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Fortbildung
Klinische Pharmazie und pharmazeutische Betreuung – aber wie?
Momentan können drei Fortbildungsangebote unterschieden werden, die alle auf verschiedenen Konzepten basieren. Grundsätzlich wird überall versucht, die gleichen Inhalte in unterschiedlichem Ausmaß abzudecken. Dazu gehören neben dem "Campus Pharmazie"-Konzept der "Medikationsmanager BA KlinPharm" sowie der Zertifikatskurs "Clinical Pharmacy".
Campus Pharmazie
Das Konzept des "Campus Pharmazie" geht auf das Engagement von Prof. Dorothee Dartsch, ehemalige Juniorprofessorin für Klinische Pharmazie an der Universität Hamburg, zurück. Es unterscheidet sich von anderen Angeboten vor allem dadurch, dass es während der gesamten Kursdauer auf obligatorische Präsenzveranstaltungen verzichtet: Ob Einzel- oder Teamaufgaben, ob Diskussion oder anschließende Multiple-Choice-Prüfung – alles findet online über eine Lernplattform statt, über die Kursteilnehmer und Betreuer vernetzt sind. Der große Leitgedanke dahinter ist die Idee der Vereinbarkeit, die es jedem Apotheker ermöglichen soll, sich von überall in Klinischer Pharmazie fortzubilden und trotzdem den eigenen beruflichen und privaten Alltag weiterzuverfolgen. Jedes Seminar deckt ein anderes Schwerpunktthema ab, wobei die Seminare untereinander frei kombiniert werden können. So kann man sich aus verschiedenen Themen wie z. B. angewandte Pharmakokinetik oder Laborparameter diejenigen heraussuchen, die für den eigenen Alltag von besonderer Bedeutung sind. Module zu speziellen Indikationsgebieten wie z. B. bakteriellen Infektionen, rheumatoiden Erkrankungen oder Schmerztherapie befinden sich gerade in Planung.
Obwohl durch das reine e-Learning-Konzept zusätzliche Kosten für Anreise und Unterkunft, die im Rahmen von Präsenzveranstaltungen zwangsläufig entstehen, entfallen, muss für jedes der Seminare ein Betrag von 980 Euro aufgebracht werden. Möchte man sich die Skripte außerdem ausdrucken, trägt man hierfür selbst die Kosten. Die verschiedenen Förderungsmöglichkeiten von Bund und Ländern, auf die verwiesen wird, werden für einen großen Teil der arbeitenden Apotheker nicht infrage kommen, da sie sich vor allem an junge oder schlecht ausgebildete Arbeitnehmer richten. Auch tragen die Förderungen nur einen Teil der Kosten, sodass man pro Seminar mit einem Selbstanteil von mehreren hundert Euro rechnen muss. Jedes Seminar läuft über einen Zeitraum von maximal vier Wochen, wobei Start- und Enddatum vorgegeben werden. Pro Woche ist mit einem zusätzlichen Zeitaufwand von etwa acht Stunden zu rechnen. Diese können zwar frei eingeteilt werden, da aber die Teilnahme an Forumsdiskussionen Bestandteil des Seminars ist, sollte alle drei, besser alle zwei Tage ein Blick in die Lernplattform erfolgen. Maximal 25 Punkte können pro Seminar im Rahmen des Fortbildungszertifikates der Kammern geltend gemacht werden. Unter www.campus-pharmazie.de können Kursaufbau und Inhalte detailliert nachgelesen werden.
