Gesundheitspolitik

Das mobile Portemonnaie

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Wenn von Smartphones gesprochen wird, dann häufig im Zusammenhang mit allen möglichen technischen Details. Eine durchaus unbemerkte, aber sehr aktuelle Funktionalität, ist die der digitalen Geldbörse. Die sogenannten Mobile Wallets schicken sich an, die Brieftaschen, Portemonnaies und Lederbörsen aufs Altenteil zu schicken. Die Zukunft des Bezahlens geht auf jeden Fall nicht an den digitalen Geldbörsen vorbei, mit denen der Kunde am Point of Sale per Handy in einem einzigen Vorgang zahlen, Punkte sammeln und Rabatte einlösen kann. Folgende Situation ist bekannt: am Feierabend muss noch schnell eingekauft werden, weil man feststellt, dass man nichts oder nicht das Richtige zu Hause hat. An der Kasse im Lebensmittelgeschäft stellt der Blick in den Geldbeutel schnell fest, dass zu wenig Bargeld vorhanden ist, es wird also mit der Bank- oder Kreditkarte bezahlt, ehe man merkt, dass in diesem Geschäft Punkte gesammelt werden könnten, die dann schnell noch auf einer separaten Loyality-Karte nachgeschossen werden. Zudem hatte man noch Rabattmarken vom letzten Einkauf dabei, die man einzulösen vergaß und die man so unnütz mitgebracht hatte, da deren Laufzeiten demnächst vorbei sind. Mit dem funktionalen Allround-Talent Smartphone ist dies kein Problem mehr, denn neben der Telefonie können E-Mails gelesen, Sofort-Botschaften abgesetzt, Videos geladen und eine Schnittstelle für soziale Netzwerke genutzt werden. Dazu kommen Features wie Navigation, Fotos schießen, ein Kalender, der gepflegt und abgerufen werden kann, ein Adressbuch sowie Spielefunktionen. Zudem haben der Handel und die Industrie erkannt, dass die Lust auf zusätzliche Informationen der Verbraucher über die Smartphones befriedigt werden kann.

Die Technik, die für das Bezahlen am POS notwendig ist, heißt NFC (Near Field Communication). Darunter darf ein Chip verstanden werden, der vor einem entsprechenden Lesegerät an einem Kassenterminal die aktuelle Transaktion auslösen kann. Der Vorläufermarkt für uns Deutschen – die USA – haben schon erste Erfahrungen mit den Mobile Wallets gemacht. Bank-, Kredit- und Pre-Paid-Karte werden digitalisiert und in einer Mobile Wallet auf dem Smartphone zusammengeführt, so dass der Konsument selbst an der Kasse entscheiden kann, mit welcher seiner Karten er bezahlen will bzw. von welchem Konto der heute entstandene Betrag abgebucht werden soll. So weit zu den Möglichkeiten – und wie sieht die Wirklichkeit in deutschen Apotheken aus?

Noch zahlt der Kunde im deutschen Handel tendenziell bar. Laut einer Studie des EHI Retail Institute Köln aus dem Jahr 2011 werden 57,2% des Umsatzes im deutschen Einzelhandel durch Barzahlung generiert, 39,7% gehen auf die unterschiedlichen Kartenarten zurück, darunter mit 21,1% ec-cash, inklusive maestro, 12,6% ec-Lastschrift, und 5,7% werden mit Kreditkarten generiert. Die restlichen 0,7% können den ausgegebenen Handelskarten zugerechnet werden. Schließlich werden 3,1% des Einzelhandelsumsatzes als Rechnung oder Sonstiges generiert. Mit anderen Worten kann daraus abgeleitet werden, dass das Akzeptieren von Bargeld auch heute noch Pflicht im stationären Handel also auch in Apotheken ist. Noch gilt Bargeld auch als das günstigste Zahlungsmittel, gleichwohl ist strittig, ob dies so bleiben wird, denn die Deutsche Bundesbank hat entschieden, sich aus der Bargeldlogistik zu weiten Teilen zurückzuziehen. Damit ist gemeint, dass die Ver- und Entsorgung mit Bargeld den privaten Anbietern überlassen wird. Seit Mai 2011 stellt die Deutsche Bundesbank aus diesem Grund nur noch sogenannte Normcontainer zur Verfügung. Bei 1-Euro-Stücken führt dies zu einer Mindestbestellmenge von 75.000 Euro, werden alle Münzsorten benötigt, ergibt dies 5t Münzen im Wert von 314.000 Euro. Dass dies weit über den normalen Bedarf auch für viele Banken und Wertdienstleister hinausgeht, leuchtet ein. Für eine noch nicht näher bestimmte Übergangszeit akzeptiert die Deutsche Bundesbank auch geringere Münzbestellungen, die dann allerdings auch mehr kosten, nämlich 25 Euro je Münzsorte und Bestellung. Bargeld wird also teurer.

Den Prognosen zufolge werden Bargeldbezahlung und unbare Bezahlung im Jahr 2015 auf gleicher Höhe sein, also 50:50. Ergo ist nicht nur das Aufrechterhalten der Möglichkeit des Barzahlens Pflicht, sondern auch das Anbieten von unbaren Zahlungsmöglichkeiten. Es wäre weltfremd, wenn man annehmen würde, dass dies in Apotheken nicht ginge. In manchen erbittet man dies vergebens, aber diese Gruppe stellt nicht die Mehrheit dar. Aber bedauerlicherweise gibt es sehr viele kleine Händler und auch nicht wenige Apotheker die das hohe Lied des Leidens anstimmen, wenn man unbar bezahlen möchte und auch gerne eine Diskussion darüber entfachen, welche Karte ihnen dann – aus Kostengründen – am liebsten sei. Dies geht gar nicht! Das Zahlen mit Karte muss nicht nur angeboten werden, sondern dies muss gerne aus voller Überzeugung und ohne unnötiges Gejammer angeboten werden. Dem unbaren Zahlungsverkehr gehört aus vielerlei Gründen die Zukunft, bei einer Komplettrechnung ist dies auch heute nicht wesentlich teurer, weil die abzuwickelnde Bargeldlogistik mit eingerechnet werden muss und es schließlich dem Kundenwunsch entspricht. Und diese wollen beim sowieso schon psychologisch nicht immer einfachen Zahlungsvorgang nicht noch eine weitere psychologische Barriere mit auf den Weg bekommen, dass es nun auch noch dem Herrn Apotheker nicht recht ist, wenn man nicht bar bezahlt. Zudem müssen in Apotheken ab und zu auch Arzneimittel gekauft werden, die nicht nur schnell teuer werden können, sondern auch mit dem ebenfalls nicht einfachen Thema Krankheit zu tun haben, warum also eine weitere Hürde errichten.

Wer Geschäfte machen will, sollte sich den aktuellen Standards anpassen und da ist das unbare Bezahlen ganz vorne mit dabei. Und da habe ich noch gar nicht die Idee des digitalen Geldbeutels aufgegriffen, der z. B. die Couponaktionen mit intelligenten Preisnachlässen verknüpft und damit kreatives Marketing bespielt. Hinken die Apotheken den Entwicklungen nach? Ein wenig schon!


Andreas Kaapke

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2013, Nr. 16, S. 2

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