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DocMorris will Apothekenmarkt umkrempeln

BERLIN (lk). Mit weitreichenden Forderungen zur Neuordnung des deutschen Apothekenmarktes hat sich die Versandapotheke DocMorris in einem "Politischen Manifest" zur Bundestagswahl unter der Überschrift "Die neue Apotheke 2020" zu Wort gemeldet: DocMorris fordert darin eine gesetzliche Erlaubnis für Rx-Boni, die Zulassung von Apothekenketten, die Möglichkeit von Selektiverträgen zwischen Apotheken und Krankenkassen sowie gesetzliche Regelung für apothekengesteuertes Medikationsmanagement und die Zulassung von Apothekenbussen.

Aus Sicht von DocMorris entspricht die heutige Rolle des Apothekers "weder rechtlich noch tatsächlich" seiner Bedeutung als Leistungserbringer im Rahmen der künftig immer mehr an Bedeutung gewinnenden Arzneimitteltherapie. "Als Vertragspartner der Krankenkassen ist er nicht stark, spielt für Selektivverträge keine Rolle und hat bei der integrierten Versorgung nach §§ 140 a ff SGB V kein Gewicht. Daher muss der Apotheker gestärkt werden. Ein modernes Medikationsmanagement als Begleitung, Beratung, Koordinierung und Betreuung bei der Arzneimitteltherapie ist zukünftig seine zentrale Aufgabe. Es wird medizinisch für die Gesundung des Patienten und wirtschaftlich für die Kassen immer wichtiger. Dies muss allerdings auch honoriert werden", heißt es im "Politischen Manifest". Die Politik solle daher ein modernes, systematisches Medikationsmanagement und die neue Rolle des Apothekers auf den Weg bringen.

Dazu gehören für DocMorris folgende Elemente:

  • Implementierung und Etablierung eines genau definierten und geregelten Medikationsmanagements.
  • Mehr Spielraum für versorgungsbezogene Selektivverträge mit Apotheken nach dem SGB V. Apotheken sollten auf wettbewerblicher Basis mit den Krankenkassen Verträge zur Integrierten Versorgung gemäß §§ 140 a ff SGB V abschließen können.
  • Ein Prämiensystem bei der Medikation mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln sei rechtlich zuzulassen und politisch zu fördern.

DocMorris will Apothekenbusse und Apomaten

Der Wettbewerb bei Apothekendienstleistungen werde durch das starre gesetzliche Festhalten an der antiquierten und unflexiblen Apothekenbetriebsform behindert, behauptet DocMorris. Für die Sicherung einer effizienten Versorgung in der Zukunft müsse sich das System Apotheke rechtlich und betriebswirtschaftlich für moderne Unternehmensorganisationen öffnen. Das gelte insbesondere für die Sicherstellung der Versorgung mit Apothekendienstleistungen im ländlichen Raum. Die "Landflucht" von Ärzten und Apotheken werde immer mehr zum drängenden Problem des Gesundheitssystems. Neue Konzepte würden dringend gebraucht. "DocMorris schlägt den Einsatz von Apothekenbussen als mobile, mit modernster Kommunikationstechnik ausgestattete Versorgungs- und Dienstleistungsstellen vor. Ebenso den ‚Apomaten‘, der Patienten mit den gebräuchlichsten Medikamenten versorgt", heißt es weiter.

Ruf nach Prämien

Eine patientenorientierte, flächendeckende Gesundheitsversorgung benötige beides: ortsgebundene Apotheken und Versandapotheken. Dem dienten auch finanzielle Anreize wie eine Prämie und andere Incentives, die Patienten für Kooperation und Therapietreue belohnten. Wer dies ablehne, verkenne, dass aktive, informierte Patienten wesentlich therapietreuer sind als weniger informierte.

