Wirtschaft

Verluste begrenzen

Analyse zur Wirtschaftlichkeit der Rezeptur bei Einsatz eines Laborprogramms

Von Thomas Müller-Bohn | Die Rezeptur gilt schon lange als weitgehend unrentable Gemeinwohlpflicht für Apotheken. Mit den im vorigen Jahr erhöhten Anforderungen stiegen auch die Kosten der Rezeptur, was die Apotheken zwingt, diese Arbeit und besonders die neuen Dokumentationstätigkeiten möglichst strukturiert und kostengünstig zu organisieren. Eine Analyse der wesentlichen Kosteneinflussfaktoren zeigt, dass der Einsatz eines Laborprogramms wirtschaftliche Vorteile bringt, weil es Teilfunktionen der Rezepturtätigkeit effektiv verknüpft.
Screenshot aus dem „Laborprogramm für Apotheken“ von Dr. Hans Lennartz.

Die durch die neue Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorgeschriebene Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) erfordert ohnehin in vielen Apotheken organisatorische Umstellungen und bietet daher einen idealen Anlass, auch in der Rezeptur neue Organisationsformen einzuführen.

Verluste durch Rezeptur

In einer früheren Arbeit des Verfassers wurde der betriebswirtschaftliche Verlust, der durch die Rezepturtätigkeit in den Apotheken in Deutschland entsteht, auf etwa 145 Millionen € pro Jahr beziffert. Bei der Verteilung auf die Apotheken ergaben sich deutliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Anzahl der Rezepturen. In einer typisierenden Betrachtung wurden mit etwa 8700 € pro Jahr und Apotheke die höchsten Fehlbeträge in Apotheken mit durchschnittlicher Herstellungstätigkeit ermittelt [1]. Denn Apotheken mit sehr hohem Rezepturaufkommen profitieren von Skaleneffekten, während weniger Rezepturen geringere Verluste bringen.

Diese Berechnungen beruhten auf den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Jahres 2004 und sind damit nur noch als grobe Orientierung zu verwenden. Denn inzwischen wurden die Tarifgehälter erhöht und die novellierte ApBetrO hat zu höheren Kosten geführt. Außerdem kann sich der Umfang der Rezepturtätigkeit verändert haben.

Arbeitskosten

In der damaligen Arbeit wurden für eine PTA im dritten bis fünften Berufsjahr mit 38,5 Wochenstunden Arbeitszeit, 13 Monatsgehältern, realistischen Ausfallzeiten und einer damals verbreiteten Bezahlung von 10 Prozent über dem Tarifgehalt Arbeitskosten von 16,83 € pro Stunde einschließlich Lohnnebenkosten angesetzt [1]. Ausgehend vom neuen Tarifvertrag für die Zeit vom Juli 2013 bis Juni 2014 [2], ergeben sich bei tariflicher Bezahlung und 40 Wochenstunden Arbeitszeit nun Arbeitskosten von 18,17 € pro Stunde einschließlich Lohnnebenkosten. Für eine Approbierte im sechsten bis zehnten Berufsjahr betragen die Arbeitskosten bei gleicher Berechnungsweise jetzt 32,10 € pro Stunde.

Neue ApBetrO

Wesentlich schwieriger sind die zusätzlichen Kosten durch die geänderte ApBetrO zu ermitteln. Die Effekte ergeben sich aus den zusätzlichen Anforderungen an die Rahmenbedingungen für die Herstellungstätigkeit und an die Herstellung einzelner Rezepturen sowie indirekt aus den Erschwernissen für Defekturen. Bereits in einer früheren Analyse wurde gezeigt, dass der geforderte Umfang der Prüfung von Defekturarzneimitteln gemäß § 8 (4) ApBetrO wesentlich darüber entscheidet, ob eine Defekturherstellung überhaupt noch wirtschaftlich tragfähig ist [3]. In Fällen, in denen dies nicht mehr gegeben ist, wird auch die Wirtschaftlichkeit nachgelagerter Einzelrezepturen stark belastet. Die Folgen solcher im jeweiligen Fall dichotomen Effekte auf die gesamte Rezepturtätigkeit der Apotheken in Deutschland können nicht seriös hochgerechnet werden. Denn nur eine empirische Untersuchung kann zeigen, wie häufig solche Fälle auftreten.

