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Arzneimittel und Therapie
Bakterielle Arthritis als rheumatologischer Notfall
Die jährliche Inzidenz der septisch-bakteriellen Arthritis liegt in der Bevölkerung bei 2 bis 5/100.000 Einwohner. Sie ist erheblich höher, wenn Risikofaktoren wie etwa eine rheumatoide Arthritis (RA) vorliegen. "Bei RA-Patienten beträgt die Krankheitshäufigkeit 70/100.000 Einwohner", berichtete Prof. Dr. Jens Gert Kuipers, Bremen, beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Bochum. Als weitere Risikofaktoren nannte er ganz allgemein vorbestehende Gelenkerkrankungen, eine Gelenkprothese, eine Immunsuppression, einen Diabetes mellitus und das Vorliegen einer floriden Hautinfektion.
Septische Arthritiden treten laut Kuipers üblicherweise monoartikulär auf und betreffen meist die großen Gelenke. "Darauf darf man sich aber nicht verlassen, es gibt durchaus auch polyartikuläre Verlaufsformen", sagte der Mediziner. Nicht immer stellt sich das klinische Bild dramatisch mit hochakutem Verlauf, starker Schwellung, Rötung und erheblichen Schmerzen dar. Auch die übrigen Symptome wie Fieber, Schüttelfrost und ein massives Krankheitsgefühl können fehlen oder nur mild ausgeprägt sein. Daran ist vor allem bei immunsupprimierten Patienten zu denken. Die Situation birgt dann die Gefahr, dass die Infektion nicht ernst genug genommen wird.
Liegt ein akut geschwollenes, rotes, überwärmtes und schmerzendes Gelenk vor, so muss stets eine sorgfältige Differenzialdiagnose erfolgen. Es ist laut Kuipers eine Arthritis urica auszuschließen, eine Chondrokalzinose, eine Psoriasis-Arthritis, eine aktivierte Arthrose und auch ein entzündlicher Schub einer rheumatoiden Arthritis sowie eine reaktive Arthritis, die ebenfalls durch Bakterien im Gelenk verursacht wird. Im Gegensatz zur septischen bakteriellen Arthritis sind die Keime bei der reaktiven Arthritis allerdings nicht in der Blutkultur anzuzüchten.
Ursache der Infektion ist meist eine hämatogene Keimaussaat, aber nicht selten auch eine vorangegangene Gelenkpunktion oder eine Gelenkoperation. Bei etwa der Hälfte der Patienten ist der verursachende Keim Staphylococcus aureus. Anders sieht das oft bei immunsupprimierten Patienten aus, bei denen häufig "eher ungewöhnliche Keime wie Salmonellen, Listerien und Pseudomonaden gefunden werden", wie Dr. Norman Görl aus Rostock darlegte. Das gilt auch für Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis, bei denen zudem nicht selten MSAR im Gelenkpunktat nachzuweisen sind.
Die Gelenkpunktion ist laut Prof. Dr. Christoph Schulze Pellengahr, Bochum, diagnostisch von zentraler Bedeutung, nicht nur weil sie die Voraussetzung für den Erregernachweis ist, sondern auch weil das Aussehen des Punktats bereits wertvolle Hinweise auf die Krankheitsursache gibt: "Normalerweise sollte das Gelenkpunktat strohgelb sein. Ist es hellgelb, so spricht das für eine Arthrose, ein weißliches Gelenksekret deutet dagegen auf eine entzündliche Genese hin", sagte der Mediziner. Ist das Punktat blutig, so ist von einem Trauma, möglicherweise bedingt durch die Punktion, auszugehen.
Bei einem transparenten Gelenkpunkt ist eine bakterielle Infektion eher unwahrscheinlich, ein trübes Sekret deutet hingegen auf eine erhebliche Entzündungsreaktion hin, und bei einem undurchsichtigen Punktat ist an der septischen Arthritis kaum mehr zu zweifeln.
Dann ist rasches Handeln gefragt. Es ist eine Synoviaanalyse mit Differenzialzellbild, Kristallnachweis, Gramfärbung sowie das Anlegen einer Erregerkultur zu veranlassen. Außerdem ist unverzüglich eine effektive antibiotische Therapie einzuleiten, um die Gelenkzerstörung zu verhindern und einem Funktionsverlust entgegenzuwirken und, so Kuipers, um das nicht unerhebliche Mortalitätsrisiko von 2% bis sogar 10% bei hospitalisierten Patienten abzuwenden.
Christine Vetter, freie Medizinjournalistin
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