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Die Kräfte bündeln!

BONN (du). Im Rahmen des 4. Deutschen Kongresses für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie wurde der Aktionsplan 2013 - 2015 zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Deutschland vorgestellt. Geplant sind 39 Projekte und Maßnahmen, die auf unterschiedliche Art und Weise dazu beitragen sollen, dass die medikamentöse Therapie optimiert und Fehler vermieden werden. Wir haben mit Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Professor für Klinische Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn, über Inhalte, Zielsetzung und die Rolle der Apotheker im Rahmen dieses Aktionsplans gesprochen.
Prof. Dr. Ulrich Jaehde Foto: DAZ/du

DAZ: Herr Prof. Jaehde, die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessern, das ist ein Anliegen nicht nur von Apothekern, sondern auch von Ärzten und Patientenorganisationen und nicht zuletzt der Krankenkassen. Welche Ziele verfolgt der Aktionsplan zur Verbesserung der AMTS, wer zeichnet sich dafür verantwortlich und wer finanziert die unterschiedlichen Maßnahmen?

Jaehde: Der Aktionsplan verfolgt das Ziel, die vielfältigen Maßnahmen zur Verbesserung der AMTS in Deutschland zu bündeln. Dabei soll vor allem die Zusammenarbeit aller Organisationen und Verbände gefördert werden, die hierzu etwas beitragen können. Der Aktionsplan wird von einer Koordinierungsgruppe inhaltlich gestaltet und begleitet, die vom BMG eingerichtet wurde. In der Koordinierungsgruppe arbeiten mit Prof. Schulz (ABDA), Dr. Amann (ADKA) und mir als Vertreter des Aktionsbündnisses Patientensicherheit auch drei Apotheker mit. Die für die einzelnen Maßnahmen verantwortlichen Organisationen werden vom BMG auf Vorschlag der Koordinierungsgruppe benannt. Viele der Maßnahmen werden von den beteiligten Organisationen, einige aber auch vom BMG direkt finanziert. Die Umsetzung der ersten beiden Aktionspläne hat das BMG mit etwa zwei Millionen Euro unterstützt. Das Budget für den dritten Aktionsplan steht noch nicht fest. Einige Maßnahmen stehen leider unter Finanzierungsvorbehalt.


DAZ: Welche besonderen Aufgaben sind für den laufenden Aktionsplan den Apothekern zugedacht? Welche Projekte unter Beteiligung der Apotheker sind von herausragendem Interesse?

Jaehde: Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, an denen ABDA und ADKA beteiligt sind. Herausragende Projekte aus Sicht der Apotheker sind die Entwicklung eines einheitlichen Medikationsplans, die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für eine Medikationsüberprüfung und die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Ärzte- und Apothekerschaft. Auch die zentrale Erfassung und Bewertung von Medikationsfehlern ist ein wichtiger Schritt zu mehr AMTS, weil dann alle Beteiligten nicht nur aus den eigenen, sondern auch aus den Fehlern anderer lernen können. Für Apotheker ist das Thema hochrelevant, weil Maßnahmen zur Verbesserung der AMTS, wie das Medikationsmanagement, maßgeblich zur Weiterentwicklung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung beitragen können.


DAZ: Sie haben schon die Erarbeitung eines Konzepts für die flächendeckende Bereitstellung eines einheitlichen Medikationsplans angesprochen. Dazu will man sich der elektronischen Gesundheitskarte bedienen? Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass dies gelingt?

Jaehde: Der einheitliche Medikationsplan soll vor allem die intersektorale und interprofessionelle Kommunikation erleichtern, indem AMTS-relevante Daten harmonisiert und strukturiert werden. Softwareunternehmen haben bei der Entwicklung des einheitlichen Medikationsplans eine wesentliche Rolle gespielt, sodass eine flächendeckende Umsetzung realistisch ist. Sobald es technisch möglich ist, könnte der Medikationsplan in die eGK integriert werden. Das wird sicher noch etwas dauern, aber zur Zeit finden dazu intensive Gespräche statt.


DAZ: Eine weitere Maßnahme betrifft die Erstellung eines Merkblatts für Patienten mit Informationen für die sichere Anwendung nicht-verschreibungspflichtiger Analgetika. Was wird das Besondere an diesem Merkblatt im Vergleich zu Patienteninformationen sein, die Apotheken ihren Patienten schon jetzt zur Verfügung stellen?

