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- DAZ 43/2013
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Arzneimittel und Therapie
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Hoffnung bei pulmonaler Hypertonie
Bei der pulmonalen Hypertonie (PH) handelt es sich um ein seltenes Krankheitsbild mit noch erheblichem Bedarf für therapeutische Fortschritte. Die Zahl der Patienten wird in Deutschland auf 1300 bis 4200 geschätzt. Die Prognose der Patienten ist sehr limitiert, da eine kausale Therapie in aller Regel nicht möglich ist.
Mangelnde Therapieoptionen, limitierte Prognose
Kennzeichen der pulmonalen Hypertonie ist eine Druck- und Widerstandserhöhung in der pulmonalen Strombahn mit einem mittleren pulmonal-arteriellen Druck (mPAP) von ≥ 25 mmHg in Ruhe. Es kommt dadurch zu einer rechtsventrikulären Hypertrophie und zur Rechtsherzinsuffizienz, an der die Patienten in aller Regel innerhalb weniger Jahre nach Diagnosestellung versterben. Typische Symptome sind eine Belastungsdyspnoe, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Thoraxschmerzen, Ödeme sowie Synkopen. Diagnostisch zu fassen ist die PH durch eine Rechtsherz-Katheteruntersuchung mit Druckmessung im rechten Herzen und in den Lungenarterien.
Es werden fünf verschiedene Krankheitsformen differenziert: Die idiopathische PH, die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH), eine PH infolge einer Linksherz-Erkrankung, eine PH infolge von Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie sowie die chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH), bei der fibrotisch umgebaute Blutgerinnsel in den Lungengefäßen zu einer chronischen Drucksteigerung auch in nicht unmittelbar betroffenen Lungenarterien führen.
Vasokonstriktion und vaskuläres Remodelling
Der PH liegt dabei eine endotheliale Dysfunktion zugrunde mit deutlich eingeschränkter Bildung des endogenen Vasodilatators Stickstoffmonoxid (NO). Es resultiert eine Vasokonstriktion, die ein vaskuläres Remodelling mit Proliferation der glatten Muskulatur in der Pulmonalarterie nach sich zieht und damit eine progressive Verengung der Gefäße mit Druckanstieg.
Bei der CTEPH ist in bestimmten Fällen durch eine Endarteriektomie ein praktisch kausaler Therapieansatz möglich. Behandlungsoptionen gibt es ferner bei der PAH, bei der Prostazyklinanaloga, Bosentan sowie Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Inhibitoren) zum Einsatz kommen.
Direkter Stimulator der löslichen Guanylatcyclase
Mit dem Wirkstoff Riociguat dürfte bald eine weitere Therapiemöglichkeit verfügbar werden, wie bei dem von Bayer HealthCare unterstützten Symposium „sGC stimulation, an new approach in the treatment of pulmonary hypertension“ anlässlich der Jahrestagung der European Respiratory Society (ERS) in Barcelona deutlich wurde. Es handelt sich um einen direkten Stimulator der sGC, ein Enzym, das die Bildung von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) katalysiert und so die Bildung von NO stimuliert. Riociguat greift damit direkt in die pathophysiologischen Prozesse bei der pulmonalen Hypertonie ein. Die Substanz ist laut Prof. Dr. Ardeschir Ghofrani, Gießen/Marburg, als einziger bislang bekannter Wirkstoff bei mehreren Krankheitsformen der pulmonalen Hypertonie – bei der PAH und auch der CTEPH – wirksam.
Verlängerte Sechs-Minuten-Gehstrecke bei CTEPH und PAH
Das belegen die beiden Phase-III-Studien CHEST-1 und CHEST-2 (Chronic Thromboembolic Pulmonary Hypertension sGC-Stimulator Trial) bei Patienten mit CTEPH [1, 2]. Bei der CHEST-1-Studie handelt es sich um eine doppelblind randomisierte, placebokontrollierte Studie bei 261 Patienten mit nicht operabler CTEPH, die mit Riociguat behandelt wurden. Die CHEST-2-Studie stellt die Extensionsphase der CHEST-1-Studie dar.
Es zeigte sich eine signifikante Zunahme der körperlichen Belastbarkeit unter Riociguat gemessen anhand der Sechs-Minuten-Gehstrecke (primärer Endpunkt). Auch weitere Krankheitsparameter besserten sich, und die Patienten gaben eine deutlich verbesserte Lebensqualität an.
Bei der PAH sind ebenfalls signifikante Therapieerfolge in Studien dokumentiert, wie Dr. Nazzareno Galiè aus Bologna darlegte. So wurde in der doppelblinden PATENT-1-Studie (Pulmonary Arterial hyperTENsion sGC-stimulator Trial) bei 443 teils therapienaiven, teils vorbehandelten Patienten mit symptomatischer PAH im Verlauf von zwölf Wochen ebenfalls eine signifikante Steigerung der Sechs-Minuten-Gehstrecke sowie weiterer Prüfparameter registriert [3].
Die Patienten gaben durchweg eine Zunahme der Lebensqualität an, und bei 21% war der klinische Effekt so ausgeprägt, dass er zu einer Besserung um eine Funktionsklasse führte. Bei weiteren 76% der Patienten wurde eine Stabilisierung des funktionellen Status erwirkt. Mit der PATENT-2-Studie schloss sich auch bei der PAH eine offene Extensionsphase an, in der sich die beobachteten günstigen Therapieeffekte laut Galiè weiter fortsetzten [4]. Es wurde eine weitere Zunahme der Belastungskapazität gesehen und bei insgesamt 36% der Patienten eine Verbesserung der Klinik um eine Funktionsklasse erwirkt.
Quelle
[1] Ghofrani HA et al. Riociguat for the treatment of chronic thromboembolic pulmonary hypertension. N Engl J Med 2013; 369: 319–329.
[2] Simonneau G et al., Poster beim 5th World Symposium on PH, Nizza 2013
[3] Ghofrani HA et al. Riociguat for the treatment of pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2013; 369: 330–340.
[4] Ruben I et al., ATS-Kongress 2013, Oral Presentation.
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