Arzneimittel und Therapie

Nicht nur das Zittern belastet

Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Miktionsprobleme: Nicht-motorische Störungen im Rahmen eines Morbus Parkinson sind für Patienten und deren Angehörige oft mindestens so belastend wie die motorische Symptomatik. TANIMOS, eine nicht-interventionelle Studie, konnte nun zeigen, dass der COMT-Hemmer Tolcapon diese Beschwerden reduziert. Die Angehörigen profitieren durch eine deutliche Senkung der notwendigen Pflegezeit.

Rigor, Tremor, Akinese: Die typischen motorischen Störungen bestimmten über Jahrzehnte das Bild des Morbus Parkinson. Entsprechend lag der Fokus klinischer Studien auf dieser Symptomatik. Erst seit etwa fünf Jahren findet das breite Spektrum der nicht-motorischen Symptome (NMS) Beachtung, die Patienten und deren Angehörige erheblich belasten. Dazu gehören Schlafstörungen, Schmerzen, Depression und Tagesmüdigkeit, aber auch Reizbarkeit und Halluzinationen sowie kognitive Dysfunktion. Die Ursache: Im Verlauf der neurodegenerativen Erkrankung sind neben der Substantia nigra weitere Hirnregionen und Neurotransmittersysteme betroffen, erläuterte Prof. Dr. Thomas Müller, Berlin, auf einem Pressegespräch von Meda Pharma GmbH & Co. KG anlässlich des diesjährigen Deutschen Neurologenkongresses am 28. September in Hamburg. Die nicht-interventionelle Studie TANIMOS (Einfluss von TAsmar auf Parkinson-assoziierte NIcht-MOtorische Störungen) untersuchte nun den Effekt von Tolcapon (Tasmar®), einem peripher und zentral wirksamen COMT-Hemmer, auf NMS bei Patienten mit Morbus Parkinson. Insgesamt nahmen 125 Patienten im Hohn & Yahr Stadium bis IV aus 39 Praxen und acht Kliniken teil. Die Patienten waren mit Levodopa behandelt und seit vier Wochen stabil eingestellt. Die Studie dauerte vier Wochen. Zwei Wochen nach der Eingangsuntersuchung sowie bei der Abschlussuntersuchung wurde Blut zur Analyse der Leberwerte abgenommen. Zur Bestimmung der Intensität der nicht-motorischen Beschwerden und den damit verbundenen Belastungen wurden verschiedene Skalen und Fragebögen herangezogen, wie die UPDRS (Unified Parkinson‘s Disease Rating Scale) I, II und IV und die NMS (nicht-motorische Symptome)-Skala (siehe Kasten) für die Ärzte sowie der NMS-Fragebogen und der EuroQol, ein Indexinstrument zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, für die Patienten.

Weniger Müdigkeit – bessere Stimmung

Die zusätzliche Einstellung auf Tolcapon verbesserte die nicht-motorischen Komplikationen des Morbus Parkinson relevant. Die Intensität der Symptome, ermittelt anhand der NMS-Skala, reduzierte sich um 26%. Besonders deutlich waren die Effekte in den Bereichen Schlaf/Müdigkeit sowie Stimmung/Denkvermögen. Wahrnehmung und Aufmerksamkeit wurden dagegen kaum beeinflusst. Die Beurteilung der Patienten mittels NMS-Fragebogen bestätigte die Bewertung der Mediziner. Sie ermittelten zugleich eine Verbesserung auf der UPDRS-I (kognitive Funktion, Verhalten, Stimmung, intellektuelle Einschränkung) um 17%, auf der UPDRS-II (Aktivitäten des täglichen Lebens) um 18%. Gleichzeitig kam es nicht zu einer Zunahme von Dyskinesien unter Tolcapon. Die Off-Zeiten reduzierten sich um etwa die Hälfte.

Die NMS-Skala


Mittels der nicht-motorischen Symptome-Skala (NMS-Skala) werden folgende Störungen erfasst:

  • kardiovaskuläre Störungen/Stürze

  • Schlaf, Müdigkeit

  • Stimmung/Denkvermögen

  • Wahrnehmung, Halluzination

  • Aufmerksamkeit und Gedächtnis

  • gastrointestinale Störungen

  • Miktion

  • Sexualfunktion

Pflegeaufwand sinkt

Mit besonderer Spannung wurde das Urteil der Angehörigen (n = 67) erwartet, die zum Einfluss von Tolcapon auf den täglichen Zeitaufwand für die Pflege des Patienten befragt wurden. Er ging im Median um 80 Minuten von 390 auf 310 Minuten pro Tag zurück. Der Blick auf die Sicherheit: Insgesamt brachen acht Patienten die Studie ab, bei einem Patienten exazerbierte eine Obstipation. Transaminasenerhöhungen waren selten und klinisch nicht relevant. Bei zwei Patienten war die ALT (Alanin-Aminotransferase), bei einem Patienten die AST (Aspartat-Aminotransferase) erhöht. Laut Fachinformation muss die Leberfunktion unter einer Therapie mit Tolcapon allerdings alle zwei Wochen während des ersten Behandlungsjahres, alle vier Wochen während der folgenden sechs Monate und danach alle acht Wochen geprüft werden.


Apothekerin Dr. Beate Fessler



DAZ 2012, Nr. 51, S. 38

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