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- AZ 20/2013
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Gesundheitspolitik
Schwache Argumente
Am heutigen Montag berät der Gesundheitsausschuss des Bundestags über das ANSG, bereits in der vergangenen Woche legten verschiedene Verbände ihre Stellungnahmen dazu vor.
Wenig verwunderlich war, dass die Krankenkassen – gesetzlich wie privat – nicht gerade in Jubel ausbrechen darüber, dass das von ihnen zu zahlende Apothekerhonorar um 16 Cent angehoben werden soll. Wenn aber der GKV-Spitzenverband sich in seiner Stellungnahme zu der Behauptung versteigt, die Krankenkassen finanzierten den Notdienst doch heute schon in Form der Noctu-Gebühr, dann muss man das als billige Polemik werten.
Genauso polemisch ist die Aussage, die Bereitstellung des Nacht- und Notdienstes als originäre Aufgabe der Apotheken sei mit der Anhebung des Honorars bereits als "leistungsgerechte Vergütung" berücksichtigt worden. Die Tatsache, dass die Regierung kurz nach der Erhöhung des Fixums die Notdienstpauschale ankündigte, zeigt doch, dass in der 25-Cent-Erhöhung die für notwendig erachtete Bezuschussung der Notdienste eben gerade nicht enthalten war, sondern als Strukturkomponente unabhängig vom Rx-Umsatz der Apotheke neu eingeführt werden soll.
Das Argument der privaten Kassen, es sei ein Grundsatz im deutschen Gesundheitssystem, dass nur die Leistungserbringung bezahlt wird, nicht das bloße Bereithalten einer Infrastruktur, ist erst einmal richtig. Auf den Nachtdienst übertragen müsste die Notdienstgebühr massiv steigen, damit die Bereitstellung (also die Dienstbereitschaft) über die Leistung (also Abgabe eines Arzneimittels in der Nacht) finanziert wird. In einigen Gegenden Deutschlands würde das bedeuten, dass die Honorierung für eine einzige im Nachtdienst abgegebene Packung mehrere Nächte Bereitschaft finanzieren müsste. Ob der Verband der privaten Kassen das wirklich fordern wollte? Ganz davon abgesehen, dass ich persönlich durchaus der Meinung bin, dass man einen Nacht- oder Notdienst als erbrachte Leistung ansehen kann, nicht nur als ein "Vorrätighalten" dieser Leistung.
Schwache Argumente also, die nur notdürftig verbergen können, um was es wirklich geht: Dass die Kassen sich weigern zur Kenntnis zu nehmen, dass die massiven Einschnitte, die angesichts des Schreckensszenarios eines Milliardendefizits den Leistungserbringern zugemutet wurden, angesichts der heutigen Überschüsse keine Berechtigung mehr haben.
Benjamin Wessinger
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