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DAZ aktuell
„Das Image von OTC verbessern“
Erster OTC-Gipfel in DüsseldorfSteffens: Erstattung prüfen
Zuvor hatte Thomas Preis, Vorsitzender des veranstaltenden Apothekerverbands Nordrhein, das GMG von 2004 kritisiert. Damals seien drei schwere Fehler gemacht worden, die zu einer Trivialisierung und Schwächung der nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel geführt hätten: die Herausnahme aus der Erstattungspflicht, die Einführung des Versandhandels und die Aufhebung der Preisbindung.
Preis betonte die Bedeutung von OTC für die Apotheken: inzwischen sei jede zweite abgegebene Packung in der Apotheke eine selbst gekaufte. Die Apotheker unterstützten dabei einen medizinischen Laien bei der Eigendiagnose und seiner Therapieentscheidung. Die Bedeutung von OTC in allen Aspekten deutlich zu machen, das sei das Ziel des dieses Jahr erstmals stattfindenden OTC-Gipfels: „Wir wollen das Image von OTC verbessern“, so Preis.
Erstattungsmöglichkeiten einführen
Unterstützung für dieses Ziel kam von der NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Der Gipfel solle eine Botschaft nach Berlin schicken, sagte sie. Man müsse die Frage stellen, ob es ein Gewinn für die Gesellschaft ist, wenn die sichersten Arzneimittel nicht mehr von der GKV erstattet werden. Genauso fraglich sei es, ob die 2004 anvisierten Sparziele eigentlich erreicht worden seien. Die Entlassung aus der Erstattungsfähigkeit sei ein gravierender Einschnitt in die ärztliche Therapiefreiheit gewesen. Gerade gesundheitlich stark belastete Patienten, die oft auch wirtschaftlich belastet seien – „denn Krankheit macht arm und Armut macht krank“, so Steffens – müssten die Konsequenzen tragen. Ein Vergleich der Verordnungszahlen bei Kindern, für die OTC noch erstattet wird, mit denen bei Heranwachsenden zeige, dass es sich um ein reales Problem handle. Deshalb müsse eine Diskussion darüber geführt werden, ob nicht zumindest für bestimmte Indikationen die Möglichkeit der Erstattung wieder geschaffen werden solle.
Therapieanlass entscheidend, nicht der Zulassungsstatus
Für eine umfassende Versorgung brauche es die Selbstmedikation und die ärztliche Therapie, betonte Professor Theo Dingermann, Frankfurt. Der Therapieanlass müsse die Therapieentscheidung prägen, nicht der Zulassungsstatus. Dieser sei aber auch nicht unwichtig, da die Wirksamkeit von Arzneimitteln immer eine starke psychische Komponente habe – und diese werde beeinflusst von der Einstufung des Präparats. Die große Rolle der Selbstmedikation sehe man daran, dass sowieso nur sehr wenige Arzneimittel heilen könnten, in den meisten Fällen managten sie die Krankheit. Deshalb könnten OTC-Arzneimittel auch bei chronischen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen, indem sie zu einer Stabilisierung beitragen.
Dingermann appellierte an die Apotheker, OTC als vollwertige Arzneimittel ernst zu nehmen. Dann führe an einer evidenz-basierten Entscheidung, wann welches Selbstmedikationspräparat abgegeben werde, kein Weg vorbei. In diesem Zusammenhang brach Dingermann eine Lanze für eine „Experten-Datenbank“ mit allen relevanten Studienergebnissen, wie sie auch auf dem Deutschen Apothekertag gefordert worden war. Sie unterstütze das Apothekenteam mit Entscheidungsoptionen, „aus denen der Experte dann auswählt – je nach dem vorliegenden Problem“.
Selbstmedikation spart Milliarden ein
Die gesundheitsökonomische Bedeutung von OTC arbeitete Professor Uwe May von der Hochschule Fresenius in Idar-Oberstein heraus. Anhand österreichischer Zahlen konnte er zeigen, dass die Selbstmedikation zu Milliarden-Einsparungen im Gesundheitssystem führt. Einen großen Anteil an diesen Spareffekten habe die Apotheke, da sie die „Transaktionskosten der Selbstmedikation“ niedrig halte – weil sie beispielsweise dafür sorge, dass die Bevölkerung immer und überall schnellen und einfachen Zugang zu OTC-Arzneimitteln habe. Selbst bei vorsichtiger Schätzung trage die Apotheke durch die Selbstmedikation zu Einsparungen von über 4 Milliarden Euro pro Jahr bei.Darin noch nicht enthalten seien Einsparungen, die aus der Optimierung der Selbstmedikation resultieren. Dieser Aspekt sei bisher ökonomisch noch gar nicht untersucht. Es liege aber auf der Hand, dass die Apotheken hier einen wesentlichen Anteil hätten, so May. Einen ausführlichen Bericht über die Ausführungen Mays finden Sie in der Apotheker Zeitung von dieser Woche (AZ 2013, Nr. 43, S. 4).
Einigkeit über Stellenwert von OTC
In einer abschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Vertreter der pharmazeutischen Industrie, Prof. Dr. Michael Habs (BPI) und Jörg Wieczorek (BAH), des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums, Ministerialdirektorin Dr. Dorothea Prütting, der Verbraucherzentrale NRW, Wolfgang Schuldzinski und der Apothekerschaft, Verbandschef Preis und der OTC-Beauftragte des Apothekerverbands Nordrhein, Sebastian Berges in einem Punkt einig: Arzneimittel gehören in die Apotheke. Der Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale, Wolfgang Schuldzinski betonte, dass auch für Verbraucherschützer der Preis nicht alles sei – besonders nicht bei Arzneimitteln. Hier handle es sich eben nicht um ein Geschäftsfeld wie jedes andere.
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