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Erneute Anpassung des Rentensystems erforderlich?
Sozioökonomen der Bertelsmann-Stiftung haben berechnet, wie sich das Rentenniveau verändert, wenn die geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1970 in den wohlverdienten Ruhestand treten. Dabei haben sie auch berücksichtigt, dass die Lebenserwartung dank der Fortschritte in Pharmazie und Medizin voraussichtlich weiter steigt, während nicht mit einer signifikanten Zunahme der Geburtenrate zu rechnen ist. So werden im Jahr 2060 etwa 63 Prozent aller Bürger 65 Jahre alt oder älter sein; derzeit sind es erst rund 30 Prozent. Die Beiträge zur Rentenversicherung müssten im selben Zeitraum von 18,9 auf 27,2 Prozent steigen, um eine Rente netto vor Steuern von 41,2 Prozent zu ermöglichen. Derzeit liegt das Rentenniveau bei knapp 50 Prozent.
Lebensarbeitszeit anheben
Um das Rentenniveau zu halten, müssen die Deutschen vielleicht ab 2030 bis zum 69. Lebensjahr arbeiten. Schon die Rente mit 67 führte aber bei Arbeitnehmern und Gewerkschaften zu Protesten. Das große Problem: Viele Betriebe, öffentliche Apotheken nicht ausgenommen, stellen lieber junge Mitarbeiter ein. Sie kosten weniger und leisten mehr, lautet die Milchmädchenrechnung. Bis alle Chefs erkannt haben, dass gerade in beratungsintensiven Branchen auch Kompetenz und Erfahrung zählen, kann es noch dauern. Umso absurder erscheint aus diesem Blickwinkel der aktuelle Lösungsvorschlag.
Bürgerversicherung einführen
Als weiteren Weg aus dem Dilemma empfehlen Wirtschaftsforscher eine Bürgerversicherung, sprich eine Versicherungspflicht auch für Selbstständige und für Beamte. So ließen sich der Anstieg der Beitragssätze und das Sinken des Rentenniveaus stoppen: Der Beitragssatz läge 2060 bei 24,7 Prozent, das Rentenniveau bei 50,8 Prozent.
Mehr Beschäftigung, mehr Qualifizierung
Allerdings sind damit noch längst nicht alle Potenziale ausgeschöpft. Bessere Qualifikationen und eine höhere Erwerbstätigkeitsquote der Frauen könnten die Aussichten bessern. Das Recht auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab Mitte 2013 sei ein Schritt in die richtige Richtung, schreiben die Autoren der Studie. Künftig müsse nicht nur auf die Zahl entsprechender Angebote, sondern auch auf deren Qualität geachtet werden.
Konstruktionsfehler des Rentensystems beheben
Leider verschieben die vorgeschlagenen Maßnahmen die Probleme nur in die Zukunft, weil sie die generellen Schwächen des umlagefinanzierten Rentensystems nicht beheben. Nach Ansicht der Autoren könnten letztlich nur signifikant mehr Geburten das Rentensystem nachhaltig stabilisieren. Es gebe aber zu wenig Anreize, Kinder in die Welt zu setzen. Als Lösung wären kinderbezogene Rentenansprüche denkbar, was bedeuten würde, dass kinderlose Arbeitnehmer stärker als bisher privat vorsorgen müssten.
Michael van den Heuvel
InternetStudie der Bertelsmann-Stiftung: http://bit.ly/WoW5Mj Stellungnahme der Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität": http://bit.ly/YWgdFj |
Kommentar
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Gegen demografische Tendenzen sind Arbeitnehmer mehr oder minder machtlos. Das heißt aber nicht, dem Geschehen tatenlos zusehen zu müssen. ADEXA setzt hier auf die betriebliche Altersvorsorge: Tarifgebundene Kolleginnen und Kollegen bekommen dafür einen wochenstundenabhängigen Beitrag des Arbeitgebers. Nutzen sie die Möglichkeit, einen Teil ihres Arbeitsentgelts für die Rente umzuwandeln, gibt es zusätzlich einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge. Das sind 20 Prozent des umgewandelten Betrags.
Dass der Staat die Kindererziehung stärker in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt, wäre aus unserer Sicht durchaus wünschenswert. Darauf verlassen sollten wir uns aber nicht. Immerhin bewegen wir uns langsam nach vorne; ab August haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Kita-Plätze.
Barbara Neusetzer, ADEXA, Erste Vorsitzende
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