Arzneimittel und Therapie

Cochrane Review bewertet topische Corticosteroide

Eine chronische Rhinosinusitis, die mit Nasenpolypen einhergeht, ist die Folge entzündlicher Schleimhautveränderungen in der Nase und den Nasennebenhöhlen. Es kommt zur Verengung der Luftwege, der oft mit einer Nasennebenhöhlen-Operation begegnet wird. Zudem gehören topische Corticosteroide zur Therapie der ersten Wahl. In einem Cochrane-Review wurde untersucht, welchen Stellenwert sie im Zusammenhang mit einer Operation haben.

Die klinische Definition einer chronischen Rhinosinusitis ist eine Entzündung der Nase und Nasennebenhöhlen, die länger als 12 Wochen ohne zwischenzeitlichen Rückgang der Symptome andauert. Mindestens zwei Symptome, wie nasale Obstruktion, Nasensekretion, Gesichtsschmerz, Druckgefühl oder Riechminderung müssen vorhanden sein. Endoskopische Zeichen wie Nasenpolypen, eitriger Ausfluss oder Schwellung und Schleimhautobstruktion und/oder Veränderung im Computertomogramm müssen sich darstellen lassen. Die polypöse Rhinosinusitis ist eine Sonderform der chronischen Rhinosinusitis, bei der es zu Schleimhautaussackungen kommt, die zu einer verstopften Nase führen und Atmung und Riechvermögen beeinträchtigen. Verengungen der Luftwege begünstigen bakterielle Besiedelung und Entzündungsprozesse. Durch operative Eingriffe in den Nasennebenhöhlen sollen Verengungen behoben und die Luftzirkulation wieder verbessert werden.

Die Entstehung der Nasenpolypen ist noch weitgehend unbekannt. Bei der chronischen Rhinosinusitis spielt die Besiedelung mit verschiedenen Keimen, wie Staphylococcus aureus, Anaerobiern und Pseudomonas oder Pilzen eine Rolle. Bisher gibt es keine klaren Hinweise dafür, dass es sich um eine allergische Genese handelt, obwohl Nasenpolypen meistens mit einer Eosinophilen-dominierenden Entzündung, in bis zu 25% der Fälle mit einer Analgetika-Intoleranz (nichtsteroidale Antirheumatika) einhergehen. In 40% der Fälle sind Nasenpolypen auch mit Asthma bronchiale assoziiert.

Was leisten topische Steroide?

Im Rahmen eines Cochrane Reviews haben Kalish et al. 40 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 3624 Patienten mit Nasenpolypen untersucht. In diesen Studien hatten die Patienten topische Corticosteroide erhalten und es sollte geklärt werden, wie effektiv die Behandlung mit den Steroiden ist, wenn die Patienten schon operiert worden sind, demnächst operiert werden oder gar nicht operiert werden sollen. Desweiteren wurden verschiedene Dosierungen unterschiedlicher Steroide verglichen.

Besser als Placebo

Im Vergleich zu Placebo schnitten alle topischen Corticosteroide aus den eingeschlossenen Studien in Bezug auf Symptome, Polypgröße, Polyprezidive, und nasale Obstruktion signifikant besser ab.

Bei Patienten, die vor der Corticosteroid-Gabe eine Nebenhöhlenoperation hatten, kam es im Vergleich zu Patienten ohne Operation zu einem selteneren Wiederauftreten der Polypen.

Die häufigsten Nebenwirkungen waren Nasenbluten und lokale Irritationen, wie Juckreiz, Niesen, trockene Nase und Rhinitis. Die Beurteilung der Nebenwirkungen war erschwert, da die Nebenwirkungen auch typische Symptome der Rhinosinusitis sein konnten. Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen wurden von den Patienten toleriert. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass der Nutzen der Cortison-haltigen Nasensprays überwiegt.

Therapie der chronischen Rhinosinusitis mit Polypen


Topische Glucocorticoide

Topische Glucocorticoide sind die Therapie der ersten Wahl bei chronischer Rhinosinusitis mit oder ohne Nasenpolypen, da sie insbesondere die Eosinophilen-getriggerte Entzündungsreaktion in den Nasenpolypen effektiv hemmen. Zusätzlich kommt es zu einer Reduktion der Lymphozyten, deren Aktivierung und zu einer Cytokin-Produktion im Polypgewebe. Empfohlen wird der Gebrauch der topischen Steroide über mehrere Monate bei unbehandelten Nasenpolypen, um auch gegebenenfalls eine Operation zu vermeiden. Weiterhin werden sie zur Rezidivprophylaxe nach einem chirurgischen Eingriff für sechs bis zwölf Monate eingesetzt. Typische Nebenwirkungen sind lokale Irritationen und Nasenbluten.