Die Zukunft der Arzneimittelversorgung erfordert laut DocMorris innovative und kreative Lösungsansätze: neue Wege der Zusammenarbeit in der Vernetzung des Apothekers mit Ärzten und anderen Gesundheitsberufen, neue spezialisierte Dienstleistungen neben der bloßen Abgabe von Medikamenten und Medizinprodukten, neue Wege bei der Dienstleistung am Kunden und Patienten. Ein vielfach vernetztes Denken und Handeln werde die Funktion des Apothekers bestimmen. Neben die klassische Arzneimittelversorgung träten mehr und mehr ein patientenorientiertes, indikationenbezogenes Medikationsmanagement, wobei die Apotheke mit anderen Leistungserbringern zur Optimierung der Arzneimitteltherapie zusammenarbeite. "Die Sicherung einer hochwertigen, effizienten und wohnortnahen Gesundheitsversorgung gehört zu den wichtigsten gesundheitspolitischen Herausforderungen der Zukunft", so das Politische Manifest. Gemessen daran trete das deutsche Gesundheitssystem seit Jahren "nahezu auf der Stelle".

Apotheker hinken Entwicklung hinterher

Die öffentliche Wahrnehmung und vielfach auch das überkommene Selbstverständnis des Apothekers entsprechen für DocMorris nicht mehr der stetig wachsenden Bedeutung der Arzneimitteltherapie. Diese sei in den letzten Jahrzehnten eine der tragenden Säulen des Gesundheitssystems geworden. Die Rolle des Apothekers sei bei dieser Entwicklung nicht mitgekommen. Wichtig sei eine systemische Einbindung des Apothekers in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung, zum Beispiel in neue Formen der integrierten Versorgung gemäß §§ 140 a ff SGB V, fordert das Papier. Denn dem Apotheker komme in einem modernen Versorgungsmanagement eine anspruchsvollere Rolle zu als je zuvor. Als Verantwortlicher für eine optimale Umsetzung des therapeutischen Medikationsprozesses müsse er alle medizinisch und pharmazeutisch relevanten Informationen erfassen und bewerten. Er habe die anderen Therapiebeteiligten wie Ärzte oder Pflegepersonal zu beraten oder, z. B. bei Medikationsirrtümern, zu intervenieren.


Max Müller: "Geliefert wird sofort, gezahlt wird sechs Wochen später. Dies gilt auch für gleichzeitig mit einem Rezept bestellte rezeptfreie Arzneimittel."
Foto: DAZ/Sket

BeamtenSpecial


Beamte müssen bei DocMorris ab sofort gekaufte rezeptpflichtige Arzneimittel erst nach sechs Wochen bezahlen. Grund für diesen BeamtenSpecial (BS) genannten Service ist laut DocMorris die Beobachtung, "dass immer mehr Staatsdiener den Kauf notwendiger Medikamente hinauszögern, weil sie diese zunächst aus eigener Tasche bezahlen müssen und sich die Kostenerstattung durch staatliche Beihilfestellen oft wochenlang verzögert."

Laut DocMorris besteht darin ein "nicht unerhebliches Gesundheitsrisiko für diese Berufsgruppe". Mit dem BS-Service solle es allen Beamten ermöglicht werden, ihre vom Arzt verordneten, teils auch teuren Medikamente, erst dann bezahlen zu müssen, wenn die Erstattungsleistungen der Beihilfe in der Regel auf dem Konto des Versicherten eingegangen sind. "Die Versandapotheke möchte eine systembedingte Benachteiligung ausgleichen, für die es keine gesundheitspolitische Begründung gibt", erklärt DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller.

Beamte seien von Gesetzes wegen privat versichert. Sie müssten daher, anders als gesetzlich Versicherte, vom Arzt verordnete Medikamente erst mal komplett selbst bezahlen. Das falle vielen nicht leicht, vor allem wenn sie in unteren und mittleren Gehaltsstufen eingruppiert seien. "Da wird dann schon mal abgewogen, ob man wegen bestimmter Medikamente sein Konto überziehen und Zinsen zahlen soll oder lieber ganz auf den Kauf verzichtet", so Müller weiter. Als Gesundheitsdienstleister sehe die Versandapotheke DocMorris es als ihre Aufgabe an, die Beamten hier finanziell zu entlasten. Insofern stehe das Kürzel BS nicht nur für BeamtenSpecial, sondern auch für "burden sharing", also für eine gerechte Verteilung von Lasten.

