- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 46/2012
- Fortbildung an der Ostsee
Aus den Ländern
Fortbildung an der Ostsee
Thema: Atmungsorgane
Am Freitag eröffnete Jira in gewohnter Weise die begleitende Industrieausstellung im Foyer des Veranstaltungssaales und die Tagung, bei der es diesmal um Atmungsorgane und ihre Erkrankungen ging. Jira, der als Pfeifenraucher bekannt ist, kündigte zunächst einen Vortrag zur Kulturgeschichte des Rauchens an. Der Historiker und Soziologe Prof. Dr. Hasso Spode, Berlin, beschrieb den "Aufstieg und Fall der Zigarette", die "vom Luxus- zum Suchtmittel" wurde. Er zeigte, wie das Tabakrauchen in verschiedenen Epochen auch als Abgrenzungsverhalten zwischen gesellschaftlichen Schichten zu verstehen ist. Könige und Sultane haben versucht, das Rauchen mit Verboten und drakonischen Strafen zu verhindern, doch letztlich wurde es legalisiert und über Steuern zu einer staatlichen Einnahmequelle.
Eine ideale Grundlage für die weiteren Fachvorträge vermittelte Prof. Dr. Jan-Peter Hildebrandt. Der Biologe, der den Greifswalder Lehrstuhl für Physiologie und Biochemie der Tiere innehat, erklärte die Evolution, Zellbiologie und Physiologie der Lunge. Triebkraft für den Gasaustausch in der Lunge ist die Differenz zwischen den Sauerstoffpartialdrucken in der Atemluft und im Blut. Beide Kompartimente treffen in den Alveolen in geringstem Abstand zusammen. Dies macht die Lungenfunktion anfällig für Störungen durch kleinste Partikel und erklärt, warum die Schleimhautfunktionen zur Reinigung der Atemwege so wichtig sind.
Der Begrüßungsabend am Freitag war wieder ein sehr gemütliches Beisammensein der besonders engagierten Mitglieder der Gesellschaft mit vielen privaten Gesprächen. Auch die Rahmenbedingungen – ein Tagungshotel direkt an der Strandpromenade und gutes Wetter – sorgten für beste Stimmung.
Ausflug in die Politik
Am Samstagvormittag fand der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern statt – diesmal ohne Landespolitiker. In ihrer Begrüßung bekräftigte Kammerpräsidentin Christel Johanns die Forderung der Apotheker nach angemessener Vergütung: "25 Cent können nur ein Anfang sein." Johanns erinnerte an die vielfältigen Belastungen der Apotheken seit der Einführung des Kombimodells und betonte die Umsetzung der Rabattverträge. Die Kosten seien seit 2004 um 14,4 Prozent und die Tarifgehälter um 18 Prozent gestiegen. Nun gebe es weitere Anforderungen durch die neue Apothekenbetriebsordnung wie Barrierefreiheit, Rezeptur, QMS und Umbauten. Zudem verwies Johanns auf die Milliarden-Überschüsse der Krankenkassen, zu denen auch die Apotheken mit ihrem Sonderopfer beigetragen haben.
Auch Karina Jens (CDU), Präsidentin der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock, begrüßte die Tagungsgäste, denn Warnemünde ist ein Teil der Hansestadt. Sie verwies auf die lange Geschichte der Universität, die im Jahr 2019 ihr 600-jähriges Bestehen feiern wird.
Die beiden Fachvorträge des Apothekertages verknüpften die Berufspolitik mit dem pharmazeutischen Alltag. Lutz Tisch, ABDA-Geschäftsführer Recht, erläuterte die Umsetzung der neuen Apothekenbetriebsordnung in die Praxis. Dr. Detlef Klauck, Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, stellte die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Arzneimittelinformationsstellen Nord-Ost (AMINO) vor, die mit praxisgerechten und fachlich fundierten Informationen eine hervorragende Grundlage für die Beratung in den Apotheken bildet.
Wechsel an der Spitze der Scheele-Gesellschaft
In der Mitgliederversammlung der Scheele-Gesellschaft (DPhG-Landesgruppe) am Samstagnachmittag stand die Neuwahl des Vorstandes an.
Zuvor dankte Prof. Dr. Thomas Jira in seinem Rechenschaftsbericht dem bisherigen Vorstand für die engagierte Arbeit und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die gelungene Synthese aus Tradition, Innovation und Kommunikation, die dessen Arbeit geprägt hat, fortgeführt wird. Auch in Zukunft solle die Scheele-Gesellschaft Mittler zwischen pharmazeutischer Wissenschaft und Praxis sein.
Damit dieser Brückenschlag gelingt, empfahl Jira dem neu zu wählenden Vorstand, an Bewährtem festzuhalten, aber auch die Umsetzung neuer Ideen zu wagen. Eine gute Voraussetzung dafür sei die beachtliche Zahl von derzeit knapp 500 Mitgliedern, von denen etwa die Hälfte zwischen 20 und 40 Jahren alt ist.
Jira äußerte den Wunsch, selbst zur "Verjüngung" der Gesellschaft beizutragen und nach 25 Jahren Vorstandsmitgliedschaft sowie 20 Jahren als Vorsitzender von beiden Funktionen zurückzutreten.