Folgen für Gemeinkosten

Die zusätzlichen Anforderungen an die Rahmenbedingungen für die Herstellungstätigkeit kann keine Apotheke umgehen. Die daraus folgenden einmalig oder regelmäßig anfallenden Kosten hängen sehr stark von den jeweiligen Vorbedingungen ab. Dabei geht es insbesondere um

  • neue bauliche Anforderungen gemäß § 4 ApBetrO,
  • die Neuregelung zu Hygienemaßnahmen gemäß § 4a ApBetrO,
  • das QMS gemäß § 2a ApBetrO und
  • ggf. die speziellen Anforderungen an die Herstellung parenteraler Zubereitungen gemäß § 35 ApBetrO.

Auch beim Aufbau einer umfangreicheren Dokumentation entstehen neue Gemeinkosten. Teilweise hängen die zusätzlichen Gemeinkosten von der Interpretation einzelner Vorschriften durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden ab. Bei ungünstigen Vorbedingungen können erhebliche einmalige Kosten anfallen, aber diese Neuerungen wirken sich typischerweise nicht auf eine Kalkulation von Rezepturen auf der Grundlage von Teilkosten aus. Denn sie hängen kaum von der Anzahl der hergestellten Rezepturen ab.

Folgen für Teilkosten

Andere neue Anforderungen betreffen dagegen jede einzelne Rezeptur. Zusätzliche Arbeitsschritte für neue oder umfangreichere Aufgaben zur Vorbereitung der eigentlichen Herstellung, zur Prüfung und zur Dokumentation erfordern mehr Arbeitszeit bei jedem einzelnen Herstellungsvorgang. Da die zusätzliche Arbeitszeit nicht durch wegfallende Leerlaufzeiten an anderer Stelle kompensiert werden kann, wirkt dieser Effekt in voller Höhe auf die Teilkosten der Herstellung. Da die Arbeitszeit hier der wesentliche Kosteneinflussfaktor ist, kann nur eine zeitsparende Arbeitsorganisation helfen, die zusätzliche Kostenbelastung möglichst gering zu halten. Die wesentlichen Arbeitsschritte und die daraus resultierenden Einflussmöglichkeiten werden nachfolgend untersucht.

Eine zeitsparende Organisation der Arbeitsabläufe ist im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Einführung eines QMS in Apotheken bis zum Ende der Übergangsfrist am 12. Juni 2014 besonders bedeutsam. In Apotheken, in denen bisher noch kein QMS für die Herstellungstätigkeit eingeführt wurde, müssen die Arbeitsabläufe in diesem Bereich ohnehin erfasst, hinterfragt, vermutlich teilweise neu strukturiert und dokumentiert werden. Dabei drängt sich auf, zugleich auf eine zeit- und damit kostensparende Arbeitsorganisation zu achten.

Kosteneffekte bei den Arbeitsschritten

Da die Änderungen der ApBetrO von 2012 besonders die Organisation und Dokumentation betreffen, hängen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Novelle wesentlich davon ab, mit welchen Medien die Organisation und Dokumentation durchgeführt werden. In manchen Apotheken werden Formulare im Apothekenbetrieb immer wieder an neue Anforderungen angepasst, während andere Apotheken speziell auf die neuen Anforderungen zugeschnittene Formulare nutzen. Computerprogramme können einzelne Arbeitsschritte unterstützen, aber ein funktionsübergreifendes Laborprogramm kann alle Teilfunktionen der Prüfung und Herstellung verknüpfen. Ein solches integriertes Konzept verspricht besonders günstige Effekte auf die Arbeitszeit und damit auf die Kosten, wie eine Betrachtung der neuen Anforderungen an einzelne Rezepturen zeigt:

Plausibilitätsprüfung mit Dokumentation gemäß § 7 (1b) ApBetrO: Diese Prüfung muss (von Ausnahmen angesehen) von einem Apotheker durchgeführt werden. Wie oft die Plausibilitätsprüfung relevant ist, hängt von der Häufigkeit neuer Rezepturen ab. Außerdem wird es langfristig von der wissenschaftlichen Entwicklung abhängen, wie oft neue Erkenntnisse bei bekannten Rezepturen zu berücksichtigen sind.

  • Bei bereits bekannten und in jüngerer Zeit bewerteten Rezepturen ist entscheidend, dass die Dokumentation gut archiviert wurde und schnell gefunden wird, weil sich dann eine weitere Prüfung meist erübrigt. Papierformulare müssen chronologisch geordnet werden, um später einzelne Herstellungsvorgänge auffinden zu können.
  • Für die Suche nach gleich oder ähnlich zusammengesetzten Rezepturen ist dagegen eine ganz andere Ordnung erforderlich, aber eine doppelte Verknüpfung für die Suche nach verschiedenen Kriterien ist ohne ein Laborprogramm nur mit sehr großer Mühe möglich. Auf lange Sicht verschärft sich das Problem, weil ein größeres Archiv mehr bereits bekannte Rezepturen enthält, die Suche in einem größeren Archiv jedoch schwieriger wird.
  • Wenn die letztmalige Anfertigung der Rezeptur über zwei Jahre zurückliegt, wird üblicherweise eine neue Plausibilitätsprüfung nötig sein. Das Laborprogramm wird dann helfen, die relevanten Änderungen zu erkennen.
  • Wenn die Rezeptur nicht standardisiert ist und noch nicht bewertet wurde, kann der Zeitaufwand kaum abgeschätzt werden, weil möglicherweise viele Medien herausgesucht und ausgewertet werden müssen. Ein Laborprogramm, das einen direkten, fokussierten Zugriff auf die relevanten Daten ermöglicht, kann daher viel Zeit sparen.
  • Bei der Dokumentation der Plausibilitätsprüfung entsteht der Zeitvorteil durch die Verwendung geeigneter Vorlagen in gedruckter oder elektronischer Form.

Herstellungsanweisung gemäß § 7 (1a) ApBetrO:

  • Wie bei der Plausibilitätsprüfung hängt auch hier der Zeitaufwand für bereits bekannte Rezepturen wesentlich davon ab, wie gut diese Daten zu finden sind.
  • Für neue Rezepturen muss eine schriftliche Herstellungsanweisung erstellt werden, für die auf darreichungsformspezifische Vorlagen zurückgegriffen werden kann. Der entscheidende Zeitvorteil liegt hier wiederum in der Verwendung geeigneter Vorlagen. Die elektronische Form erleichtert zusätzlich die Anpassung.

Inprozesskontrollen gemäß § 7 (1a) ApBetrO und Erfassung der Herstellungsparameter im Herstellungsprotokoll gemäß § 7 (1c) ApBetrO: Der Hauptaufwand liegt hier in der Durchführung der Kontrollen. Der Dokumentationsaufwand unterscheidet sich bei gut gestalteten Formularen und einem Laborprogramm nicht.

Herstellungsprotokoll gemäß § 7 (1c) ApBetrO: Das Herstellungsprotokoll für Rezepturen mit der Erfassung der Patientendaten ist eine neue Anforderung, die den Dokumentationsaufwand deutlich erhöht. Einige Inhalte des Herstellungsprotokolls ergeben sich aus der Herstellungsanweisung, andere Daten wie die verwendeten Chargen der Ausgangsstoffe stammen aus den vorangegangenen Ausgangsstoffprüfungen gemäß § 11 ApBetrO. Hier bietet ein funktionsübergreifendes Laborprogramm deutliche Vorteile gegenüber anderen Medien, weil dieses auf früher eingegebene Daten zugreifen kann. Außerdem vereinfacht ein Laborprogramm das Ausfüllen der Protokolle und deren weitere Verarbeitung.