CAMPUS PHARMAZIE
Bewertung auf einen BlickKosten: Der Preis von 980 Euro für etwa 32 Stunden Seminar (nach Angaben der Organisatoren maximal vier Wochen pro Thema, Zeitbedarf etwa acht Stunden pro Woche, d. h. 4 x 8 Stunden = 32 Stunden) ist relativ hoch. Dafür entfallen Reisekosten für Präsenzveranstaltungen. Nachteilig ist, dass man für eine umfassende und breit gefächerte Fortbildung mehrere Seminare besuchen muss, sofern man nicht bereits Kenntnisse in den einzelnen Themengebieten besitzt oder gezielt einzelne Bereiche auffrischen will. So können die genannten 980 Euro lediglich eine untere Grenze darstellen. Wer nicht gerne am Computerbildschirm lernt sondern lieber ein ausgedrucktes Skript in den Händen hält, muss die Kosten hierfür ebenfalls selbst tragen. Zeitaufwand: Acht Stunden pro Woche bedeuten für einen arbeitenden Apotheker einen ganzen zusätzlichen Arbeitstag pro Woche mehr. Zwar kann die Zeit selbst eingeteilt werden, aber die Belastung sollte deswegen – insbesondere wenn man sich nicht nur um den Beruf sondern auch noch um die Familie kümmern will – nicht unterschätzt werden. Positiv ist, dass man durch die Vorgabe eines Start- und Enddatums zum zeitlichen Selbstmanagement gezwungen wird, ebenso durch die Notwendigkeit, alle zwei bis drei Tage die Lernplattform zu besuchen. Für die Kursdauer von maximal vier Wochen ist auch ein solcher "Ausnahmezustand", der durch den zusätzlichen Arbeitstag entsteht, noch zu verkraften. Allerdings muss bedacht werden, dass es nicht bei einmaligen vier Wochen bleibt, wenn man sich umfassende Kenntnisse aneignen will, da jedes Seminar den Fokus auf ein einzelnes, spezielles Thema richtet. Gesamteindruck: Wen die Kosten nicht abschrecken und wer bereit ist, die zusätzliche Zeit zu investieren, für den scheint das Konzept des "Campus Pharmazie" gut geeignet. Da man sich vier Wochen lang nur mit einem Thema beschäftigt, sollte dieses Wissen dann umso nachhaltiger hängen bleiben. Rabatte beim Buchen mehrerer Kurse sind ebenfalls möglich. Auch wer sich gezieltes Wissen zu einer speziellen Thematik aneignen will, ist hier richtig. |
Medikationsmanager BA KlinPharm
Diese Weiterbildung wird von der Bayerischen Akademie für Klinische Pharmazie (BA KlinPharm) als Aufbaumodul zur Weiterbildung "Geriatrische Pharmazie" angeboten. Auch hier steht ein virtuelles Erarbeiten der Inhalte im Vordergrund, über die Lernplattform findet ebenfalls ein Austausch mit einem Moderator statt. Neben sogenannten "asynchronen Lerneinheiten", in welchen sich jeder Teilnehmer im Selbststudium die Inhalte aneignet, werden auch noch sogenannte "synchrone Lerneinheiten" angeboten, bei welchen im "virtuellen Klassenzimmer" gemeinsam Patientenfälle vorgestellt oder spezielle Aufgaben erarbeitet werden. Im Gegensatz zu "Campus Pharmazie" wird jedoch nicht ganz auf Präsenzveranstaltungen verzichtet: Insgesamt drei jeweils eintägige Veranstaltungen sind während der 15-monatigen Kursdauer vorgesehen. Durch dieses sogenannte "integrierte Lernen" soll einerseits ein intensives und andererseits ein möglichst flexibles Lernen ermöglicht werden. Nach jeder Lerneinheit findet mittels Multiple-Choice-Fragen außerdem eine Lernkontrolle statt. Insgesamt wird eine Stundenzahl von 197 Stunden geschätzt (inkl. der Zeit für das Selbststudium), das entspricht etwa vier Stunden zusätzlichem Zeitaufwand pro Woche. Die bayerischen Schulferien sind ebenfalls in das Kursprogramm eingeplant, sodass sich innerhalb der 15 Monate außerdem zwei Monate Pause ergeben.
