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DAZ aktuell
Pillentaxi – kein Fall für Auszubildende
Oberlandesgericht Düsseldorf zur Beratungspflicht beim Botendienst
Im September 2011 – also vor Inkrafttreten der novellierten Apothekenbetriebsordnung – hatte eine Kundin bei der Apotheke des Beklagten telefonisch Arzneimittel bestellt. Diese wurden ihr sodann via Pillentaxi durch eine Auszubildende geliefert. Die Kundin fragte bei der Anlieferung, wie das eine Medikament – ein Antibiotikum – anzuwenden sei. Da musste die Botin passen. Als Auszubildende könne sie keine pharmazeutischen Fragen beantworten.
Wettbewerbszentrale wird aktiv
Die Wettbewerbszentrale – Klägerin in dem Verfahren – sieht hierin einen Verstoß gegen die Beratungspflicht des § 20 Apothekenbetriebsordnung und die entsprechenden Vorschriften der Berufsordnung der Apothekerkammer Nordrhein. Der beklagte Apotheker meint hingegen, die Norm beinhalte keine zwangsweise Beratung. Die Kundin hätte während der Öffnungszeiten in der Apotheke anrufen können. Zudem witterte er ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Wettbewerbszentrale – die Kammer selbst stehe nämlich hinter dem Verfahren. Sie hätte auf einfacherem Wege selbst gegen ihn vorgehen können.
Das Oberlandesgericht gab der Wettbewerbszentrale Recht. Einem Verstoß gegen § 20 ApBetrO stehe nicht entgegen, dass Kunden in der Apotheke nicht gezwungen werden können, sich beraten zu lassen. Ein Apotheker erfülle seine Beratungspflicht auch dann, wenn er aktiv den Beratungsbedarf erfrage oder erfragen lässt – mag der Kunde die Beratung auch ablehnen. Auch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sei nicht ersichtlich. Bei einem Verband wie der Wettbewerbszentrale dürfte es sogar der Regelfall sein, dass er auf Veranlassung einer Kammer oder eines Wettbewerbers tätig werde.
Wie weit geht die Beratungspflicht?
§ 20 ApBetrO – und zwar sowohl in alter wie auch in neuer Fassung – sei eine Marktverhaltensregelung im Sinne des Wettbewerbsrechts und könne einen entsprechenden Unterlassungsanspruch begründen. Dazu führt das Gericht aus, dass die neue Regelung in der Apothekenbetriebsordnung nur eine „Klarstellung und Präzisierung der zuvor schon geltenden Rechtslage“ bedeute. Auch vorher habe eine Beratung erst auf Nachfrage nicht ausgereicht.
Der Umstand, dass beim Versandhandel die telefonische Beratung genüge, stehe dem nicht entgegen, so das Gericht weiter. „Der Kunde, der sich an eine Versandapotheke wendet, nimmt dabei nämlich bewusst in Kauf, dass eine Information und Beratung nur telefonisch stattfinden kann. Der Kunde, der sich jedoch an den örtlichen Apotheker wendet, verzichtet nicht in gleicher Weise auf eine Beratung“, heißt es im Urteil. Eine „Zwangsberatung“ müsse der Kunde deshalb aber nicht über sich ergehen lassen – zumal nicht, wenn er unmissverständlich auf sie verzichte. Aber allein aus einer telefonischen Bestellung lasse sich nicht ableiten, dass eine Beratung nicht gewünscht ist. „Die Entscheidung des Kunden für die öffentliche Apotheke statt für eine Versandapotheke zeigt vielmehr, dass der Kunde sich nicht mit den eingeschränkten Diensten einer Versandapotheke zufrieden gibt. Die Zustellung der Boten der Apotheke ist eben keine Form des Versandhandels, sondern der stationären Abgabe von Arzneimitteln“, so die Richter.
Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Es handele sich um eine reine Einzelfallentscheidung, so die Richter. Die Wettbewerbszentrale meint hingegen schon, dass sich die Entscheidung generell auf das Pillentaxi-Konzept sowie andere Botendienst-Konstruktionen auswirken kann. Ausgangspunkt ist: Hat vorher keine fachkundige Beratung stattgefunden, muss der ausliefernde Bote dem pharmazeutischen Personal angehören.
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