Prüfung gemäß § 7 (2) ApBetrO: In der novellierten ApBetrO wurden die Anforderungen an die Prüfung von Rezepturen klarer formuliert. Zusätzlicher Aufwand bei der abschließenden organoleptischen Prüfung dürfte nicht entstehen.

Freigabe gemäß § 7 (1c) ApBetrO: Die Anforderungen an die Freigabe wurden präzisiert und verschärft. Der Zeitbedarf für die Freigabe hängt von der Verfügbarkeit der relevanten Daten ab, weil (von Ausnahmen abgesehen) ein Apotheker die Rezeptur freigeben muss und daher die Arbeit hier typischerweise von einer anderen Person weitergeführt wird. Eine übersichtliche Dokumentation ist daher vorteilhaft.

Effekte eines Laborprogramms

Demnach verspricht bei mehreren jüngst erweiterten Anforderungen ein Laborprogramm schnelles und damit kostengünstiges Arbeiten. Ein Laborprogramm bietet jedoch nicht nur Vorteile bei diesen neuen Aufgaben, sondern auch bei vielen längst etablierten Arbeitsschritten, beispielsweise beim Etikettendruck und besonders bei allen Aspekten der Prüfung. Dies reicht von der Unterstützung bei der Auswahl der Prüfung über die Organisation der Durchführung, die Dokumentation und die Verwaltung der Ergebnisse bis zur Verfalldatenkontrolle für die Ausgangsstoffe.

Einige Teilschritte der Prüfung und Herstellung können mit gut gestalteten Formularen oder isolierten Softwarelösungen ähnlich gut wie mit einem Laborprogramm organisiert werden, aber ein herausragender Vorteil eines funktionsübergreifenden Programms liegt in der Übertragung von Daten zwischen verschiedenen Arbeitsschritten. Daten über die zuvor geprüften Chargen wie Chargennummern und Korrekturfaktoren für die Einwaage können ohne Suche in Papierdokumenten direkt für die Herstellungsanweisung und das Herstellungsprotokoll genutzt werden. Die bei der Herstellung eingegebenen Daten können für den Etikettendruck verwendet werden. Alle Dokumente werden vom Programm archiviert. Damit entfällt der zusätzliche Aufwand für das Einordnen ins Archiv, die Pflege des Archivs und die Suche bei späteren entsprechenden Rezepturen.

Ein weiterer grundsätzlicher Vorteil eines funktionsübergreifenden Laborprogramms ist die Führung des Benutzers durch den Vorgang im Sinne des Qualitätsmanagements. So wird sichergestellt, dass kein wesentlicher Schritt vergessen wird und keine Informationen verloren gehen. Damit erübrigen sich zusätzliche qualitätssichernde Maßnahmen.