Im Gegensatz zum "Campus Pharmazie", in welchem momentan eher Grundlagenseminare zu Laborparametern, Interaktionen oder zur Pharmakokinetik angeboten werden, wird in den insgesamt sieben Modulen des "Medikationsmanager BA KlinPharm" Wissen zu speziellen Indikationsgebieten wie beispielsweise kardiovaskuläre oder gastrointestinale Erkrankungen vermittelt. Der Preis pro Modul beträgt 350 Euro, für die gesamte Weiterbildung also 2450 Euro. Hinzu kommen die Fahrtkosten und gegebenenfalls Übernachtungskosten während der Präsenzveranstaltungen.
Eine genaue Übersicht über den "Medikationsmanager BA KlinPharm" findet sich hier:
www.ba-klinpharm.de/kurse/aufbaumodul/ 24-medikationsmanager-ba-klin-pharm.html.
MEDIKATIONSMANAGER BA KLINPHARM
Bewertung auf einen BlickKosten: Der Gesamtpreis von 2450 Euro für sieben Module ist im Vergleich zum "Campus Pharmazie"-Konzept eher gering, da hier bereits ein Modul 980 Euro kostet. Zu beachten ist jedoch, dass die Weiterbildung "Geriatrische Pharmazie" als Voraussetzung gilt. Wer also ein Medikationsmanager BA KlinPharm werden möchte, muss davor noch die Zeit und die Kosten für die Weiterbildung einplanen. Für die drei Präsenzveranstaltungen fallen außerdem zusätzliche Kosten für Anreise und gegebenenfalls Übernachtung an, falls man nicht am selben Tag an- und abreist. Zeitaufwand: Mit geschätzten vier Stunden pro Woche fällt der Zeitaufwand deutlich geringer aus als bei Campus Pharmazie. Allerdings muss dieser Aufwand kontinuierlich über 13 Monate hinweg erbracht werden (15 Monate abzüglich zwei Monate Pause). Während also Campus Pharmazie die Seminare "kurz und knackig" anbietet und beim Besuch mehrerer Seminare selbstgewählte Pausen eingeplant werden können, ist beim Medikationsmanager BA KlinPharm ein längerer Atem notwendig. Pausen während der bayerischen Schulferien steigern jedoch die Familienfreundlichkeit, zumindest für Teilnehmer aus Bayern. Gesamteindruck: Insgesamt ein gutes Konzept, sofern das entsprechende Vorwissen durch die Weiterbildung "Geriatrische Pharmazie" vorhanden ist. Das Konzept des e-Learning bringt auch hier die notwendige Flexibilität, die eine solche Weiterbildung für berufstätige Apotheker, auch mit Familie, benötigt. Statt auf kurze "Ausnahmezustände", wie bei Campus Pharmazie, setzt man hier auf langfristiges Lernen. Wenn man bedenkt, wie viel zum Teil einzelne Wochenendseminare im Rahmen der Weiterbildung zum Fachapotheker kosten (hierbei fallen i. d. R. noch Fahrt- und Übernachtungskosten an), erscheint im Vergleich dazu auch der Preis fair. |
Zertifikatskurs "Clinical Pharmacy"
Dieser Zertifikatskurs wird bereits seit 16 Jahren von der Universität Tübingen in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg sowie der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmazie einmal jährlich angeboten. Das ursprüngliche Konzept stammt aus England, wo die Klinische Pharmazie in Lehre und Berufsausübung schon länger Tradition hat. Im Gegensatz zu den beiden anderen Konzepten wird hier komplett auf Präsenzveranstaltungen gesetzt. Der Kurs setzt sich aus insgesamt zwei Teilen zusammen, einem Theorie- und einem Praxisteil. Im theoretischen Teil wird in Form von Seminaren notwendiges Grundlagenwissen zur Patientenbetreuung vermittelt. Zusätzlich werden aber auch spezielle Indikationsgebiete, wie etwa die Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen oder die Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten, besprochen. Der Theorieteil findet als Blockveranstaltung an insgesamt elf Kurstagen innerhalb von zwei Wochen jedes Jahr im September an der Universität Tübingen statt.
