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Generika im AMNOG-Strudel
Generikahersteller blicken skeptisch auf die Verträge zwischen Originalherstellern und GKV-Spitzenverband zu Erstattungsbeträgen. Beispiel Ticagrelor (Brilique®, AstraZeneca): Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sah für eine bestimmte Patientengruppe einen beträchtlichen, für eine weitere einen "nicht quantifizierbaren", für drei Patientengruppen jedoch keinen Zusatznutzen von Ticagrelor gegenüber der Vergleichstherapie (Clopidogrel/ASS/Prasugrel).
Kann die "Praxisbesonderheit" Generika verdrängen?
Als sich AstraZeneca und GKV-Spitzenverband auf einen Erstattungsbetrag einigten, vereinbarten sie, dass Brilique® in den Indikationen, in denen der G-BA dem Medikament einen Zusatznutzen zugesprochen hat, als Praxisbesonderheit anerkannt wird. Sicherlich kein Einzelfall bei den Verträgen über einen Erstattungsbetrag. Für Ärzte ist dies eine feine Sache: Sie können ohne Regressdruck auch Innovationen verordnen, auf Mengen müssen sie nicht schielen. Das mag manch einen Mediziner verleiten, das Präparat auch Patienten zu verordnen, die an sich nicht zusätzlich profitieren. Denn ein generisches Clopidogrel ginge beispielsweise sehr wohl in ihre Richtgrößen ein und könnte somit ihr Budget belasten – auch wenn es weniger kostet. Dies, so die Sorge der Generikabranche, könnte etablierte generische Therapien verdrängen. Bislang lassen sich solche Befürchtungen allerdings nicht belegen. So räumt Hans Holger Bleß, Bereichsleiter Versorgungsforschung am IGES Institut, ein, dass noch kein Einfluss auf die Verordnungszahlen von Clopidogrel zu erkennen sei, seit Ticagrelor als Praxisbesonderheit gelte. Man werde die Entwicklungen jedoch auf jeden Fall im Auge behalten.
GKV wünscht sich mehr Daten
Auch für die Kassen gibt es ein Problem: Wie sollen sie erkennen, ob die Diagnose die Verordnung von Ticagrelor rechtfertigt? Zwar haben AstraZeneca und der GKV-Spitzenverband laut GKV-Vize Johann-Magnus von Stackelberg ein "enges Monitoring" vereinbart. Aber Stackelberg räumt ein, hier vor einer Herausforderung zu stehen – er wünscht sich daher von der Politik eine "Feinjustierung" des AMNOG. Damit ein Monitoring funktionieren kann, müssten dem GKV-Spitzenverband mehr Daten zur Verfügung stehen. Richtig problematisch könnte die Situation werden, wenn es um Arzneimittel geht, die nur für zehn Prozent einen relevanten Zusatznutzen haben und auch nur für diese Patientengruppe als Praxisbesonderheit anerkannt werden sollen. Hier wären die Kassen dankbar, wüssten sie die Diagnose.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich erklärte, die Politik würde gern mehr Daten fließen lassen – allerdings würden ihr vom Datenschutz allzu oft Schranken gesetzt.
Wolfgang Späth, Vorstandsvorsitzender von Pro Generika, wies auf weitere potenzielle Probleme für Generika durch das AMNOG hin. Zwar entschieden Hersteller, deren Präparate keinen Zusatznutzen zugesprochen bekommen haben, bislang überwiegend, diese Mittel vom deutschen Markt zu nehmen. Denkbar seien aber auch Fälle, in denen die Hersteller bereits länger eingeführter Präparate den Preis auf ein geringeres generisches Niveau senken. Dies würde dem nach Patentablauf möglichen Generikawettbewerb und insbesondere der Neueinführung von Generika dann keinen Raum mehr lassen.
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