Kalkulation: Folgen der neuen ApBetrO

Bei allen obigen Kosteneinflussgrößen für die Herstellung einzelner Rezepturen erweist sich die Arbeitszeit als wesentlicher Kosteneinflussfaktor. Für die Plausibilitätsprüfung und die Freigabe müssen die Arbeitskosten für Apotheker berücksichtigt werden (32,10 € pro Stunde, siehe oben). Wenn eine Plausibilitätsprüfung mit einer einfachen Literaturrecherche verbunden ist, erscheinen 10 Arbeitsminuten pro Rezeptur für den beteiligten Apotheker eher niedrig angesetzt. Doch daraus ergeben sich bereits Arbeitskosten von 5,35 €, also mehr als der Arbeitspreis einer gängigen Salbenrezeptur gemäß Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) von 5 €. Wenn umfangreichere Recherchen oder eine Rücksprache mit dem Arzt nötig sind, kann sich der Zeitbedarf sogar vervielfachen. Ganz anders ist dies jedoch zu bewerten, wenn die Rezeptur standardisiert und damit hinsichtlich ihrer Herstellung und Stabilität als plausibel zu betrachten ist oder bereits früher mit positivem Ergebnis überprüft wurde. Dann reduziert sich die Arbeitszeit für Apotheker im günstigsten Fall auf zwei Minuten für die Freigabe und damit Arbeitskosten von 1,07 €. Diese Betrachtung zeigt auch, welches Potenzial in einem Laborprogramm steckt. Denn wenn ein solches Programm durch Verweise auf relevante Literaturangaben die Recherche erheblich vereinfacht und zudem die Plausibilitätsprüfung systematisiert, kann diese Prüfung sehr viel schneller erfolgen (siehe unten: Kalkulation: Rentabilität eines Laborprogramms).

Die weiteren zusätzlichen Anforderungen durch die novellierte ApBetrO wirken sich typischerweise auf die Arbeitszeit der herstellenden PTA aus. Wie viel zusätzliche Arbeitszeit nun erforderlich ist, hängt stark davon ab, wie die Apotheke bisher organisiert war und welche Organisationsmedien jetzt genutzt werden. Doch allein für die längere Vorbereitung der Arbeit, die Inprozesskontrollen und die zusätzliche Erfassung von Daten erscheinen zusätzliche fünf Arbeitsminuten als niedrige Schätzung für sehr günstige Fälle. Bei Arbeitskosten von 18,17 € pro Stunde (siehe oben) würden die Teilkosten pro Rezeptur dann bereits um 1,51 € steigen, bei zusätzlichen zehn Minuten um 3,02 €. In diesen Teilkosten sind die Kosten für den Aufbau und die Pflege der zusätzlichen Dokumentation nicht enthalten.

In der bereits erwähnten früheren Kalkulation der Rezepturarbeitskosten wurde auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung aus dem Jahr 2000 für eine Rezeptur eine typische Arbeitszeit von 24,5 Minuten ermittelt. Bei den heutigen Arbeitskosten würden dadurch Teilkosten von 7,42 € entstehen, bei nur fünf Minuten zusätzlicher Arbeitszeit 8,93 €. Dem steht der Arbeitspreis von 5 € gemäß AMPreisV gegenüber.

Kalkulation: Rentabilität eines Laborprogramms

Angesichts dieses Missverhältnisses bleibt aus der Perspektive der einzelnen Apotheken nur der betriebswirtschaftliche Ansatz, die Rezeptur so zeitsparend wie möglich zu organisieren. Dabei ist zu prüfen, bei welcher Rezepturhäufigkeit bzw. nach welcher Zeit der einmalige Aufwand für ein zeitsparendes System amortisiert wird. Ein Laborprogramm lässt aufgrund der obigen Betrachtungen zu den Kosteneinflussgrößen die günstigsten Bedingungen erwarten, wobei die Zeitersparnis nicht auf die neuen Anforderungen beschränkt ist. Der zu erwartende Zeitvorteil hängt stets vom Vergleichsmaßstab ab. Der größte Vorteil ergibt sich gegenüber einem wenig strukturierten System, bei dem alle Daten von Hand übertragen werden und die Herstellungsprotokolle in Papierform geordnet werden. Je strukturierter das System bereits ist, umso weniger zusätzliche Vorteile bietet ein Laborprogramm.

