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"Rollende Apotheke kreative und legitime Idee"

Spahn verteidigt den Vorschlag der Apothekenbusse

BERLIN (lk). In einem Leitantrag des CDU-Bundesvorstandes für den kommenden Parteitag Anfang Dezember steht der Vorschlag, zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung auf dem Land künftig "rollende" Apotheken einzusetzen. Dies hat zu deutlicher Kritik geführt. CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn sieht hierfür keinen Grund. Im Interview mit DAZ.online verteidigte er die Busse als "legitime und kreative Idee".
Jens Spahn: "Rollende Apotheken gibt es doch in gewisser Weise heute schon." Foto: DAZ/Sket

DAZ.online: Obwohl der Leitantrag zum CDU-Parteitag kein Kapitel zum Gesundheitsmarkt enthält, findet sich dort die überraschende Idee, rollende Apotheken zur Arzneimittelversorgung auf dem Land einzusetzen. Wie gelangt eine solche Idee in einem Nebensatz in den Leitantrag?


Spahn: Ich war an der Erstellung des Leitantrages nicht beteiligt. In dem entsprechenden Kapitel geht es darum, wie wir auch 2025 sehr dünn besiedelte Regionen Deutschlands mit zurückgehenden Bevölkerungszahlen lebenswert halten und die notwendige infrastrukturelle Grundversorgung aufrechterhalten können. Und ich finde es legitim, ja sogar wünschenswert, wenn sich die CDU hierzu kreativ Gedanken macht. Und da sind "rollende Apotheken" ein zu diskutierendes Beispiel unter vielen in dem Antrag.


DAZ.online: Welche Bedeutung messen Sie als führender CDU-Gesundheitspolitiker einer solchen Aussage in einem Leitantrag bei?


Spahn: Es geht uns als CDU doch vor allem darum, deutlich zu machen, dass uns die ländlichen, auch die abgelegenen Regionen wichtig sind, dass wir sie auch in Zukunft nicht im Stich lassen werden, auch und gerade nicht bei der medizinischen Versorgung. Das ist das entscheidende Signal, und zu dem stehen wir.


DAZ.online: Was halten Sie von rollenden Apotheken, von Apothekenbussen?


Spahn: Zum Ersten: Von "Apothekenbussen" ist an keiner Stelle im Antrag die Rede, auch wenn überall anderes suggeriert wird. Zum Zweiten: "Rollende Apotheken", wie es im Antrag heißt, gibt es hingegen doch in gewisser Weise schon heute, denn viele Apotheker bieten Liefer-, Bring- und Abholdienste an. Die werden kaum zu Fuß gehen ... Und wie man die ausbauen, erweitern und meinetwegen auch angemessen honorieren kann, denn auch die Finanzierung erwähnt der Antrag ja, darüber müsste doch mit den Apothekern zu reden sein.


DAZ.online: Mehrheitlich stößt die Idee bei den Diskutanten auf DAZ.online auf Ablehnung. Was wäre die Alternative?


Spahn: Was mich zunehmend nervt an diesen Internetdebatten ist, dass sie ganz schnell ins Unsachliche abgleiten. Die CDU macht sich kreativ und sicher nicht unfehlbar Gedanken darüber, wie 2025 in sehr ländlichen Gebieten die Versorgung aussehen kann, und in den Online-Diskussionen wird daraus, dass die "Doofköppe von der Union eh keine Ahnung haben und sowieso was gegen Apotheker." Diese Verflachung in der Diskussion finde ich jedenfalls nicht besonders hilfreich.


DAZ.online: Die ABDA hat kürzlich bei der Novelle der Apothekenbetriebsordnung eine Ausweitung des Botendienstes verhindert. Ist das jetzt die Retourkutsche der CDU?


Spahn: Nein, definitiv nicht. In solchen Kategorien denken wir auch gar nicht. Ich bin und bleibe der Überzeugung, dass vieles von dem, was bei der Debatte der Apothekenbetriebsordnung seitens der ABDA verhindert wurde, vielen Apothekern vor Ort das Leben deutlich erleichtert hätte. Umgekehrt erreichen mich ständig E-Mails, in denen Apotheker vor Ort über das anspruchsvollere und bürokratischere Qualitätsmanagement klagen – genau das aber war Idee der ABDA, nicht unsere. Ich setze da aber nicht auf "Retourkutschen", sondern auf Einsicht und Überzeugung.


DAZ.online: Kritisch angemerkt wurde, dass im CDU-Leitantrag ein eigenes Kapitel über die Gesundheitsbranche als wichtigster inländischer Wachstumsmotor fehlt. Wird sich daran noch etwas ändern?


Spahn: Es ist nahezu unmöglich, in einem Antrag die ganze komplexe Welt abzubilden. Union wie FDP haben öfter und deutlicher als jede andere Koalition jemals zuvor den Wert und die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für Deutschland hervorgehoben. Wir wissen, was hier zum Wohle des Landes geleistet wird, auch ohne dass es gleich in jedem Antragsentwurf steht.


DAZ.online Herr Spahn, vielen Dank für das Interview!



DAZ 2012, Nr. 36, S. 26

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