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DAZ aktuell
Zu Streik und Boykott bereit
In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland haben die jeweiligen Landesapothekerverbände zu Warnstreiks aufgerufen. So blieben in Baden-Württemberg bereits am Morgen des 5. September rund 60 Apotheken geschlossen und die Kunden wurden nur durch die Notdienstklappe bedient (nach Kenntnis zu Redaktionsschluss dieser DAZ, der aktuelle Stand ist bei DAZ.online abrufbar). Für den 12. September sind in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Baden-Württemberg landesweite Protestaktionen geplant. Der Apothekenbetrieb soll an diesem Tag zwar aufrechterhalten werden, allerdings nur von den Apothekenleitern und nur durch die Notdienstklappe, so dass Warteschlangen vorprogrammiert sind. Das Apothekenpersonal soll an diesem Tag die Patienten in der Offizin über die von der Bundesregierung geplante Honoraranpassung informieren.
Unterstützt werden soll die Aktion durch Plakate und Kundeninformationen. Der LAV Baden-Württemberg und der Saarländische Apothekerverband haben entsprechende Materialien vorbereitet. Der Apothekerverband Rheinland-Pfalz will die Materialien des Saarlandes mitnutzen.
Streikbereitschaft auch in Westfalen-Lippe
In Westfalen-Lippe sind 650 Apotheken streikbereit, wie der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) mitgeteilt hat. Die Inhaber von 962 Apotheken und damit 46,5 Prozent aller Apotheken der Mitglieder haben sich an der Umfrage des AVWL über Protestmaßnahmen beteiligt. Zwei Drittel (67 Prozent) davon halten einen Streik für sinnvoll. Unter den Streik-Befürwortern wollen etwa 60 Prozent ganztägig, knapp 40 Prozent stundenweise streiken. Teilweise wird die Streikbereitschaft auch unter dem Vorbehalt geäußert, dass die Patientenversorgung aufrecht erhalten bleibt und die Apotheken im Umkreis mitmachen. Für Demonstrationen ergibt sich ein ähnliches Bild: 58 Prozent der Umfrageteilnehmer würden sich beteiligen. "Noch ist die abschließende Entscheidung in Berlin nicht gefallen. Das Ergebnis unserer Umfrage zeigt aber, wie ernst die Lage ist. Die Politik muss sich in der Honorierungsfrage bewegen, sonst schließen viele Apotheken nicht nur für einen Tag, sondern für immer. Wir werden je nach Fortgang der Gespräche zwischen ABDA und den Bundesministerien über das weitere Vorgehen entscheiden", so Dr. Klaus Michels, Vorstandschef des AVWL.
Niedersachsen und Sachsen-Anhalt: "Wir sind MehrWert!
Die Landesapothekerverbände Niedersachsen und Sachsen-Anhalt haben am 3. September eine Postkarten-Protestaktion unter dem Motto "Wir sind MehrWert! – Weniger als 3 Cent Anpassung pro Jahr sind ein schlechter Witz" gestartet. Alle Mitgliedsapotheken der Verbände in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sind aufgerufen, sich mit einer Postkarte an ihren regionalen Bundes- oder Landtagsabgeordneten zu wenden und damit in Form einer Warum-Frage auf die massiven Folgen dieser geringen Honoraranpassung für die künftige finanzielle Situation der Apotheken hinzuweisen. "Ziel der Postkartenaktion ist es, möglichst viele Politiker zu erreichen und für die schwierige Situation der Apotheken zu sensibilisieren", sagt Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt.