Unmittelbar nach Einführung eines Laborprogramms muss zunächst eine Lernphase einkalkuliert werden, in der sowohl das Team als auch das Programm lernen müssen. Selbstverständlich erfordert der Umgang mit jeder Software eine gewisse Übung. Außerdem müssen Daten über die vorhandenen Waagen, die lagernden Ausgangsstoffe, apothekenindividuell ausgewählte Prüfmethoden und möglicherweise besonders gängige Rezepturen oder apothekenindividuelle Standardkonservierungsmittel eingepflegt werden. Der Vorteil des einfachen Zugriffs auf frühere Rezepturen wird erst mittelfristig wirksam und wächst zudem mit der Nutzungsdauer. So kann auch ein Laborprogramm in Verbindung mit den archivierten Daten als „lernendes System“ bezeichnet werden.

Für die weiteren Überlegungen soll unterstellt werden, dass die erste Lernphase abgeschlossen ist und das Laborprogramm bei nur jeder zehnten Rezeptur 10 Minuten Approbierten-Arbeit (umgerechnet 1 Minute pro Durchschnittsrezeptur) bei der Recherche und Plausibilitätsprüfung einspart und zudem bei jeder zweiten Rezeptur 2 Minuten PTA-Arbeit (umgerechnet 1 Minute pro Durchschnittsrezeptur) durch die vereinfachte Suche nach einer bereits vorliegenden Dokumentation erübrigt. Allein diese beiden Effekte vermindern die Arbeitskosten einer fiktiven Durchschnittsrezeptur um 84 Cent. Wenn das Laborprogramm zusätzlich bei jeder Rezeptur weitere 3 Minuten PTA-Arbeitszeit durch die einfache Übertragung von Daten zwischen den Arbeitsschritten und weitere organisatorische Vorteile spart, summiert sich der Vorteil bereits auf 1,75 € pro Rezeptur. Die Kosten für das „Laborprogramm für Apotheken“ von Dr. Hans Lennartz in Höhe von 669 € (zuzüglich Mehrwertsteuer; für Update 1/2013, Version 5.1) wären unter diesen Annahmen bereits innerhalb eines Jahres nach Ende der Lernphase amortisiert, wenn die Apotheke mindestens 382 Rezepturen herstellt, also knapp 7,4 Rezepturen pro Woche. Wenn das Laborprogramm bei jeder Rezeptur sogar 5 Minuten PTA-Arbeitszeit einspart, würden bereits 285 Rezepturen im Jahr ausreichen, also 5,5 Rezepturen pro Woche.

Unter den obigen Annahmen und bei Einsparung von 3 Minuten PTA-Arbeitszeit bei jeder Rezeptur hätte sich das Laborprogramm in einer Apotheke mit 20 Rezepturen pro Woche bereits in gut 19 Wochen nach Ende der Lernphase amortisiert. Da bei Apotheken mit vielen Rezepturen schon jetzt von einem hohen Organisationsgrad auszugehen ist, soll auch der Fall betrachtet werden, dass nur die oben erwähnten 84 Cent pro Durchschnittsrezeptur (durch verbesserte Literaturrecherche und Suche nach früheren Rezepturen) einspart werden. Sogar in diesem Fall wäre der Kauf des Programms bei 20 Rezepturen pro Woche in 40 Wochen nach Ende der Lernphase amortisiert.

Alle diese Ergebnisse beziehen sich nur auf das erste Nutzungsjahr. In den folgenden Jahren werden Updates erforderlich sein, für die derzeit etwa 380 € pro Jahr zu zahlen sind. Während die Einsparungen der Apotheken aufgrund des „lernenden Systems“ sogar zunehmen dürften, fallen dann deutlich niedrigere Kosten als im ersten Jahr an. Langfristig vergrößern sich damit die Vorteile für die Apotheke.

Dabei liefern alle diese Kalkulationen nur Anhaltspunkte. Die Zeitvorteile bei der Prüfung der Ausgangsstoffe wurden hier nicht berücksichtigt. Außerdem unterstützt das „Laborprogramm für Apotheken“ die Prüfung der Fertigarzneimittel, wobei weitere Vorteile zu erwarten sind.