Jaehde: Es gibt ja bereits ein allgemeines Merkblatt für Patienten mit Tipps für eine sichere Arzneimitteltherapie, das im Rahmen der bisherigen Aktionspläne von allen wichtigen Akteuren gemeinsam erarbeitet wurde. Es macht Sinn, auch spezielle Merkblätter für Arzneimittel mit besonderen Risiken herauszugeben. Dazu gehören zweifellos die nicht-verschreibungspflichtigen Analgetika. Das BMG möchte mit diesem Merkblatt die Patienten ganz besonders für die Risiken eines Missbrauchs sensibilisieren. In diesem Merkblatt wird also inhaltlich nichts Neues stehen. Wie beim allgemeinen Merkblatt ist aber das Besondere daran, dass der Text wieder von allen wichtigen Akteuren gemeinsam erarbeitet wird. So ist es auch wahrscheinlicher, dass das Merkblatt später nicht nur von Apotheken, sondern z. B. auch von Arztpraxen, Krankenkassen und Patientenverbänden genutzt wird.


DAZ: Der Aktionsplan hat auch die Risiken der Selbstmedikation im Visier. Hier sollen in Abstimmung mit an der Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen Strategien zur Risikoreduktion erarbeitet werden? Wie sollen diese aussehen?

Jaehde: Da bekanntlich auch die Selbstmedikation mit zahlreichen Risiken für Medikationsfehler verbunden ist, spielt sie auch im Aktionsplan eine wichtige Rolle. Unter Federführung der ABDA soll 2014 ein Workshop stattfinden, auf dem neue Strategien zur Risikoreduktion entwickelt werden sollen. Zu diesem Workshop sollen auch Vertreter der Ärzteschaft, des BfArMs und der pharmazeutischen Industrie eingeladen werden, damit alle Beteiligten an einem Strang ziehen.


DAZ: Eine weitere interessante Maßnahme ist die Erarbeitung praxisnaher Unterrichtsmodule zur AMTS zur gemeinsamen Nutzung für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Was bedeutet gemeinsame Nutzung? Jede Berufsgruppe bedient sich der gleichen Module oder ist eine gemeinsame Unterrichtung geplant? Was bedeutet das für die Ausbildung von Medizinern und Pharmazeuten? Könnte das ein erster Schritt in Richtung gemeinsame Veranstaltungen während des Studiums sein?

Jaehde: Im Auftrag des Aktionsbündnisses Patientensicherheit führt die Universität Frankfurt derzeit eine Wissensstanderhebung über AMTS unter Studierenden der Medizin und Pharmazie durch. Hiermit sollen zunächst mögliche Wissensdefizite in beiden Studiengängen konkret identifiziert werden. Auf der Basis der Ergebnisse sollen dann Unterrichtsmodule zu AMTS-relevanten Themen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe unter Einbeziehung der Pflege erarbeitet werden. Einige der Module sollen so konzipiert werden, dass sie für gemeinsame Lehrveranstaltungen von Medizin- und Pharmaziestudierenden bzw. gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen von Ärzten, Apothekern und Pflegekräften geeignet sind. Dahinter steckt die Idee, dass durch gemeinsames Erlernen von AMTS-fördernden Maßnahmen deren Umsetzung in der Praxis besser gelingen kann.


DAZ: Der Aktionsplan 2013 – 2015 ist eine Fortschreibung der Aktionspläne 2008 – 2009 und 2010 – 2012. Was wurde bisher erreicht?

Jaehde: Zahlreiche Maßnahmen der ersten beiden Aktionspläne wurden bereits umgesetzt. Ganz genau kann man das auf der Homepage des Aktionsplans www.ap-amts.de nachlesen. Aus meiner Sicht sind die Entwicklung einer frei zugänglichen Internet-Datenbank zur Arzneimitteltherapie in Schwangerschaft und Stillzeit (www.embryotox.de), die Entwicklung einer multiprofessionellen Intervention zur Verbesserung der AMTS in Alten- und Pflegeheimen und natürlich die Entwicklung des bereits erwähnten einheitlichen Medikationsplans die bisher größten Erfolge.


DAZ: Herr Professor Jaehde, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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