellungnahme des Verbands demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeutenzur Cochrane-Analyse zu Neuraminidasehemmern
Der nationale Influenzapandemieplan sowie die Pandemiepläne der Länder sehen vor, Tamiflu® zur Versorgung der Bevölkerung im Pandemiefall vorrätig zu halten. Doch das Arzneimittel ist bekanntlich umstritten. Die aktuelle Cochrane-Analyse zeigt ebenfalls auf, dass die Wirksamkeit des Mittels begrenzt ist. Danach kann Tamiflu® Grippesymptome nur einen halben Tag früher lindern als Placebo. Auf Einweisungen ins Krankenhaus und Krankheitskomplikationen soll der Neuraminidasehemmer gar keinen Einfluss haben – dafür sorgt er für so manche Nebenwirkungen.
„Der VdPP kritisiert scharf, dass immense Summen öffentlicher Gelder ausgegeben wurden, ohne im Voraus auf der Offenlegung aller relevanten wissenschaftlichen Daten zu bestehen“, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes. Es sei zwar zu begrüßen, dass nunmehr eine EU-Verordnung verabschiedet wurde, die ab 2016 zur Veröffentlichung aller klinischen Studien und Clinical Study Reports verpflichtet. Im Fall von Tamiflu® sei es allerdings zu spät. Weltweit sollen Regierungen und Firmen bereits mehr als 7 Milliarden Euro für die Einlagerung ausgegeben haben. Die genaue Höhe der Ausgaben von Bund und Ländern für Tamiflu® wolle die Bundesregierung bisher nicht nennen.
Angesichts der „marginalen Wirksamkeit und immensen Kosten“ fordert der VdPP, dass die massenhafte Bevorratung mit Tamiflu® gestoppt und die Pandemiepläne rasch überarbeitet werden – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Grippemittel eine begrenzte Haltbarkeit haben und ein Nachkauf ansteht. Dabei müsse sowohl eine Nutzen-Schaden-Relation als auch eine Kosten-Nutzen-Bewertung von Tamiflu® in Hinblick auf Bevorratung und Therapie erfolgen. Zudem fordert der VdPP „die Offenlegung aller Kosten, die durch die Bevorratung von Tamiflu® entstanden sind, um das gesamte finanzielle Ausmaß der Verschwendung sichtbar zu machen“.
Völlig unverständlich ist für den Verband die Reaktion der Bundesregierung auf eine kürzlich erfolgte Kleine Anfrage der Opposition: Solange effektivere medikamentöse Behandlungsmaßnahmen fehlten, stünde ein Verzicht auf die Bevorratung mit Oseltamivir nicht zur Debatte, erklärte das Bundesgesundheitsministerium.
Der VdPP sieht das anders: „Der Einsatz von Arzneimitteln ohne klinisch relevanten Nutzen zu immensen Kosten allein aus Mangel an Alternativen ist grotesk und das Gegenteil von Verantwortung!“ Und was den Verband ebenfalls stutzig macht ist das Schweigen der ABDA zur Thematik: Auf der Internetseite der apothekerlichen Standesführung finde sich kein Wort zu einem der größten Arzneimittelskandale der letzten Zeit – „wieder einmal ein gesundheitspolitischer Offenbarungseid“, so der VdPP.
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