Vorteil bei QMS-Einführung

Die einmaligen Kosten für die Einführung und Einübung des Programms werden hier nicht berücksichtigt, weil auch jede andere Organisation irgendwann eingeführt werden muss und eine selbst erstellte Dokumentation weitaus größeren Aufwand verursacht. Ein sehr beachtenswerter zusätzlicher Effekt ergibt sich bei Apotheken, in denen bisher in der Herstellung noch ohne ein QMS gearbeitet wird. Da die QMS-Pflicht bald gilt, muss für diesen Bereich jetzt ein QMS eingeführt werden. Wenn in demselben Organisationsschritt ein Laborprogramm etabliert wird, vereinfacht dies die Darlegung des QMS erheblich, weil für sehr viele Schritte auf das Laborprogramm verwiesen werden kann. Zudem führt das Laborprogramm durch große Teile der Herstellungs- und Prüfungstätigkeit und übernimmt inhaltlich die Aufgabe eines QMS. Anstatt mühsam Arbeitsanweisungen zu entwickeln, kann in den Prozessen für die Prüfung und die Herstellung vielfach auf die Benutzerführung durch das Laborprogramm verwiesen werden.

Damit senkt das Laborprogramm die Kosten für die Einführung eines QMS, weil erhebliche Arbeitszeit gespart wird. Bereits eine einstündige Teamsitzung mit einer Approbierten (31,10 €) und 3 PTA (54,51 €) sowie 3 PTA-Stunden für die Darlegung der Ergebnisse (54,51 €) verursacht Kosten von 140,12 €. Wenn ein Laborprogramm nur zwei solche Runden erübrigt, haben sich dessen Kosten schon zu 40 Prozent amortisiert. Der günstigste Zeitpunkt für die Anschaffung eines Laborprogramms ist daher vor der Gestaltung eines QMS für die Herstellung und Prüfung.

Wenn bereits ein QMS für diese Bereiche besteht, muss dieses bei der Einführung eines Laborprogramms angepasst werden. Das QMS wird sich an diesen Stellen vereinfachen, sodass nur wenig Arbeitsaufwand zu erwarten ist. Die frühere Mühe für die Gestaltung einiger Arbeitsanweisungen wird sich damit als überflüssig erweisen, aber diese Kosten waren bereits in der Vergangenheit wirksam. Langfristig ergeben sich auch in solchen Apotheken Kostenvorteile beim QMS, weil die einfacher strukturierten Prozessabschnitte, die nur auf das Laborprogramm verweisen, weniger Pflegeaufwand verursachen werden.

Politische Konsequenzen

Die dargestellten Kosteneffekte der novellierten ApBetrO zeigen, dass die Rezepturtätigkeit in Apotheken inzwischen zu noch größeren Verlusten als in der Vergangenheit führt. Verluste durch die Herstellungstätigkeit wurden jahrzehntelang mit dem Verweis auf die Gemeinwohlpflichten der Apotheken und die damit verbundene Mischkalkulation hingenommen. Die politischen Erfahrungen beim Nachtdiensthonorar haben jedoch gezeigt, dass die Politik keine grenzenlosen Erwartungen an diese Mischkalkulation mehr stellt. Bei den Nachtdiensten wurden die Ungleichgewichte zwischen den Apotheken als zu groß bewertet. Es wurde akzeptiert, dass Gemeinwohlpflichten nicht ruinös wirken dürfen und die Versorgungsstrukturen nicht gefährden dürfen. Diese Argumentation sollte auch auf Rezepturen anzuwenden sein. Analog zum neuen Nachtdienstzuschuss wäre dann kein Ausgleich der Vollkosten für Rezepturen gefragt, denn die Bereitstellung der Infrastruktur für die Rezeptur kann als Gemeinwohlpflicht betrachtet werden. Doch sollten Rezepturen in großer Zahl nicht zusätzlich belastend wirken.

