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Recht
Von AVP und UVP: Preiswerbung in der Apotheke
Problem AVP: Besser noch auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs warten – als Alternative bleibt die Werbung mit Sonderangeboten
1. Die Spielregeln
Der Preis einer Ware ist das zentrale Verkaufsargument. Der Grundsatz der Preiswahrheit spielte daher von Anfang an im Wettbewerbsrecht eine große Rolle. Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist ausdrücklich eine Regelung zum Verbot der Irreführung über die Preisbemessung enthalten. Danach handelt unlauter, wer irreführende Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, trifft (§ 5 Absatz 1 Nr. 2 UWG). Während diese Vorschrift die Preiswahrheit gewährleisten soll, dient die Preisangabenverordnung der Preisklarheit. Die Preisangabenverordnung setzt zum Beispiel fest, dass derjenige, der mit Preisen wirbt, den Endpreis inklusive aller Preisbestandteile angeben muss.
Die aktuell ergangenen Urteile zu einer Preiswerbung mit einem sogenannten Apothekenverkaufspreis geben Anlass, die verschiedenen Möglichkeiten der Preiswerbung im Apothekenbereich darzustellen.
2. Das schlagende Verkaufsargument: der durchgestrichene Preis
Meist wird ein niedriger Preis einem höheren, durchgestrichenen Preis gegenübergestellt. Ein Er-sparnisbetrag wird in Prozenten oder als Euro-Betrag hervorgehoben. Zunächst: Preisgegenüberstellungen sind grundsätzlich zulässig. Sie bergen aber, wie die folgenden Ausführungen zeigen, ein erhebliches Irreführungspotenzial.
a) Werbung mit dem Preis der Mitbewerber
§ 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG sieht ausdrücklich einen Preisvergleich vor. Es ist also durchaus möglich, zu einem bestimmten Stichtag die eigenen Preise mit denen der Konkurrenz zu vergleichen. Dabei darf nicht nur der Name des Mitbewerbers ausdrücklich genannt werden, er muss es sogar. Denn ein Preisvergleich, der den Mitbewerber nicht nennt, kann von Verbrauchern nicht nachvollzogen werden. Dass diese Methode der Preiswerbung zwar theoretisch möglich ist, praktisch aber kaum angewendet wird, verwundert nicht, macht man sich mit derartigen Vergleichen schließlich keine Freunde bei der Konkurrenz und läuft zudem Gefahr, dass die eigenen Werbemaßnahmen ebenfalls kritisch unter die Lupe genommen werden.
b) Auch der eigene Preis kann werbewirksam sein
Sehr viel werbewirksamer ist deshalb die Preisgegenüberstellung mit einem eigenen, zuvor geforder-ten Preis. Zulässig wäre es also, seinen alten, höheren Preis durchzustreichen und daneben einen neuen, niedrigen Preis anzusetzen. Der alte Preis muss entsprechend gekennzeichnet werden, etwa mit „bisher bei uns“ oder „unser früherer Preis“. Auch der Hinweis „statt 5,99 Euro jetzt nur noch 4,99 Euro“ dürfte entgegen früherer Rechtsprechung dem Durchschnittsverbraucher verdeutlichen, dass es sich bei dem „statt-Preis“ um den früheren Preis des Werbenden handelt.
Selbstverständlich muss der frühere Preis zuvor ernsthaft und über eine angemessene Zeit gefordert worden sein. Die Rechtsprechung ist bei der Frage der Angemessenheit keine große Hilfe, da sie sich immer nur mit dem Einzelfall befasst, aber keine allgemeingültigen Kriterien aufstellt. Wer aber für ein diätetisches Lebensmittel zwei Tage lang einen „Mondpreis“ ansetzt, um dann umso werbewirksamer mit einer Preisherabsetzung zu werben, dürfte gegen das Irreführungsverbot verstoßen.
c) Die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung
Einer der Klassiker der preisgegenüberstellenden Werbung ist die Bezugnahme auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Wenn der Hersteller eine solche Preisempfehlung ausgesprochen hat, ist es problemlos möglich, diese zu unterschreiten und damit auch zu werben. Dabei reicht die Bezeichnung „UVP“ aus, denn der Bundesgerichtshof hat die Auffassung vertreten, dass der Verbraucher die Abkürzung zutreffend als „unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers“ versteht.
