Gesundheitspolitik

Europäischer Versandapothekenverband will weiter für Rx-Boni kämpfen

"Entscheidung gegen das Interesse der Patienten"

Berlin (ks). Seit gut zwei Wochen liegen die schriftlichen Gründe für die lange erwartete Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vor. Darin legt das unter anderem mit den Präsidenten aller höchsten Gerichtshöfe besetzte Gremium dar, warum das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für ausländische, nach Deutschland versendende Apotheken gilt (siehe DAZ 2013, Nr. 7, S. 74). Der Europäische Verband der Versandapotheken (EAMSP) hat sich mit seiner Stellungnahme Zeit gelassen – letzte Woche machte er jedoch deutlich, dass er gar nichts von der Begründung des Gemeinsamen Senats hält. Der EAMSP will die Rechtsfrage nach wie vor vor den Europäischen Gerichtshof bringen.

Die Begründung des Beschlusses verdeutliche, "dass die europarechtlichen Argumente aus Sicht des EAMSP in keiner Weise gewürdigt wurden", ärgert sich der Verband. "Der Gemeinsame Senat rechtfertigt dieses spezielle Preisrecht, um erklärtermaßen Wettbewerb zu verhindern – eine Entscheidung gegen das Interesse der Patienten".

Rechtsanwalt Thomas J. Diekmann, der den EAMSP juristisch berät, lässt über die Presseerklärung des Verbandes wissen: "Innerhalb des Beratungsverfahrens wurde dem Gemeinsamen Senat sowohl durch den Bundesgerichtshof als auch durch das Bundessozialgericht mitgeteilt, dass die Warenverkehrsfreiheit im Sinne des Art. 34 AEUV beschränkt werde und für den Fall einer territorialen Ausweitung deutschen Preisrechts der Europäische Gerichtshof zwingend anzurufen ist. Dennoch sah sich der Gemeinsame Senat nicht in der Pflicht, dem zu entsprechen und das Verfahren auszusetzen. Dies lässt sich nicht begründen." Der Gemeinsame Senat begründet seine Auffassung, warum er seine Entscheidung nicht im Widerspruch zum Unionsrecht sieht, allerdings durchaus. Er legt klar dar, dass kein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit vorliege. Ebenso begründet er, warum ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof nicht erforderlich ist.

Beim Verband – in dem unter anderem DocMorris, die Europa Apotheek und die Schweizer Versandapotheke Zur Rose Mitglieder sind – ist und bleibt man dennoch überzeugt: "Es gibt keine Gründe zur Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit, denn die Versandapotheken in den anderen Staaten der Gemeinschaft gewähren ihren deutschen Kunden seit über zwölf Jahren Boni, dennoch gibt es weiterhin über 20.000 Apotheken".

Der EAMSP, so Diekmann, werde nun alle erforderlichen Schritte unternehmen, um die Rechtsfrage von dem Europäischen Gerichtshof klären zu lassen". Der Hamburger Rechtsanwalt hat in Luxemburg bereits einschlägige Erfahrungen sammeln können. Dort scheiterte er bereits mit der DocMorris-Klage gegen das deutsche Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken. Auch hier war er von der Europarechtswidrigkeit der nationalen Regelungen überzeugt.



AZ 2013, Nr. 9, S. 2

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