Brandenburg: Umsetzung der ApBetrO verweigern
Die Apothekerkammer Brandenburg droht mit der Verweigerung der Umsetzung der neuen Apothekenbetriebsordnung, falls es bei der angekündigten Erhöhung des Apothekenhonorars um 25 Cent bleibt: Man sehe sich außerstande, dem Argument der Kollegen entgegenzutreten, dass die wirtschaftliche Grundlage für die Umsetzung der neuen und höheren Anforderungen der ApBetrO fehle, heißt es in einem offenen Brief des Kammerpräsidenten Jens Dobbert an Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) (s. S. 98). Der Bestand der Apothekerschaft vor allem im ländlichen Raum sei wegen der zu geringen Honoraranpassung "ernsthaft gefährdet", so Dobbert. Daher fordere die Kammer in Wahrnehmung ihrer "Fürsorgepflicht gegenüber den Mitgliedern" die ehrenamtlichen Pharmazieräte auf, "bis auf Weiteres von den Revisionen der Apotheken nach der neuen Apothekenbetriebsordnung abzusehen." Als Körperschaft des öffentlichen Rechts komme die Kammer jetzt an einen Punkt, die öffentlichen Aktionen der Apothekerschaft nicht nur mehr verbal zu billigen und zu unterstützen, sondern "auch aktiv zu Maßnahmen aufzurufen", begründet Dobbert die ungewöhnliche Aktion.
Unterstützung von der Video-Apothekerin
Apothekerin Ann-Katrin Kossendey, bekannt durch ihre engagierten Videos zu berufspolitischen Themen ("25-Cent-Video"), unterstützt die AK Brandenburg und sieht darin auch für "ihr" Bundesland Niedersachsen einen Lösungsansatz. In einem offenen Brief fordert sie Magdalene Linz, Kammerpräsidentin von Niedersachsen, auf, sich dem Boykott der Umsetzung der neuen Apothekenbetriebsordnung anzuschließen. Mit Blick auf Äußerungen von Frau Linz, die sich gegen Streikmaßnahmen ausgesprochen hatte, mahnt Kossendey in ihrem Brief außerdem eine konsequent geschlossen auftretende Standesführung an. Es müssten klare Forderungen an die Politik gestellt werden, um Gehör zu finden, so Kossendey: "Die Lage ist für uns an der Basis so ernst, dass wir uns mit den bisherigen Maßnahmen der Standesvertreter nicht zufrieden geben. Boykottieren auch Sie die neue ApBetrO und setzen Sie so ein deutliches Zeichen für die inhabergeführte Apotheke!" Die Standespolitiker sollten der Politik verdeutlichen: "Solange wir nicht angemessen honoriert werden und uns eine verlässliche Planungssicherheit gegeben wird, wird die neue ApBetrO nicht umgesetzt!" (s. S. 99).
Hansmann: Appell zu mehr Geschlossenheit
In einer Rundmail an alle ABDA-Mitgliedsorganisationen hat auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Landesapothekerverbandes Niedersachsen, Uwe Hansmann, zu größerer Geschlossenheit des Berufsstandes aufgerufen. Das Ziel im Auge behalten und auch geschlossen dafür kämpfen, so die Forderung Hansmanns. Er mahnt, sich darauf zu besinnen, eine einheitliche Linie zu verfolgen und Fritz Becker und den DAV mit seinen Forderungen gemeinschaftlich zu unterstützen. "Ich persönlich freue mich sehr, dass es in den Ländern schon verschiedentlich – sowohl von Kammern und Verbänden als auch einzelnen Kollegen/-innen – Aktivitäten gibt, die die klare Position, wie sie seitens Fritz Becker für den DAV immer wieder bei der Politik und den Medien vorgetragen wird, unterstützen." Eines stimmt den Vorstandsvize jedoch bedenklich: das "uneinheitliche Auftreten der verschiedenen Ländervertretungen hinsichtlich der Unterstützung unseres gemeinsamen Zieles". Wenn der DAV-Vorsitzende Fritz Becker der Politik deutlich zu verstehen gebe, dass der Berufsstand notfalls auch Streikmaßnahmen zur Durchsetzung seiner Forderungen in Erwägung ziehe, dann sollte diese öffentlich gemachte Ansage des gemeinsamen Vorsitzenden auch von allen Mitgliedsorganisationen gleichermaßen unterstützt werden, so Hansmann. "Jegliche oberlehrerhafte Belehrung in der Öffentlichkeit oder Presse hat an dieser Stelle nichts zu suchen", kritisierte er.
Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche haben in Berlin die Spitzengremien der ABDA getagt, um über Protestmaßnahmen zu entscheiden. Bis zu Redaktionsschluss der DAZ war noch kein Ergebnis bekannt.
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