Im Anschluss an den Theorieteil findet zwischen Oktober und Dezember des gleichen Jahres der praktische Teil statt. Jedem Teilnehmer wird dabei ein Tutor zugeordnet. Dieser Tutor ist ein Krankenhausapotheker, der in seiner Klinik regelmäßig an Stationsvisiten teilnimmt und aktiv in die interdisziplinäre Stationsarbeit eingebunden ist. Der Kursteilnehmer verbringt dabei zwei Wochen an der Klinik des Tutors und muss in dieser Zeit u. a. Aufgaben zum therapeutischen Drug Monitoring, zu Interaktionen oder Laborparametern an konkreten Patientenbeispielen aus der Klinik erarbeiten. Kernstück des praktischen Teils bilden jedoch die drei SOAP-Analysen, die schriftlich bearbeitet und abgegeben werden müssen. Was eine SOAP-Analyse ist und wie sie erfolgen kann, zeigt die einmal im Monat erscheinende POP-Serie in der DAZ. Jede Aufgabe und jede SOAP wird anschließend mit dem Tutor besprochen. Zusätzlich muss innerhalb der zwei Wochen ein Patientenfall im Rahmen eines Vortrages vor anderen Apothekern und ggf. Ärzten vorgestellt werden, je nach Klinik und Patient. Im Anschluss an sowohl Theorie- als auch Praxisteil findet eine schriftliche Klausur statt. Wird diese bestanden, wird im Anschluss das Kurszertifikat verliehen.
Die Teilnahmegebühr für vier Wochen beträgt insgesamt 1000 Euro. Allerdings fallen die Zusatzkosten für Anreise und Übernachtung im Vergleich zu den anderen Konzepten besonders hoch aus, da es sich um reine Präsenzveranstaltungen handelt. Die Teilnahme an dem Kurs kann auch nur in Absprache mit dem Arbeitgeber erfolgen, da die reguläre Berufsausübung für vier Wochen unterbrochen wird. Ob hierbei eine Freistellung erfolgt oder Urlaubstage genommen werden müssen, hängt vom Arbeitgeber ab. Mit einem Zeitaufwand von vier Wochen ist es außerdem nicht getan. Sowohl die Nachbereitung des Theorieteils als auch die Vorbereitung auf den praktischen Teil sowie auf die Klausur nehmen zusätzliche Zeit in Anspruch. Das aktuelle Kursprogramm kann in allen Einzelheiten unter www.dgkpha.de im pdf-Format heruntergeladen werden.
ZERTIFIKATSKURS "CLINICAL PHARMACY"
Bewertung auf einen BlickKosten: Mit 1000 Euro fallen die Kursgebühren hier am geringsten aus, was auf Zuschüsse u. a. der ADKA zurückzuführen ist. Dafür müssen nicht unerhebliche Kosten für insgesamt vier Wochen Präsenzveranstaltung eingeplant werden sowie die Anreise zur Klausur, die ebenfalls in Tübingen stattfindet. Dafür erhält man alle Skripte in ausgedruckter Form. Auch eine Basisverpflegung mit Getränken und kleinem Frühstück ist während des Theorieteils inbegriffen. Zeitaufwand: Wer es schafft, sich für vier Wochen von Beruf und Familie freizuschaufeln, hat den Vorteil, sich während dieser Zeit intensiv mit den Inhalten auseinandersetzen zu können. Allerdings kann das Wissen nur dann nachhaltig angewendet werden, wenn auch darüber hinaus in Form eines selbstständigen Lernens eine Auseinandersetzung mit den Kursinhalten erfolgt. Für die Vorbereitung auf die Klausur muss außerdem jeder individuell seinen notwendigen zusätzlichen Zeitbedarf ermitteln. Da sehr viel Stoff in sehr kurzer Zeit vermittelt wird, ist der tatsächliche Zeitbedarf deutlich höher, hängt aber auch stark von den eigenen Vorkenntnissen ab und davon, wie viel Zeit man selbst investieren möchte. Ein organisiert begleitetes