DAZ aktuell

Wahlkampf-Antworten

Erste Reaktionen auf ABDA-Initiative „Gesundheit wählen“

BERLIN (jz/ks). Der Bundestagswahlkampf ist angelaufen. In jedem der 299 Wahlkreise schicken Apotheker im Rahmen der ABDA-Initiative „Gesundheit wählen“ Positionsabfragen an mehr als 1500 Direktkandidaten. Die ersten Antworten sind inzwischen eingegangen: Als erster antwortete Bernhard Dierdorf, Bundestagsdirektkandidat für Bündnis90/Die Grünen im Wahlkreis Plön/Neumünster (Schleswig-Holstein). Auch Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag, hat für seinen Wahlkreis (Brandenburg an der Havel – Potsdam-Mittelmark I – Havelland III – Teltow-Fläming I) auf einige der Positionsfragen geantwortet. Fragen zur neuen Apothekenbetriebsordnung und der pharmazeutischen Ausbildung im Bundesland beantwortete er nicht – aber er betont, die SPD habe sich „immer zur inhabergeführten Apotheke vor Ort bekannt“.

Persönlich verfasste Steinmeier seine Antworten allerdings nicht. Auch andere SPD-Politiker haben ihren jeweiligen Wahlkreisapothekern fast identische Antworten geschickt. Nur der regionale Bezug wird in den Standardantworten ergänzt. Auf die Frage, wie Apotheker bei gesundheitspolitischen Entscheidungen künftig einbezogen werden sollen, heißt es in der SPD-Antwort, die Partei setze sich insbesondere für eine Stärkung der Rolle der Patienten ein. Daher messe sie Vorschläge und Ideen vor allen Dingen an ihrem Nutzen für die Patienten. Es gebe aber kaum einen Politikbereich, in dem die Organisationen, Verbände und Interessengruppen so gut vernetzt seien und einen so großen Einfluss auf die Politik hätten, wie im Gesundheitswesen. Daraus könne man in der Gesundheitspolitik wichtige Anregungen ziehen. Eine „Lücke“ bei der Einbindung der apothekerlichen Kompetenz sehe man aber nicht.

Der Steinmeier-Antwort zufolge kommt den Apothekern angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels in Zukunft eine „Schlüsselstellung in der medizinischen Versorgung“ zu. Sie seien nicht nur ausgewiesene Fachleute für alle Fragen rund um die Arzneimitteltherapie, sondern auch „jederzeit ohne vorherige Terminvereinbarung erreichbar, auch in der Nacht, auch in Notfällen“. Hier zeige sich: „Die öffentliche Apotheke ist kein Auslaufmodell und kann es niemals sein, wenn die Bevölkerung weiterhin qualitativ hochwertig, flächendeckend und zeitnah mit Arzneimitteln versorgt werden soll.“ Ohne Vorfestlegungen getroffen zu haben sei die SPD daher „an einem offenen Diskurs interessiert“ – mit Lösungen, die die Patientenversorgung sicherstellten und die Interessen der Apotheker berücksichtigten.

Zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung muss aus Sicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden vor allem in dünnbesiedelten und strukturschwachen Regionen die vorhandene Infrastruktur optimal für die Versorgung der Bevölkerung genutzt werden. „Oberste Priorität hat dabei die Sicherstellung der Versorgung und nicht die überkommene Aufgabenteilung der an der Versorgung beteiligten Akteure.“ Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken müssten unter diesen Voraussetzungen die Möglichkeit haben, ihre medizinische Kompetenz zum bestmöglichen Nutzen der Patienten einzusetzen.

In puncto Honorar erklärt Steinmeier, seine Partei setze sich für eine leistungsgerechte Vergütung der Apotheken ein. „Sie muss hoch genug sein, um alle Kosten zu decken und das Bestehen der Apotheke bei wirtschaftlicher Betriebsführung zu sichern.“ Statt einer generellen wirtschaftlichen Bedrohung aller Apotheken gebe es derzeit eher eine wachsende regionale Ungleichheit. Im Interesse der Versorgungssicherheit der Patienten müssten insbesondere Apotheken in dünnbesiedelten strukturschwachen Regionen erhalten bleiben – deshalb sei die SPD auch für die Anhebung der Notdiensthonorare in ländlichen Gebieten. Außerdem setze die Partei sich für eine bessere Bezahlung für die BtM-Abgabe und besondere Serviceleistungen, wie etwa die Zubereitung von speziellen Rezepturen, ein.