Ein angemessenes und zeitgemäßes Honorar für die Rezepturherstellung sollte daher die Teilkosten einer typischen Rezeptur der jeweiligen Darreichungsform decken. Die so verstandenen Teilkosten entsprechen praktisch den Arbeitskosten und enthalten keine Deckungsbeiträge für die Geräteausstattung. Daher kann nach Ermittlung realistischer Arbeitszeiten vergleichsweise einfach ein politisch begründbarer Zuschussbetrag kalkuliert werden, der nicht mit einem betriebswirtschaftlich angemessenen Preis auf der Grundlage einer Vollkostenrechnung verwechselt werden darf. Die obigen Kalkulationen weisen in die Richtung von mindestens 9 € statt der bisherigen 5 € als teilkostenorientiertes Honorar für die Herstellung einer typischen Salbenrezeptur. Darin sind die Kosten für die Prüfung der Ausgangsstoffe nicht enthalten. Der vergleichsweise hohe Aufschlag auf die Einkaufspreise der Ausgangsstoffe gemäß ApBetrO kann als Entgelt für die Prüfung und weitere qualitätssichernde Maßnahmen interpretiert werden. Da Verfall und notwendiger Verwurf bei Ausgangsstoffen für die Rezeptur noch bedeutender als bei Fertigarzneimitteln sind, erscheint eine hohe prozentuale Honorarkomponente hier zwar betriebswirtschaftlich begründbar, aber eine Umstellung auf einen höheren Festanteil kann auch hier diskutiert werden.

Das bisher betrachtete Honorar für die Herstellung und Prüfung deckt allerdings nicht den Aufwand für die Beratung bei der Abgabe des Rezepturarzneimittels ab. Vor der Einführung des Kombimodells für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel konnte hierzu mit einer Mischkalkulation argumentiert werden, in die auch die Rezepturen einbezogen waren. Inzwischen muss aber der Festzuschlag von 8,51 € auf verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel als Maßstab dienen. Dieser soll zwar nicht nur die Beratung, sondern das ganze Leistungsangebot der Apotheken finanzieren, aber diese Argumentation kann auf Rezepturen übertragen werden. Daher sollte eine zeitgemäße Preisbildung für Rezepturen nicht nur die Herstellung berücksichtigen, sondern die Apotheke sollte für den sonstigen Umgang mit einem selbst hergestellten Arzneimittel nicht schlechter honoriert werden als für die Abgabe eines Fertigarzneimittels. Zusätzlich zum Honorar für die Herstellung und Prüfung erscheint daher ein Festzuschlag von 8,51 € wie bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln angemessen.

Betriebswirtschaftliche Konsequenzen

Unabhängig von der politischen Hoffnung auf höhere Honorare für die Rezeptur bleiben auf der Ebene der einzelnen Apotheken einige Möglichkeiten, um die Wirtschaftlichkeit der Herstellung zu beeinflussen. Erstens sollten möglichst oft Defekturen eingesetzt werden, sofern dies unter den Bedingungen der neuen ApBetrO noch praktikabel ist (ausführliche Darstellung siehe [3]), und zweitens sollte die Herstellung zeitsparend organisiert werden.

Die obigen Kalkulationen zeigen, dass die Investition in ein funktionsübergreifendes Laborprogramm sogar bei geringer Herstellungstätigkeit schnell amortisiert wird und dann Kostenvorteile bietet. Zudem erleichtert ein Laborprogramm die Einführung eines QMS.

Hans Lennartz

Laborprogramm für Apotheken

796,11 Euro

Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2013

Artikel-Nr 171013011

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Literatur

[1] Müller-Bohn T. Wirtschaftlichkeit der Eigenherstellung von Arzneimitteln in öffentlichen Apotheken. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2005.

[2] Gehaltstarifvertrag für Apothekenmitarbeiter. Dtsch Apoth Ztg 2013; 153, 3125.

[3] Müller-Bohn T. Wann lohnt sich eine Defektur? Dtsch Apoth Ztg 2012; 152, 2360–2363.

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