Lernen findet nicht statt, Seminarleiter und Tutoren sind jedoch erreichbar, sofern Fragen entstehen. Gesamteindruck: Von allen Konzepten ist es sicherlich dasjenige, das die meiste Selbstdisziplin erfordert, da bis auf die Präsenzveranstaltungen kein dauerhaft begleitetes Lernen stattfindet. Der Kurs kann mehr als Grundlage verstanden werden, der einem das Handwerkszeug in die Hände legt und einen ersten Baustein bildet. Der sehr intensive praktische Teil ist ein großer Vorteil, da man in direkten Kontakt mit den Ärzten und Pflegekräften kommt, Patientenfälle pharmazeutisch analysiert und das Wissen direkt in der Praxis erlernt. Da der praktische Teil im Krankenhaus stattfindet, nehmen vor allem Kollegen aus den Krankenhausapotheken an dem Kurs teil. Dennoch sind auch regelmäßig Apotheker aus der Offizin vertreten, da die Kursinhalte sowohl für den stationären als auch den ambulanten Bereich von Nutzen sind, auch wenn sämtliche Patientenbeispiele aus dem Krankenhaus stammen. Zwar sind die Reisekosten bei diesem Konzept am höchsten, doch durch die vergleichsweise geringe Kursgebühr liegt eine Teilnahme an dem Kurs insgesamt im preislichen Mittelfeld. |
Resümee
Allen drei Angeboten ist gemeinsam, dass sie versuchen, möglichst breites Wissen zu vermitteln, das im Rahmen der Patientenbetreuung genutzt werden kann. Dabei wird Grundlagenwissen mit speziellen Indikationskenntnissen verknüpft.
Auch wenn das Konzept des e-Learning, das sowohl bei Campus Pharmazie als auch beim "Medikationsmanager BA KlinPharm" im Mittelpunkt steht, für viele zu Beginn noch etwas gewöhnungsbedürftig ist – spätestens wenn man beim nächsten Regenschauer gemütlich zu Hause in Jogginghose auch abends noch, ohne das Haus verlassen zu müssen, Online-Seminare besuchen kann, wird man den Vorteil schnell zu schätzen lernen. Dafür bieten Präsenzveranstaltungen wiederum den nötigen Rahmen, auch über die Kursinhalte hinaus ins Gespräch zu kommen und sich über den gegenseitigen Arbeitsalltag auszutauschen. Ein "wie machen das eigentlich die anderen?" kann hierbei auch über die Themen des Kurses hinaus wertvollen Input für die eigene Arbeit liefern.
Welches Konzept einem dabei am meisten zusagt, muss jeder selbst entscheiden. Dabei spielt neben dem Zeitfaktor auch der Kostenaspekt eine große Rolle. Will man jedoch in seinem Arbeitsalltag, sowohl in der öffentlichen Apotheke als auch in der Krankenhausapotheke, Ärzten und Patienten beratend zur Seite stehen und im Rahmen der pharmazeutischen Betreuung tätig werden, wird man um eine zusätzliche Fort- bzw. Weiterbildung kaum herumkommen. Das gilt sowohl für die junge Generation, die das fünfte Prüfungsfach Klinische Pharmazie erlebt hat, als auch für die bereits seit Jahren fest im Berufsleben verankerten Kollegen. In jedem Fall bedeutet die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung eine intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten, was sich fast automatisch auf den Berufsalltag auswirkt. Denn nur wer mehr weiß, kann auch intensiver und differenzierter beraten und Therapieempfehlungen einschätzen. Und nur wer mehr weiß, dem fallen an den eigenen Patienten neue Aspekte auf, der kann bei der Abgabe eines Arzneimittels gezielter nachfragen und ist sicherer im Umgang mit Ärzten, Patienten oder Angehörigen.