Die Bezugnahme auf die Herstellerpreisempfehlung war bereits häufig Gegenstand von Wettbewerbsstreitigkeiten. Der Bundesgerichtshof hat immer wieder betont, dass der Verbraucher bei einem unverbindlich empfohlenen Preis davon ausgeht, dass es sich um einen vom Hersteller aufgrund ernsthafter Kalkulation ermittelten, angemessenen Verbraucherpreis handelt. Die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung soll die ernstliche Preisvorstellung des Herstellers wiedergeben.
Irreführend handelt, wer eine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung angibt, obwohl es diese nicht (mehr) gibt. Auch unklare oder unbestimmte Bezugnahmen auf den empfohlenen Preis sind im Allgemeinen unzulässig. So sollte die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung nicht als Listenpreis oder Richtpreis oder ähnlich bezeichnet werden.
Der in Bezug genommene Preis darf nicht mehrdeutig sein. So ist es unzulässig, die durchgestriche-nen Preise mit einem Sternchen zu kennzeichnen, das jeweils am Ende der Seite aufgelöst wird mit „Durchgestrichene Preise sind entweder der Apothekenverkaufspreis oder die UVP des Herstellers“.
Ebenfalls unzulässig (und in der Praxis tatsächlich schon vorgekommen) ist der erläuternde Hinweis „Gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP = unser vorheriger Preis)“ In diesem Fall ist einiges durcheinandergeworfen worden!
d) Werbung mit dem Apothekenverkaufspreis
Viele pharmazeutische Unternehmen sprechen keine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung mehr aus. Die Werbung mit einem zuvor geforderten eigenen Preis ist mühselig oder gar praktisch kaum umsetzbar, wenn eine Werbeagentur die Werbung für eine Vielzahl von Apothekern gestaltet. Als (vermeintlicher) Ausweg bietet sich hier eine Werbung mit dem Apothekenverkaufspreis an. Dies ist der Preis, den der pharmazeutische Hersteller nach § 78 Abs. 3 AMG für den Fall hinterlegen muss, dass die Krankenkasse ausnahmsweise ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel erstattet. Doch handelt es sich hier wirklich um die Lösung aller Probleme? Eine Werbung mit dem „AVP“ birgt nicht unerhebliche Risiken:
Eine Werbung mit dem „AVP“ – gleichgültig, ob er erläutert wird oder nicht – kann leicht mit der „UVP“, also der klassischen Herstellerpreisempfehlung, verwechselt werden. Der Verbraucher wird in vielen Fällen seine Vorstellung, die von den Gepflogenheiten im Einzelhandel geprägt ist, auf den Apothekenbereich übertragen und glauben, es handele sich um eine für den Arzneimittelbereich ausgesprochene Preisempfehlung der Hersteller.
Bei dem Apothekenverkaufspreis handelt es sich aber anders als bei der unverbindlichen Hersteller-preisempfehlung nicht um einen Verbraucherpreis. Während der UVP eine freiwillige Kalkulation des Herstellers hinsichtlich des Endverbraucherpreises zugrunde liegt, muss der pharmazeutische Unternehmer den Apothekenverkaufspreis in der Lauer-Taxe hinterlegen. Die Erläuterung des „AVP“ als „Unverbindliche Apothekenverkaufspreismeldung des Herstellers an die IFA GmbH.“ ist bereits inhaltlich unzutreffend, denn der Preis nach § 78 Abs. 3 AMG ist für die Abrechnung mit den Krankenkassen verbindlich. Für den Verbraucher ist er – anders als eine Herstellerpreisempfehlung – ohne Relevanz.
