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- DAZ 10/2014
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Rezension
Gib uns unser täglich Gift ...
Gegen Panikmache – für begründete Warnhinweise
Der Autor dieses Buches, Prof. Dr. H. J. Roth, ist den Lesern der Deutschen Apotheker Zeitung gut bekannt, da er in den letzten zehn Jahren zahlreiche Essays und Feuilletons veröffentlichte, die sich mit verschiedenen pharmazeutisch interessanten Themen befassen; der Stil ist oft unterhaltsam und gleiches gilt auch für dieses Buch.
Beim Durchblättern und erst recht beim Lesen Seite für Seite wird man überrascht sein, wie viele giftige Stoffe uns im Alltag begegnen können, sei es beim Essen und Trinken, bei der Körperpflege, beim Einnehmen von Arzneimitteln usw. Der Autor hat den umfangreichen Stoff in 16 Kapitel aufgeteilt, deren Überschriften jeweils schon etwas darüber aussagen, was der Leser erwarten darf, z.B. Kapitel 7 „Das Kleingedruckte auf den Speisekarten und den Verpackungen konfektionierter Nahrungsmittel“, Kapitel 8 „Tod mit Messer und Gabel“ oder Kapitel 12 „Antibiotika und andere Arzneistoffe in der Intensivtierhaltung“. Dabei ließ es sich nicht vermeiden, dass nun die Nahrungsmittel in mehreren Abschnitten behandelt werden, so etwa in Kapitel 6, 7, 8, 9 (Nahrungsergänzungsmittel, Mikronährstoffe, Orthomolekulare Medizin) und Kapitel 15 (Interaktionen zwischen Nahrungsmitteln und Arzneistoffen)“.
Unbedingt lesenswert ist das Vorwort mit drei Fragen, die nachdenklich machen – das Vorwort schließt mit dem bemerkenswerten Satz von Platon: Die ständige Sorge um die Gesundheit ist auch eine Krankheit. Eingeleitet wird das Buch mit dem umfangreichsten Kapitel 1 „Umweltgifte und Alltagsgifte“, wobei eine Unterteilung in anorganische und organische Umweltgifte, natürliche Wirkstoffe als Pestizide und Insektizide, Luftkontamination und Wasserkontamination erfolgte. Aufgelockert wird der Text (nicht nur hier) durch spezielle Absätze (z.B. „Mozart und das Quecksilber“, „van Gogh und das Chromgelb“ oder „Die Kuh und das Auto“, ein Abschnitt, der den Ausstoß von Methan bzw. Kohlendioxid behandelt).
Unser täglich Gift - Tatsächliche und vermeintliche Schadstoffe im Alltag
von Hermann Josef Roth
255 Seiten, 36 Tabellen, 29,80 Euro,
S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2013,
ISBN 978-3-7776-2346-7
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Kapitel 2 „Natürlich was Natürliches“ relativiert die Aussage, dass alles Natürliche harmlos sei. Die namentliche Aufzählung von zwölf giftigen Pflanzen wird die Leser hoffentlich nicht davon abhalten, Kamillentee zu trinken oder bei Obstipation Leinsamen plus Wasser einzunehmen.
In Kapitel 4 „Doping“ und Kapitel 5 „Arzneimittelmissbrauch“ werden die Apotheker viele bekannte Fakten finden, die jedoch für den Laien sehr wichtig sind. In Kapitel 6 „Genussgifte“ werden dem Wein sieben Seiten gewidmet (erheiternd der Einschub „Goethe schrieb viel und trank nicht wenig, beides mit Qualität“) und der österreichische Weinskandal wird ausführlich besprochen. Bei den Spirituosen (Geistige Getränke) besticht eine Tabelle mit 54 Branntweinen (von Armagnac bis Whisky) mit Angaben zur Herkunft, dem Ethanol-Gehalt in Vol.% und Angaben zu deren Herstellung. Im Kapitel 6 findet sich auch Cannabis (gehörte als „Einstiegsdroge“ vielleicht doch besser in Kapitel 3). Kapitel 14 „Vom Gift zum Arzneistoff“ ist für Laien gedacht.
Außerordentlich vielfältig und informativ sind die Kapitel 7, 8, 9, 10 (Kosmetika und Anti-Aging) und Kapitel 11 (Allergien und Unverträglichkeiten), in denen Lebensmittelfarbstoffe, Konservierungsmittel, Antioxidanzien, Verdickungsmittel, Stabilisatoren, Süßungsmittel, Geschmacksverstärker, Haarfärbemittel und andere besprochen werden.
Das traurige Kapitel 13 „Chemische und biologische Waffen (C- und B-Waffen)“ darf nicht fehlen. Kapitel 14 „Vom Gift zum Arzneistoff“ ist vor allem für Laien, weniger für Apotheker interessant.
Das abschließende Kapitel 16 „Wenn und Aber“ bringt ein Resümee und eine Fülle von überraschenden Feststellungen wie beispielsweise:
- Zu den Menschen, die aus beruflichen Gründen täglich in Berührung mit „giftigen“ Chemikalien kommen, gehören wohl an vorderster Front die forschenden und lehrenden Chemieprofessoren unserer Universitäten. Man sollte annehmen, dass viele von ihnen wegen andauernder gesundheitlicher Belastung relativ früh sterben. Das Gegenteil ist der Fall. 37 international bekannte Chemiker wurden im Durchschnitt weit über 80 Jahre alt, zwei von ihnen sogar 102 bzw. 103 Jahre.
- Die Rolle, die Arsen in Kriminalromanen spielt, wird diskutiert (Agatha Christie wird hier wegen ihrer Chemiekenntnisse lobend erwähnt).
- Obwohl in der EU mehr als 300 Lebensmittelzusatzstoffe verwendet werden, nimmt in Europa die Lebenserwartung ständig zu.
- Verteuert Rauchen unser Gesundheitswesen? Antwort: Nein, denn die Raucher sterben viel früher als Nichtraucher, der Staat erspart sich das Zahlen der Renten!
Alles in allem ein trotz vieler wissenschaftlicher Angaben unterhaltsam geschriebenes Buch, das sich vor allem an mündige Verbraucher wendet, an dem aber auch Apotheker, Ärzte und naturwissenschaftlich ausgebildete Leser Gefallen finden werden.
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