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DAZ aktuell
Tierärzte als Versandapotheker
Neue Internetapotheke dankedoc.de
Auf der Internetseite heißt es, „dankedoc.de“ sei nicht „irgendeine“ Online-Versandapotheke, sondern arbeite eng mit Tierärzten und Herstellern von Tierarzneimitteln und Spezialfuttermitteln zusammen. Die Versandapotheke ersetze keinen Tierarztbesuch und unterstütze keine Ferndiagnosen. Die Präsentation zielt deutlich auf Tierbesitzer. Das Produktangebot ist in Rubriken für die zu behandelnden Tierarten gegliedert, aber neben Hunden, Katzen, Pferden und anderen Tieren findet sich auch die Kategorie „Human“, unter der diverse bekannte Arzneimittel und andere apothekenübliche Produkte für Menschen angeboten werden. Viele davon sind offensichtlich nicht zur Verwendung bei Tieren geeignet. Bei der Preisdarstellung wird viel mit „durchgestrichenen“ Preisempfehlungen gearbeitet, sodass die Seite offensichtlich auf preissensible Kunden zielt. Die Kunden werden bei der Registrierung aufgefordert, ihren Haustierarzt zu nennen. Gemäß einer Darstellung des Projekts in der Tierärztezeitschrift „VETimpulse“ sollen die Tierärzte daraufhin eine Umsatzbeteiligung erhalten und damit zusätzlich zur Gewinnausschüttung der WDT am Internetgeschäft beteiligt werden.
Deutsche Genossenschaft als Betreiber
Im Impressum wird als Anschrift die WDT Pharma s.r.o. im tschechischen Ort Mimon genannt. Diese sei Inhaberin der „Apotheke zum heiligen Georg“ in Mimon. Es wird ein tschechischer Apotheker als verantwortlich genannt, doch als Geschäftsführer sind drei andere Personen aufgeführt, darunter zwei deutsche Tierärzte, die auch Vorstandsmitglieder der WDT sind. Die WDT Pharma s.r.o. wird nach Angaben aus dem Impressum von „dankedoc.de“ von der deutschen Genossenschaft WDT betrieben – einer unter Tierärzten bekannten Institution. Die als „Tierarzt-Unternehmen“ auftretende Genossenschaft mit Sitz in Garbsen hat über 6700 Mitglieder, beliefert Tierärzte als Großhändler und stellt auch selbst Arzneimittel und Ergänzungsfuttermittel her.
Der Hintergrund für den Betrieb einer tschechischen Versandapotheke durch die deutsche Tierärztegenossenschaft ist die deutsche Regelung, die für den Arzneimittelversand in Deutschland eine Vor-Ort-Apotheke voraussetzt. Zudem ist die Tschechische Republik eines der wenigen EU-Länder, das die deutschen Bedingungen für den Versand von Tierarzneimitteln generell erfüllt, allerdings nur für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel.
Kontroverse unter Tierärzten
Schon vor dem Start der neuen Tierärzte-Apotheke wurde in der Tierärztezeitschrift „VETimpulse“ über die kontroversen Meinungen der Tierärzte zu diesem Thema berichtet. Der WDT wolle demnach einen Anteil am Versandmarkt für Tierarzneimittel abbekommen. Denn die Tierärzte sehen sich bei der Abgabe von Arzneimitteln und dem Verkauf von Futter- und Pflegemitteln zunehmend dem Wettbewerb von Versendern ausgesetzt. Dagegen argumentierte der Präsident des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte (bpt), Dr. Hans-Joachim Götz, in einem Gastkommentar, das Projekt gefährde die Glaubwürdigkeit der Tierärzte bei ihren Bemühungen um den Erhalt des tierärztlichen Dispensierrechts. Denn dort argumentierten die Tierärzte gerade mit dem kontrollierbaren und sicheren Vertriebsweg über den Tierarzt. Das bpt-Präsidium habe sich gegen den Verkauf von Tierarzneimitteln bei „dankedoc.de“ positioniert. Außerdem habe der Europäische Tierärzteverband FVE einstimmig die Forderung bekräftigt, den Internethandel im Zuge der Überarbeitung der EU-Tierarzneimittelrichtlinie zu verbieten.
Kurzkommentar
Bei der Bewertung der tschechischen Internetapotheke des WDT ist zu bedenken, dass die WDT kein Unternehmen eines einzelnen Tierarztes ist, sondern eine renommierte Genossenschaft, an der auch berufspolitisch aktive Tierärzte beteiligt sein dürften. Vor diesem Hintergrund erscheint es umso befremdlicher, dass sich die Tierärzte nicht auf einen in Deutschland zulässigen Versand von Futtermitteln und nicht apothekenpflichtigen Pflegeprodukten beschränkt haben, um einen Anteil vom Versandgeschäft abzubekommen. Stattdessen ist der WDT insbesondere mit dem Angebot von Humanarzneimitteln zum Betreiber einer gewöhnlichen ausländischen Internetapotheke im Fremdbesitz geworden. So untergraben die Tierärzte ihre eigene heilberufliche Argumentation und überschreiten die Trennungslinie zwischen den Heilberufen.
Thomas Müller-Bohn
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