Gerade das recht neue Konzept des "Medikationsmanager BA KlinPharm" zeigt, dass eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie das Fachwissen für das Medikationsmanagement erlangt werden kann, begonnen hat. Bislang finden sich vereinzelt Aspekte der Klinischen Pharmazie am ehesten in den Weiterbildungen "Allgemeinpharmazie" und "Klinische Pharmazie", wobei die Letztere nur Krankenhausapothekern vorbehalten ist und richtigerweise die Bezeichnung "Krankenhauspharmazie" tragen müsste.
Ob noch weitere Konzepte folgen und ob die Apothekerkammern langfristig ein einheitliches Angebot erarbeiten, mit welchem allen Apothekern ein gleiches Basiswissen zur pharmazeutischen Betreuung oder zur neuen Aufgabe Medikationsmanagement vermittelt werden soll, und ob irgendwann auch das Pharmaziestudium an die neuen Bedürfnisse angepasst wird – das alles sind derzeit noch offene Fragen. Es bleibt also auch in Zukunft spannend.
Monika Alter, Studium der Pharmazie von 2005 bis 2010 an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Praktisches Jahr am Shands Hospital at the University of Florida, Gainesville, Florida, USA von November 2010 bis Mai 2011, Approbation zur Apothekerin im Juli 2011, seit September 2011 Apothekerin am Städtischen Klinikum München GmbH, Krankenhausapotheke Schwabing, seit Januar 2012 Klinik-Promotion am Städtischen Klinikum München.
Städtisches Klinikum München GmbH, Krankenhausapotheke Schwabing, Kölner Platz 1, 80804 München
Eine ganze Menge tut sich auf dem Markt der Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Klinischen Pharmazie. Wie wir uns als Apotheker inhaltlich und fachlich unserer neuen und sehr verantwortungsvollen Aufgabe Medikationsmanagement stellen wollen, ist bislang nicht ganz klar. Ein einheitliches Konzept der Apothekerkammern sucht man dabei – fast ein Jahr, nachdem die Inhalte der neuen Apothekenbetriebsordnung bekannt sind – vergeblich.
Die aktuelle Fort- und Weiterbildungslandschaft zeigt ein Bild verschiedener Anbieter und Möglichkeiten: von Präsenzkursen bis hin zu Online-Seminaren, von einigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten ist alles dabei. Zwar sind die Inhalte ähnlich, doch gehen die aktuellen Angebote unterschiedlich stark auf diese ein.
Gemeinsamkeiten gibt es dennoch: Egal für welches Angebot man sich entscheidet, es ist immer auch eine finanzielle und irgendwo ganz private Entscheidung. Teilnahmegebühren von mehreren hundert bis tausenden Euro sowie zusätzliche Kosten für Anreise und Unterkunft bei Präsenzveranstaltungen können gerade für junge Berufseinsteiger ein Hindernis darstellen. Nicht jeder kann dabei auf einen Zuschuss des Arbeitgebers oder ein Stipendium hoffen. Auch gibt zu denken, dass gerade in einem Beruf, der sich zu Recht damit rühmt, besonders familienfreundlich zu sein und in dem besonders viele Frauen beschäftigt sind, je nach Kurs über Wochen und Monate hinweg ein zusätzliches Arbeitspensum von bis zu acht Stunden pro Woche erforderlich ist. Besonders für Frauen mit Kindern dürfte bei diesen Aussichten der Begriff der "Work-Life-Balance" eine einseitige Auslegung bekommen, sofern man sich unter diesen Voraussetzungen überhaupt für eine solche Fortbildung entschließt. Und findet eine Präsenzveranstaltung an Arbeitstagen statt, wird oft diskutiert, ob eine Freistellung möglich ist oder Urlaubstage genommen werden müssen. So gern viele Apothekenleiter auf kompetentes Personal setzen, nicht jeder ist bereit, einen wichtigen Mitarbeiter für mehrere Tage oder sogar Wochen, zusätzlich zum regulären Urlaubsanspruch, zu entbehren.
