Arzneimittel und Therapie

Endokrine Therapie des Mammakarzinoms

In zwei aktuellen Studien und einer Metaanalyse wurde untersucht, ob eine mehr als fünfjährige Tamoxifen-Einnahme mit einem weiteren rezidivfreien Überlebensvorteil für die Brustkrebspatientin einhergeht. Da die Ergebnisse nicht einheitlich sind, sollte derzeit über eine längere Einnahmedauer individuell entschieden werden.

Bei Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinomen erfolgt nach der chirurgischen Entfernung des Tumors und der Bestrahlung – gegebenenfalls nach einer zusätzlichen Chemotherapie – eine fünfjährige antihormonelle Behandlung, um endokrine Signale für das Tumorwachstum zu unterbinden. Dieses Konzept hat sich bewährt und schlägt sich in einem verlängerten rezidivfreien Überleben nieder. Die Frage, ob eine noch länger andauernde adjuvante Hormontherapie mit einem weiteren Benefit einhergeht, wurde in mehreren Studien untersucht, aktuelle Ergebnisse wurden auf dem diesjährigen amerikanischen Krebskongress (ASCO) vorgestellt.

  • Die britische aTTom-Studie (adjuvant Tamoxifen Treatment offer more) wurde in der Plenarsitzung erörtert. An dieser Studie nahmen knapp 7000 Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom teil. Ein Teil der Patientinnen nahm Tamoxifen während fünf Jahren ein, der andere Teil zehn Jahre lang. In der Zehn-Jahres-Gruppe traten weniger Rezidive auf als in der Fünf-Jahres-Gruppe (580 von 3468 vs. 672 von 3485 Patientinnen, p = 0,003). Diese Reduktion war zeitabhängig und erfuhr im letzten Jahr ihre stärkste Ausprägung. Die brustkrebsspezifische Sterblichkeit war bei einer verlängerten Tamoxifen-Gabe ebenfalls geringer (392 vs. 443 Todesfälle nach Rezidiv, p = 0,05). Auch dieser Benefit trat wiederum erst mit fortschreitender Zeit auf. Die Gesamtmortalität war unter der langjährigen Tamoxifen-Einnahme niedriger (849 vs. 910 Todesfälle, p = 0,1); die nicht-brustkrebsbedingte Sterblichkeit unterschied sich nicht signifikant.
  • Diese Ergebnisse stimmen mit den Daten der ATLAS-Studie (Adjuvant Tamoxifen: Longer Against Shorter) überein, in der ebenfalls untersucht wurde, ob eine Verlängerung der Tamoxifen-Einnahme auf zehn Jahre mit einem Benefit für die Patientin einhergeht. An der weltweit durchgeführten Studie nahmen ebenfalls knapp 7000 Frauen teil, die an einem Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom erkrankt waren. In der Gruppe, die zehn Jahre lang Tamoxifen eingenommen hatte, trat bei 617 von 3428 Frauen ein Rezidiv auf, in der Kontrollgruppe bei 711 von 3418 Frauen (p = 0,002). Ebenfalls nahmen Brustkrebsmortalität (331 vs. 397 Todesfälle, p = 0,01) und Gesamtmortalität (639 vs. 722, p = 0,01) ab.
  • Zu einem anderen Resultat kam eine ebenfalls auf dem diesjährigen ASCO vorgestellte Metaanalyse zur verlängerten Gabe von Tamoxifen. Hier zeigte die Auswertung von sechs Studien mit rund 25.000 Patientinnen, dass eine verlängerte Tamoxifen-Einnahme nur mit einer nicht-signifikanten Reduktion des Rückfallrisikos (Odds ratio 0,89, p = 0,14) verbunden war. Ein potenzieller Nutzen der erweiterten Tamoxifen-Gabe wurde nach Abschluss der verlängerten Therapie und für Patientinnen mit positivem Lymphknotenbefund beobachtet. Unter der verlängerten Tamoxifen-Einnahme traten häufiger Endometriumkarzinome auf.

Kommentar der deutschen Krebsgesellschaft

Diese Studien wurden auch von der deutschen Krebsgesellschaft kommentiert. Ihr Fazit: "ATLAS und aTTom als große randomisierte Studien sind in diesem Kontext anders zu bewerten als diese Metaanalyse. Beide zeigen eindeutig einen Vorteil – aber wie erwartet haben die Patientinnen mit dem größten Risiko auch den größten Benefit. Die Nutzen-Risiko-Analyse hat vor der Entscheidung zur Fortsetzung der Tamoxifen-Therapie immer individuell zu erfolgen."


Zum Weiterlesen


Schwanger und Brustkrebs – was tun?

Zwischen optimaler Therapie und dem Schutz des ungeborenen Kinde

DAZ 2013, Nr. 21, S. 40– 42.



Quelle

Gray R et al. aTTom: Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years in 6,953 women with early breast cancer. ASCO 2013 Abstract 5 (J Clin Oncol 31, 2013; suppl. abstr 5).

Amir E. Extended adjuvant tamoxifen for early breast cancer: A meta-analysis. ASCO 2013 Abstract 539 (J Clin Oncol 31, 2013 suppl. abstr 539).

Davies C et al. Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years after diagnosis of oestrogen receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomized trial. Lancet 381, 805 – 816 (2013).

www.krebsgesellschaft.de/arzt_asco_2013_mca_tamoxifen_ber,233068.html (Zugriff am 7. Juli 2013).


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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