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- DAZ 37/2012
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Fortbildung
Magen-Darm-Trakt im Fokus
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Prof. Dr. Thomas Weinke, Potsdam, referierte über die Therapie der chronisch entzündlichen, schubweise auftretenden und sich progredient entwickelnden Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Während bei Patienten mit Morbus Crohn häufig der gesamte Gastrointestinaltrakt betroffen ist und häufig Fisteln unter Beteiligung anderer Gewebe auftreten, sind bei einer Colitis nur die Mukosa und Submukosa im Kolon betroffen.
Bis heute ist die Ursache der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht eindeutig geklärt, doch gibt es Hinweise auf genetische Prädispositionen. Patienten haben zudem ein erhöhtes Risiko, im Laufe ihres Lebens an Darmkrebs zu erkranken.
Hauptsymptome bei Morbus Crohn sind Bauchschmerzen und Durchfälle sowie Fieber und Gewichtsverlust, manchmal auch Arthralgien oder Anämie; bei Colitis ulcerosa ist das Hauptsymptom blutiger Durchfall. Aminosalicylate, die die Leukotriene, Prostaglandine sowie die IL-1- und IL-6-Produktion hemmen, werden wegen ihrer schwachen entzündungshemmenden Wirkung vor allem zur Remissionserhaltung eingesetzt. Je nach galenischer Zubereitung wirken sie bereits in den oberen Dünndarmabschnitten oder erst im Kolon. Auch die Immunsuppressiva Azathioprin und Mercaptopurin sind wegen ihres verzögerten Wirkungseintritts lediglich zur Remissionserhaltung geeignet. Die Biologicals Infliximab und Adalimumab werden wegen Erhöhung des Infektions- und Tumorrisikos kritisch beurteilt. Die nach intravenöser Gabe relativ schnell wirkenden Substanzen Ciclosporin und Tacrolimus kommen wie die Glucocorticoide zur Behandlung des akuten Schubs zum Einsatz. In schweren Fällen sind chirurgische Eingriffe zur Verbesserung der Lebensqualität notwendig.
Insgesamt, betonte Weinke, sei bei der Therapie der entzündlichen Darmerkrankungen eine enge Abstimmung zwischen Arzt und Patient zum Erhalt der Lebensqualität unabdingbar. Eine gute Beratung in der Apotheke unterstütze den Therapieerfolg.
GrußworteWie Kammerpräsident Engelen in seiner Begrüßung berichtete, erwartet die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen vom Apotheker eine sichere, optimierte und wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln. Die Lebensqualität chronisch kranker Menschen im Blick behalten, durch einen rationalen Einsatz von Arzneimitteln die Therapiesicherheit erhöhen und dem System der gesetzlichen Krankenversicherungen Kosten einsparen – wenn das gelingt, dann ist nach Engelens Ansicht auch eine andere Vergütungsregelung möglich. Er betonte, dass die Zukunft des Berufsstandes pharmazeutisch sei, wenn auch Krankenversicherungen und Politik in den letzten Jahren eher den Eindruck vermittelten, dass Wettbewerb das entscheidende Kriterium sei. Die aktuelle Situation der Apotheker sei in vielen Bereichen schwierig durch die Auswirkungen des AMNOG, Versandhandel, Diskussionen über ein Distributionsrecht für kurzfristig benötigte Betäubungsmittel für Ärzte und die Umsetzung der – die Versorgungsqualität steigernden und durchaus begrüßenswerten – novellierten Apothekenbetriebsordnung. Jedoch wäre die Versorgung mit dem "Apothekenbus" die Einführung der gerade verhinderten "Apotheke light" durch die Hintertür. Die Fortbildungsausschussvorsitzende Annette van Gessel führte in das Fortbildungsthema "Magen-Darm-Trakt" ein und sagte, dass die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Apotheken auch Einfluss auf die Arbeit des Fortbildungsausschusses haben. So werden wegen der dünnen Personaldecken in Apotheken vermehrt Abendseminare angeboten. |
Licht in die Black Box Magen-Darm-Trakt
Prof. Dr. Werner Weitschies, Greifswald, referierte über die "Reise" oraler Arzneimittel zu ihren Resorptionsorten. Dass ein Arzneimittel im Ösophagus hängen bleibt, lässt sich vermeiden, indem man es in aufrechter Körperhaltung mit mindestens 100 ml Wasser schluckt. Viele Informationen zur Einnahme sind, so Weitschies, für den Verbraucher nicht klar verständlich formuliert. Die Beschreibungen "während", "unmittelbar nach", "vor" oder "nach dem Essen" führen nicht immer zum optimalen Einnahmezeitpunkt.
