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Arzneimittel und Therapie
Fitte Dicke sterben später
Die Autoren wählten fünf Longitudinalstudien aus, die geeignetes Datenmaterial zur Beurteilung des sogenannten obesity paradox bei Diabetes Typ 2 erfasst haben. Dazu gehören Informationen zum Körpergewicht, Arzneimitteleinnahme und Glucosespiegel. Die folgenden Studien erschienen der Arbeitsgruppe für die Fragestellung als besonders geeignet: ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in Communities), CHS (Cardiovascular Health Study), CARDIA (Coronary Artery Risk Development in Young Adults study), FOS (Framingham Off-spring Study) und MESA (Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis). Insgesamt 2625 Personen im Alter zwischen 41 und 76 Jahren erhielten in dem beobachteten Zeitraum die Diagnose Diabetes Typ 2. Diese Gruppe bildete eine Unterkohorte, in der nun über einen Zeitraum von durchschnittlich zehn bis maximal 15 Jahren die kardiovaskuläre und Gesamtsterblichkeit näher untersucht wurde. Insgesamt waren 293 der betrachteten Patienten (11%) normalgewichtig (BMI 18,5 bis 25). 449 Personen verstarben innerhalb des Beobachtungszeitraums, davon 178 aufgrund eines kardiovaskulären Ereignisses. Insgesamt hatte dabei der normalgewichtige Diabetiker ein fast doppelt so hohes kardiovaskuläres und auch Gesamtsterblichkeitsrisiko.
Die Risikopatienten: MONW
Vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl Typ-2-Diabetiker weltweit und der ebenfalls wachsenden Zahl an Übergewichtigen und Adipösen gewinnen Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Körpergewicht, Bewegung und Mortalitätsrisiken zunehmend an Bedeutung. Auch für die Prävention und Behandlung des Diabetes sollte nach den Ergebnissen der Studie insbesondere bei älteren normalgewichtigen Menschen verstärkt auf eine ausreichende körperliche Aktivität und Herz-Kreislauf-Fitness geachtet werden. Ein zum Gesamtkörpergewicht vernünftiger Anteil an Muskelmasse schützt – wie auch bereits die Studien zu Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen gezeigt haben – vor Gebrechlichkeit, Pflege und frühzeitiger Mortalität. Die Risikogruppe metabolisch adipöser Menschen mit normalem Körpergewicht wird inzwischen als MONW (metabolic obese normal weight) bezeichnet.
Die Autoren weisen auf mögliche Schwächen ihrer Studie hin – so variieren die Abstände der Erfassung der Gesundheitsdaten der zugrunde gelegten Studien zwischen zwei und fünf Jahren, so dass der Zeitpunkt der Diabetes-Diagnose mit einer gewissen Ungenauigkeit behaftet ist. Zudem lässt sich nur abschätzen, ob infolge der Diabetes-Diagnose die Teilnehmer an den jeweiligen Kohortenstudien ihre Lebensweise verändert haben. Bei der Auswertung wurden die alterstypischen Veränderungen der Fett-Muskelmasse-Verteilung berücksichtigt. Andere Einflüsse wie z. B. das Rauchverhalten, Entzündungsprozesse, arteriosklerotische Veränderungen und Betazellaktivität ließen sich mittels der Erhebungsdaten jedoch nicht ausreichend beurteilen, während soziodemografische Unterschiede in der Beurteilung gewichtet wurden.
Die Studiengruppe hat keine plausible Erklärung für ihre Ergebnisse gefunden. Allerdings stellen sie eine Hypothese zur Diskussion und regen damit weitere Forschung an: Sie vermuten, dass metabolisch adipöse Menschen mit normalem Körpergewicht aufgrund ihrer genetischen Ausstattung per se ein erhöhtes Mortalitätsrisiko haben. Dieser Frage sollte zukünftig durch gezielte genetische Untersuchungen von Normalgewichtigen Typ-2-Diabetikern im Vergleich zu Personen mit Übergewicht und Adipositas nachgegangen werden. Weitere Studien, ob auch bei anderen Erkrankungen Menschen mit einem höheren Körpergewicht gegenüber metabolisch adipösen Menschen mit normalem Körpergewicht hinsichtlich des Mortalitätsrisikos die Nase vorn haben, bleiben ebenfalls abzuwarten.
Quelle
Apothekerin Dr. Constanze Schäfer, MHA
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