Die Gefahr der Irreführung kann üblicherweise durch die entsprechenden Erklärungen aus der Welt geräumt werden. Aber auch dies ist beim „AVP“ schwierig, denn wie will man dem Verbraucher, der von den Grundzügen des Arzneimittelpreisrechts keine Vorstellung hat, der meist noch nicht einmal den Unterschied zwischen RX- und OTC-Produkten kennt, den Apothekenverkaufspreis erläutern?
e) erste Entscheidungen
Mittlerweile gibt es erste Entscheidungen zu Werbung mit dem „AVP“ in all seinen Varianten. Der überwiegende Teil der Gerichte hält die Preisauszeichnung für irreführend, weil der „AVP“ mit einer unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung verwechselt werden könne. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt in einer aktuellen Entscheidung dem Apotheker die konkrete Werbung mit dem „AVP“ untersagt, was in diesem Fall aber auch leicht fiel, hatte dieser doch selbst in seiner Werbung den Preis mit der „UVP“ gleichgesetzt (Urteil vom 20.03.2014, 6 U 237/12). Selbst eine ausführliche Erläuterung des „AVP“ auf einer Unterseite im Internetauftritt überzeugte das Kammergericht nicht, da die Richter bezweifelten, ob der Verbraucher überhaupt Anlass habe, die Erläuterungen aufzurufen (Kammergericht, Urteil vom 17.01.2014, 5 U 89/13). Das Oberlandesgericht Stuttgart untersagte einem Apotheker, mit „bisherigem Preis nach ABDA“ zu werben, da der Kunde irrig davon ausgehe, dabei handele es sich um einen bisherigen Fest- oder Lieferpreis, den er am Markt bislang habe zahlen müssen.
Festzuhalten bleibt, dass die Entscheidungen einerseits betonen, dass es sich bei dem Apotheken-verkaufspreis im Gegensatz zur unverbindlichen Preisempfehlung nicht um einen verbraucherrelevanten Bezugspreis handelt. Andererseits weisen die Richter darauf hin, dass es nicht generell verboten sei, mit dem Preis zu werben, solange er hinreichend erläutert wird. Damit stellen sich eher weitere Fragen: Kann ein für den Verbraucher nicht maßgeblicher Preis tatsächlich als Bezugspreis dienen? Und – mit Blick auf die Entscheidung des Kammergerichts – wie genau muss der „AVP“ erläutert werden? Solange der Bundesgerichtshof zu dem Problem nicht das letzte Wort gesprochen hat, ist zunächst zur Zurückhaltung zu raten.
3. Werbung mit Sonderangeboten
In kaum einer Branche hält sich so hartnäckig die Vorstellung, man müsse mit Preisgegenüberstellun-gen werben, wie im Apothekenbereich. Das führt so weit, dass bei der Wettbewerbszentrale regelmä-ßig Beschwerden eingehen, in denen sich Apotheker über Anzeigen der Konkurrenz wegen fehlender Bezugspreise beklagen. Preisgegenüberstellungen kommen der „Schnäppchen-Mentalität“ der Verbraucher entgegen. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, auf die Preisgünstigkeit des eigenen Sortiments hinzuweisen.
Möglich ist es zum Beispiel, in einem monatlich erscheinenden Prospekt die „Angebote des Monats“ zu bewerben und darauf hinzuweisen, dass diese Produkte innerhalb eines bestimmten Zeitraumes besonders günstig sind. Geht man wie die Gerichte vom mündigen Verbraucher aus, so ist es für diesen ohne großen Aufwand zumutbar, die „Angebote des Monats“ auf ihre Preisgünstigkeit hin zu untersuchen. Im Zeitalter des Internets und der Preissuchmaschinen bedarf es dazu keines Bezugspreises.
Auch die Rabattierung des eigenen Preises oder einer ganzen Warengruppe ist möglich, etwa „10% auf alle Erkältungsmittel“ oder „Diesen Monat Produkt X 20% reduziert“, vorausgesetzt natürlich, die Angaben treffen auch inhaltlich zu. Dies kann auch mit einem bestimmten Anlass verknüpft werden, etwa mit dem fünfjährigen Bestehen der Apotheke, zu dem Rabatte von 5% auf bestimmte Artikel gewährt werden. Es versteht sich von selbst, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel davon ausgenommen sind und darauf eventuell auch deutlich hingewiesen werden muss.
Fazit
Als Fazit ist festzuhalten: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, auf günstige Preise oder Preisreduzierungen hinzuweisen. Immer sind dabei die Gebote der Preiswahrheit und Preisklarheit zu beachten. Die risikoreichste Variante ist derzeit die Gegenüberstellung des eigenen Preises mit dem „AVP“, ob abgekürzt oder mit Erläuterungen. Hier wird man eine endgültige Klärung durch die Rechtsprechung abwarten müssen.
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