Ein nüchterner Magen befindet sich sozusagen im Schlafmodus und wird durch ein Glas Wasser nicht aktiv; aber sobald ihm Nahrung zugeführt wird, beginnen Verdauung und Magenentleerung. Bei morgendlicher nüchterner Einnahme eines Arzneimittels sollte der Patient mindestens 200 ml Wasser trinken, damit der Magen das Arzneimittel in den Darm entleert.
Wenn Arzneimittel mit oder nach der Mahlzeit eingenommen werden, spielt die Galenik für den Weitertransport eine wichtige Rolle. Große Tabletten, Kapseln mit Umhüllungen, die sich nicht im Magen auflösen, kommen kaum voran. Pellets hingegen gelangen mit dem Speisebrei relativ rasch in den Darmtrakt, da sie nach dem "Siebprinzip" des Magens während des Verdauungsaktes nicht so stark absinken.
Die Anweisung "morgens nüchtern" ist genau einzuhalten, damit der Arzneistoff optimal resorbiert wird; das ist nicht der Fall, wenn er bei fast nüchternem Magen ein bis zwei Stunden nach einer Mahlzeit oder 30 Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen wird.
Bei der "Reise" des Arzneimittels durch den Darm ist weder ein kontinuierlicher Fluss noch ein gleichmäßiger pH-Wert-Anstieg oder das ständige Vorhandensein von Wasser vorauszusetzen. Das größte Problem sind sogenannte Wassernester, die aber nicht unbedingt den zur Auflösung der galenischen Form optimalen pH-Wert haben. Auch muss die Verweildauer ausreichend sein und die Pufferkapazität im Wassernest dem Wirkstoff genügend Raum lassen.
Ebenfalls schwierig gestaltet sich die Wirkstoffresorption im Kolon, weshalb manches Arzneimittel unverändert den Magen-Darm-Trakt verlässt.
Darmkrebs – Vorsorge und Früherkennung
Über Vorsorgestrategien und die Früherkennung des Kolonkarzinoms informierte Prof. Dr. Jürgen Riemann, Ludwigshafen. Drei Viertel der jährlich 65.000 Neudiagnosen treten spontan auf, der Rest bei familiär vorbelasteten Personen. Die Letzteren sollten bereits zehn Jahre vor den allgemeinen Empfehlungen zur Darmkrebsvorsorgeuntersuchung gehen, d. h. Männer mit 50 Jahren und Frauen mit 55 Jahren. Da der Tumor sich sehr langsam entwickelt und Präkanzerosen (Polypen) gut erkannt und entfernt werden können, überleben mehr als 90 Prozent der Betroffenen das Stadium I der Erkrankung (gemäß UICC), die zehn bis 15 Jahre vor Phase IV, der metastasierenden Form, liegt (s. Grafik). Dennoch sterben jährlich rund 26.000 Menschen an Darmkrebs.
Zur Früherkennung dient der guajakbasierte Okkultbluttest (g-FOBT). Er wird in Deutschland seit 2002 Personen vom 50. bis 55. Lebensjahr als jährliche GKV-Leistung angeboten. Ab dem 55. Lebensjahr wird die Vorsorgekoloskopie angeboten, die bei unauffälligem Befund nach zehn Jahren wiederholt werden kann; sofern keine Koloskopie stattfand, wird der g-FOBT ab dem 55. Lebensjahr zweijährlich erstattet. Die Qualitätsanforderungen an den immunologischen Darmkrebstest werden derzeit diskutiert, um ihn in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen.
Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung wertet die durchgeführten Koloskopien aus und konnte zeigen, dass etwa sechs bis acht Prozent der über 50-Jährigen Adenome im Darm (UICC-Stadien 1 und 2) und ein Prozent bereits ein Karzinom haben. Nach Zahlen des Deutschen Krebsforschungszentrums sind vor allem Männer durch Darmkrebs gefährdet. Die "Number Needed to Screen", um einen Tumor zu finden, liegt bei Männern bei 5,4, bei Frauen bei 9,3. Zudem gibt es eine geschlechtsspezifische Altersverschiebung: 55- bis 59-jährige Männer erkranken so häufig wie Frauen im Alter zwischen 65 und 69 Jahren.
Etwa ein Fünftel der Bevölkerung über 50 Jahre nimmt an Vorsorgeuntersuchungen teil. Eine Arbeitsgruppe im Nationalen Krebsplan zur Weiterentwicklung der Darmkrebsfrühuntersuchung hat vorgeschlagen, mit individuellen Einladungen die Teilnehmerquote zu erhöhen. Im Saarland ist kürzlich ein solches Projekt gestartet.
Apotheker haben eine wichtige Funktion in der Primarprävention, so Reimann, da sie über die vorbeugende Wirkung von Sport, gesunder Ernährung, Nichtrauchen und moderatem Alkoholkonsum aufklären können.
Kooperation = Engagement und Durchhaltevermögen
Einen motivierenden Bericht über erfolgreiche Kooperationen zwischen Ärzten und Apothekern gab Apotheker Dr. Rolf-Günther Westhaus, Essen. In einer Aktion zur Darmkrebsprävention, die eine Vereinigung Essener Gastroenterologen, der Apothekerverband Essen-Mülheim-Oberhausen, Krankenkassen und Selbsthilfegruppen im März und November 2008 gemeinsam durchgeführt haben, wurden Haemoccult-Tests in Apotheken kostenlos an über 45-jährige Essener abgegeben und von den Ärzten kostenlos ausgewertet. Insgesamt konnten so 4000 Menschen erreicht werden.
Die Aktion wurde mehrfach ausgezeichnet. Sie konnte zwar in dieser Form nicht weitergeführt werden, doch die Idee, sich gemeinsam für die Prävention zu engagieren, führte zur Gründung des Vereins "Prävention Ruhr e. V.". Dieser Verein engagiert sich weiterhin für Aktionen, legt diese aber langfristiger an. Zugleich sind die Präventionsziele weiter gesteckt und umfassen insbesondere auch die Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Als neue Aktion ist nun die Entwicklung eines speziellen Apotheker-Ärzte-Netzwerks zur Betreuung von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen geplant.
Westhaus resümierte, dass Kooperationen sich seiner Einschätzung nach für das Gesundheitswesen, aber vor allem für die Patienten positiv auswirken. Allerdings sei ein sehr hohes persönliches Engagement der Beteiligten ohne finanzielle Entschädigung erforderlich. Dies erschwere auch die Rekrutierung von Kollegen. Deshalb forderte Westhaus, Leistungen, die im Rahmen von Modellversuchen, wie beispielsweise auch dem ABDA-KBV-Modell, durch teilnehmende Apotheker erbracht werden, zu vergüten: zum einen als Ausgleich für die Zeit, zum anderen um eine vertragliche Verpflichtung für die notwendige Lieferung der verlässlichen Daten zu gewährleisten.
Literaturtipp
Darmerkrankungen gehören zu den häufigsten Gesundheitsstörungen. Ob in der Selbstmedikation oder nach ärztlichem Therapieplan: Bei Darmerkrankungen ist eine einfühlsame und differenzierte Beratung gefragt.
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Mit der gezielten Auswahl der Arzneimittel und Tipps bei der Anwendung verordneter Präparate verbessern Sie die Gesundheit und Lebensqualität Ihrer Patienten.
Hedwig Schrulle:
Beratungspraxis DarmerkrankungenObstipation, Diarrhö, Reizdarmsyndrom, CED, Prophylaxe, Probiotika
XVI, 272 S., 29 farb. Abb., 80 Tab. Kart. 21,80 Euro
Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2010
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