Es frustriert ein wenig, dass man nach einem mehrjährigen Studium, in dem Zehn-Stunden-Tage zum Alltag gehören und monatelange Staatsexamensvorbereitungen die Regel sind, mit dem Gefühl "da fehlt doch was!" approbiert wird. Und es frustriert auch, dass man trotz des Studiums an seinem ersten Arbeitstag quasi bei Null anfangen muss, um den Arzneistoff nicht nur aus Sicht des Wissenschaftlers, sondern auch und gerade aus Sicht des Patienten zu verstehen. Dabei ist das doch bereits jetzt schon unser Alltag, auch ohne Medikationsmanagement. Und nicht wenige sehen sich an ihrem ersten Arbeitstag überhaupt das erste Mal mit einem Patienten konfrontiert. Auch die Einführung der Klinischen Pharmazie als fünftes Prüfungsfach konnte daran bislang nicht viel ändern.
Auch wenn das mancher nicht einzusehen vermag: Nach wie vor werden die meisten Pharmaziestudenten, egal ob "nur" mit Staatsexamen oder mit zusätzlicher Promotion, in einer Apotheke berufstätig, in der sie wichtiger Teil der Arzneimittelversorgung unserer Patienten sind. Ob Krankenhausapotheke oder öffentliche Apotheke, spielt dabei keine Rolle. Und weder den Patienten noch den Arzt interessiert, wie die Blutdrucktablette auf Reinheit oder Gehalt hin analytisch untersucht werden kann oder wie der enthaltene Arzneistoff synthetisiert wird. Nein, den Patienten interessiert vor allem, ob diese Tablette für ihn geeignet ist, sein therapeutisches Ziel zu erreichen, während der Arzt unter Umständen Rat zu den therapeutischen Alternativen sucht. Auch das praktische Jahr, das nicht zuletzt vom Engagement der ausbildenden Kollegen abhängt, kann diese Lücke zwischen gelehrtem und tatsächlich notwendigem Wissen nicht schließen.
Was also bleibt, ist, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Doch wie lange kann ein System, das darauf vertraut, dass der Einzelne sich aus eigenem Willen und mit eigenen Mitteln fort- und weiterbildet, aufgrund der immer komplexer werdenden Aufgaben noch bestehen? Die Inhalte der aktuellen Kursangebote sind vor allem eines: notwendiges Basiswissen, das wir bei der täglichen Patientenbetreuung dringend brauchen, auch jetzt schon! Und dieses Grundlagenwissen zur Versorgung unserer Patienten gehört ins Studium und nicht in die Fort- bzw. Weiterbildung. Dort sollte Platz sein, Schwerpunkte in der eigenen Arbeit zu setzen und eigene Interessen zu vertiefen. Dabei geht es nicht darum, jeden zu einem Experten im Bereich der Klinischen Pharmazie oder des Medikationsmanagements zu machen. Aber man sollte in der Lage sein, zu erkennen, wann und in welcher Form ein Patient von einer pharmazeutischen Betreuung profitieren kann und wie die Therapie unserer Stammkunden und Patienten begleitet werden kann – auch wenn man die konkrete Durchführung und Bewertung unter Umständen einem spezialisierten Kollegen überlässt.
Man liest diese Tage viel davon, dass in Zukunft der Apotheker in seiner Rolle als Heilberufler gestärkt werden soll. Dazu gehört in meinen Augen aber auch eine offene und ehrliche Debatte darüber, wie wir unser Studium, das das Bild des Apothekers sowohl nach innen als auch nach außen prägt und mitbestimmt, wie andere Berufsgruppen, Politiker und unsere Patienten uns wahrnehmen, an die aktuellen Bedürfnisse angepasst werden kann. Denn momentan sind wir nach vier Jahren Studium vor allem eins: Naturwissenschaftler, und nicht Heilberufler.
Apothekerin Monika Alter
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