Grüne Antworten aus dem Norden

Foto: Dierdorf
Bernhard Dierdorf: „Der Zwangsabschlag an die Krankenkassen sollte zurückgenommen werden.“

Die erste Reaktion auf die Positionsabfrage kam von dem 67-jährigen Grünen-Kandidaten Bernhard Dierdorf. Der Diplom-Verwaltungswirt, den es erstmals in den Bundestag zieht, will die Kompetenz von Ärzten und Apothekern bei gesundheitspolitischen Entscheidungen künftig einbezogen wissen. Und zwar im Sinne eines Mehr an Transparenz bei politischen Entscheidungsprozessen. Eine nachhaltige und bürgernahe Gesundheitspolitik müsse gewährleisten, dass sich bei allen Entscheidungen die im Gesundheitswesen tätigen Menschen intensiv, ergebnisoffen und fair beteiligen können. Er hält es daher auch für notwendig, in seinem Wahlkreis persönlich einen regelmäßigen Dialog mit den Ärzten und Apothekern zu pflegen. „Damit in Berlin Entscheidungen reifen, die auch wirklich den Menschen im Lande dienen“, so Dierdorf. Mit Blick auf den demografischen Wandel denkt der Grüne über eine andere Aufgabenverteilung zwischen den Gesundheitsberufen nach. Dierdorf kann sich angesichts der zunehmend kritischen Versorgungssituation auf dem Land vorstellen, dass Ärzte und Apotheker in einer Form kooperieren, bei der ärztliche Aufgaben an die Apotheken delegiert werden. So könne der Schließung von Landapotheken entgegengewirkt werden. Die Apotheken sollten zudem zukünftig stärker als bisher in die Prävention und in die Versorgung chronisch Kranker eingebunden werden.

Überhaupt sollten Apotheker „gesetzlich gesichert mit einem umfassenden Beratungsauftrag“ ausgestattet werden. Dies müsse zwangsläufig auch honoriert werden – über die Bürgerversicherung. Er werde sich „für eine flächendeckende Arzneimittelversorgung und für eine kostendeckende Rezeptvergütung einsetzen“, verspricht Dierdorf. Überdies plädiert er dafür, den „Zwangsabschlag an die Krankenkassen“ zurückzunehmen. Es müsse eine gerechte und angemessene Honorierung geschaffen werden, die dynamisch weiterzuentwickeln sei und die die Apotheken – einschließlich ihrer Mitarbeiter – in ihrer Existenz wirtschaftlich und sozial nachhaltig sichere. 

Hessische Grüne: Kettenverbot nicht zwingend

Foto: Schulz-Asche
Kordula Schulz-Asche will Ketten nur in enger Abstimmung „mit der heterogener werdenden Apothekerschaft“ angehen.

(lk). Die Hessischen Grünen halten das Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken für „nicht zwingend erforderlich“. Mit dieser Aussage antwortete die gesundheitspolitische Sprecherin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Hessischen Landtag, Kordula Schulz-Asche, auf einen Brief des Vorsitzenden des Hessischen Apothekerverbandes, Peter Homann, und seines Stellvertreters, Hans Rudolf Diefenbach. Darin hatten beide um eine Klarstellung zu Äußerungen des Grünen Spitzenkandidaten für die anstehende Bundestagswahl, Jürgen Trittin, gebeten.Trittin hatte in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „Die Welt“ die Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes gefordert. Die Hessischen Grünen schließen sich grundsätzlich Trittins Position an, relativieren aber die Umsetzung. „Der Erhalt des Fremd- und eingeschränkten Mehrbesitzverbots für Apotheken ist aus unserer Sicht für die Arzneimittelsicherheit und die flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht zwingend erforderlich. Eine eventuelle Umsetzung werden wir aber mit Sicherheit nur in enger Abstimmung mit der — heterogener werdenden — Apothekerschaft angehen“, so Schulz-Asche in ihrem Antwortschreiben.

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