Auch die Vorstandsmitglieder Dr. Georg Engel, Jan Picht und Dr. Thomas Fiß stellten sich nicht mehr zur Wahl.
"Ära Jira" geht zu Ende
Prof. Dr. Thomas von Woedtke, bisher stellvertretender Vorsitzender, betonte in einer anschließenden kleinen Ansprache, dass mehr als ein Drittel der 64-jährigen Geschichte der Scheele-Gesellschaft durch Thomas Jira geprägt worden ist. Ihm sei es gelungen, "den Berufsstand zusammenzuhalten", was vor allem darauf zurückzuführen sei, dass er viel Wert auf die Pflege persönlicher Kontakte gelegt habe. Von Woedtke dankte dem scheidenden Vorsitzenden herzlich für seine engagierte Arbeit und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass dieser der Gesellschaft auch in den kommenden Jahren als Ratgeber erhalten bleibt.
Als neue Vorstandsmitglieder wählte die Mitgliederversammlung:
Prof. Dr. Burkhard Hinz, Rostock, Apotheker Armin Noeske, Teterow, Dr. Astrid Radau, Greifswald, Prof. Dr. Christoph Ritter, Greifswald, Dipl.-Pharm. Antje Trekel, Rostock, Apothekerin Ulrike Wiechmann, Güstrow, Apothekerin Marion Winter, Wismar, und Prof. Dr. Thomas von Woedtke, Greifswald.
Anschließend wählte der Vorstand in geheimer Wahl Prof. Dr. Christoph Ritter, Abteilung Klinische Pharmazie im Institut für Pharmazie der Universität Greifswald, zum neuen Vorsitzenden.
"Ich wünsche mir, dass die Scheele-Gesellschaft auch in Zukunft so lebendig wie bisher bleibt", äußerte Ritter nach seiner Wahl. Fortgeführt werden solle auch die vielfältige Unterstützung der Pharmaziestudierenden. So fördert die Gesellschaft den Berufsnachwuchs beispielsweise dadurch, dass sie jährlich 25 Studierenden eine kostenfreie Teilnahme an der Scheele-Tagung ermöglicht und den Pharmazeuten im Praktikum die Tagungsgebühr erlässt.
Wie Ritter weiter ausführte, sei die interdisziplinäre Zusammensetzung des Vorstandes eine gute Voraussetzung dafür, die Interessen aller Apotheker des Bundeslandes zu vertreten. Er versprach außerdem, sich in seiner neuen Funktion für die Fortführung der guten Zusammenarbeit zwischen der Scheele-Gesellschaft und der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern einzusetzen.
Höhepunkt am Samstag war der Gesellschaftsabend im Bernsteinsaal des Hotels Neptun. Nach dem Büfett spielte die Band "Swing for Fun" aus Rostock Tanzmusik: Walzer, Cha-Cha-Cha, Foxtrott, Samba usw.
Lungenkrankheiten: Asthma, PAH und COPD
In den Vorträgen am Samstagnachmittag und Sonntagvormittag wurde das am Freitag begonnene wissenschaftliche Programm fortgesetzt. Dr. Hartwig Schütte, Lungenfacharzt an der Charité Universitätsmedizin Berlin, gab einen Überblick über das Krankheitsbild Asthma, von dem in Deutschland etwa jedes zehnte Kind und jeder fünfte Erwachsene betroffen ist. Es sei ein großes Problem, dass die an sich gut wirksamen Medikamente wegen vieler Anwendungsfehler oft nicht optimal zur Wirkung kommen.
Prof. Dr. Hartwig Steckel, Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Kiel, verwies auf die vielen unterschiedlichen Funktionsweisen der Inhalationsarzneimittel, die nicht ohne Grund zu den stark erklärungsbedürftigen Darreichungsformen zählen.
Prof. Dr. Ralf Ewert, Leiter des Bereichs Pneumologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Greifswald, informierte über den Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie, PAH). Dank moderner Medikamente sei es gelungen, die Sterblichkeitsrate von PAH-Patienten in den letzten zehn Jahren zu halbieren.
Prof. Dr. Martin Schulz, Geschäftsführer Arzneimittel der ABDA, zeigte Möglichkeiten auf, die Versorgung von Asthmapatienten zu verbessern. Es sei erfreulich, dass der Apotheker neben dem Arzt in der Nationalen Versorgungsleitlinie Asthma (NVL) explizit genannt ist, was sich Schulz auch für die anstehende Neuauflage der NVL COPD wünscht. Über die Pathophysiologie und Therapie der COPD gab Prof. Dr. Burghart Lehnigk vom Krankenhaus Großhansdorf einen Überblick. Wie beim Asthma sei auch hier eine gute Patientenschulung von großer Bedeutung.
Welche modernen Möglichkeiten es zur Früherkennung von Lungenkrebs gibt, erfuhren die Tagungsteilnehmer im Vortrag von Prof. Dr. Christian Witt von der Charité Berlin.
Ausführliche Berichte über ausgewählte Inhalte der Veranstaltung finden Sie auf Seite 21 und Seite 22 und in der nächsten Ausgabe der DAZ.
cb und tmb
DAZ 2012, Nr. 46, S. 69
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.