Folgende topische Glucocorticoide stehen zur Verfügung:

  • Budesonid (z. B. Pulmicort Topinasal®, Aquacort Nasenspray®, Budes Nasenspray®)
  • Flunisolid (Syntaris®)
  • Triamcinolonacetonid (Nasacort®, Rhinisan®)
  • Beclometason (Beclomet Nasal®)
  • Fluticason (Avamys®, Flutide Nasal®)
  • Mometason (Nasonex®)

Systemische Glucocorticoide

Systemische Glucocorticoide werden ebenfalls bei der polypösen Rhinosinusitis eingesetzt, da die Polypen gut auf die Therapie ansprechen und zurückgehen. Die orale Steroidgabe kann eine Operation erleichtern oder hinauszögern. Ohne anschließende Operation liegt die Rezidivrate allerdings über 50%. Die typischen Nebenwirkungen oraler Corticosteroide sind zu beachten.


Weitere pharmakologische Therapieoptionen

Analgetika. Einsatz von Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac bei bestehenden Schmerzen.

Antibiotika. Als Alternative zur chirurgischen Therapie kann eine längerfristige systemische Therapie der chronischen Rhinosinusitis mit Antibiotika zusätzlich zu Steroiden in Betracht gezogen werden.

Die Angaben zu topischen Antibiotika sind widersprüchlich, die Anwendung wird nicht empfohlen.

Antimykotika. Eine antimykotische Therapie sollte in Betracht gezogen werden, wenn eine eitrige Rhinosinusitis auf zwei oder mehr antibiotische Behandlungszyklen nicht anspricht.

Dekongestiva. Der Gebrauch von abschwellendem Nasenspray wird nur zur symptomatischen Behandlung der akuten Rhinosinusitis für die Dauer von maximal 10 Tagen empfohlen.

Antihistaminika. Der Einsatz von Antihistaminika wird nur bei nachgewiesener allergischer Rhinitis empfohlen.

Leukotrienantagonisten. Bei Nasenpolypen zeigen sich positive Effekte durch Gabe von Montelukast sowohl präoperativ als auch als postoperative Rezidivprophylaxe.

Sekretolytika. Für den Nutzen von Sekretolytika wie Ambroxol oder Acetylcystein liegt keine Evidenz vor.

Phytopharmaka. Der Einsatz von Phytopharmaka, wie Myrtol, Cineol, Primelmischungen, Mischungen mit Eisenkraut oder Pelargoniumextrakte, erzielt zusätzlich zur Basistherapie der akuten Rhinosinusitis symptomlindernde Effekte.

Nasenduschen mit Salzlösungen. Für 2- bis 3%ige hypertone Salzlösungen wurde ein positiver Effekt beschrieben, nicht aber bei hypotonen oder isotonen Salzlösungen.


Chirurgische Therapie

Voraussetzung für eine Nasennebenhöhlenoperation der chronischen Rhinosinusitis mit Polypen ist ein ineffektiv gebliebener Behandlungsversuch mit Medikamenten. Ziele der Operation sind es, die nasale Physiologie wiederherzustellen, indem Polypen und anderes pathologisch verändertes Gewebe sowie Infektherde entfernt werden.

Die endoskopische, minimal-invasive Operation in Vollnarkose ist die Standardoperation der Nasennebenhöhlen. Postoperativ werden Nasenspülungen mit Salzlösungen und die Applikation topischer Corticosteroide angewandt, um die Wundheilung zu beschleunigen und die Rezidivrate zu senken.

Die Rezidivrate liegt bei 20 bis 60%. Die Wahrscheinlichkeit, dass wieder operiert werden muss, steigt mit der Nachbeobachtungsdauer von ca. 10% nach drei Jahren auf bis zu 20% nach fünf Jahren.

Fazit der Autoren

Topische Corticosteroide sollten immer ein Bestandteil der Therapie der chronischen Rhinosinusitis mit Nasenpolypen sein, da sie positive Effekte bei der Symptomkontrolle, Polypgröße und Wiederauftreten der Polypen zeigen. Bei einer vorangegangenen Sinusoperation sollte postoperativ ein Cortison-haltiges Nasenspray gegeben werden.

Bezüglich Wahl des Corticosteroids, Dosierung, Dauer der Anwendung, Patientenstatus (mit oder ohne vorherige Sinusoperation) und Applikationsmethode kann keine einheitliche Empfehlung gegeben werden, da die einbezogenen Studien diesbezüglich sehr uneinheitlich waren..

Die Autoren fordern weitere gut durchgeführte randomisierte Studien, um diese Fragen zu beantworten.


Literatur

Kalish L, Snidvongs K, Sivasubramaniam R, Cope D, Harvey RJ. Topical steroids for nasal polyps. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 12. Art. No.: CD006549. DOI: 10.1002/14651858.CD006549.pub2.

Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf-Hals-Chirurgie, S2k-AWMF-Leitlinie Rhinosinusitis; Stand 3/2011. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-049l_S2k_Rhinosinusitis_2011-07.pdf


Apothekerin Ina Richling, PharmD



DAZ 2013, Nr. 10, S. 30

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