Der DocMorris BS-Service gelte für alle in Bund, Ländern und Gemeinden sowie den Körperschaften des Öffentlichen Dienstes beschäftigte beihilfeberechtigte Beamte, Anwärter und Pensionäre. Auch die beihilfeberechtigten Familienangehörigen und Partner gehörten dazu. Dies sind laut DocMorris insgesamt rund 4,25 Millionen Menschen.

Elektronische Gesundheitskarte ausbauen

Notwendig dafür erachtet DocMorris Fortschritte beim Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte: Es sei kaum vorstellbar, dass dies ohne elektronische Kommunikations- und Speichermedien wie die eGK und digitale Patientenakten gelingen könne. "Wir von DocMorris plädieren deshalb mit Nachdruck dafür, das Medikationsmanagement zugleich als Chance für die Entwicklung und Erprobung innovativer personaler und technischer Kooperationsformen im Dienst der Gesundheit des Patienten zu begreifen und zu fördern."

Erfolgsorientiertes Honorar für Medikationsmanagement

Für das angestrebte Medikationsmanagement verlangt DocMorris eine eigenständige Bezahlung der Apotheker: Eine Vergütung mit festen Apothekenzuschlägen ohne jede Leistungsdifferenzierung werde dem Anspruch einer qualifizierten Beratung und Betreuung nicht mehr gerecht. Die Vergütung für das Medikationsmanagement müsse sich am Erfolg der individuellen Therapie bzw. an der durch die vom Apotheker gesicherten Therapietreue orientieren. Zudem sollte effizientes Medikationsmanagement zu einem eigenständigen Versorgungsziel weiterentwickelt werden. Ebenso wie Ärzte, Krankenhäuser und Pflegeheime sollten Apotheker auf wettbewerblicher Basis Verträge zur Integrierten Versorgung gemäß §§ 140 a ff. SGB V mit den Krankenkassen abschließen können.

Apothekenketten gewünscht

Nicht überraschend plädiert die mittlerweile zur Schweizer Zur Rose AG gehörende Versandapotheke DocMorris für die Zulassung von Apothekenketten: "Apothekenketten mit einem signifikanten Finanzpotenzial können mit Filialbetrieben den Wettbewerb bei Apothekendienstleistungen insgesamt stärken. Darüber hinaus stellen sie einen regionalen Versorgungsausgleich schneller und reibungsloser her. Daher ist der Forderung des GKV-Spitzenverbandes zuzustimmen, das Mehr- und Fremdbesitzverbot bei Apotheken abzuschaffen. Kapitalgesellschaften sollten als Betreiber von Apotheken auch in Deutschland zugelassen werden."

Zur Sicherstellung der ländlichen Arzneimittelversorgung sollen nach den Vorstellungen der Versandapotheke völlig neue und unkonventionelle Lösungen umgesetzt werden. Das "System Apotheke" könne noch breiter und intensiver zur medizinisch-pharmazeutischen Versorgungssicherheit in den ländlich strukturierten Regionen beitragen, wenn die gesundheitspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für "Versorgungsinnovationen" geschaffen würden: beispielsweise Apothekenbussen oder die Einrichtung von Dispensierautomaten, aus denen zu jeder Zeit die wichtigsten und gebräuchlichsten rezeptfreien Arzneimittel, aber durchaus auch verschreibungspflichtige Medikamente nach persönlicher Identifizierung und ggf. Prüfung des Rezeptes durch pharmazeutisches Fachpersonal entnommen werden könnten ("Apomat"). Hinzutreten könnte die generelle Einführung des eRezeptes, das insbesondere in Verbindung mit dem Versandhandel oder den Apothekenbussen zur Sicherstellung der Versorgung beitragen würde. Das Fazit von DocMorris: Es sollten die "rechtlichen Grundlagen für neue Apothekenkonzepte geschaffen werden. Kein Weg sollte von vornherein ausgeschlossen werden, wenn es um die Gesundheit der Menschen geht."


Mehr im Web


Das "Politische Manifest" von DocMorris im Original finden Sie bei DAZ.online im Bereich Service/DAZ plus/ Dokumente.

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