Arzneimittel und Therapie

Fortschritte bei der Behandlung der Hämophilie?

Rekombinante Technologien erlauben wahrscheinlich in absehbarer Zukunft die Entwicklung von Gerinnungsfaktoren mit verlängerter Halbwertszeit. Das könnte zu weiteren Fortschritten bei der Behandlung der Hämophilie beitragen und die Lebensqualität von Patienten mit Hämophilie A und B entscheidend verbessern.

Bei der Behandlung der Hämophilie hat es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gegeben und es wurde laut Prof. Dr. Johannes Oldenburg, Bonn, mittlerweile ein hoher Standard erreicht. Dennoch zeichnen sich weitere Fortschritte ab, berichtet der Mediziner anlässlich des von Bayer HealthCare unterstützten Symposiums „Hämophilie-Therapie im Umbruch“ beim Kongress der World Federation of Hemophilia in Paris. Intensiv gearbeitet wird nach seiner Darstellung zum Beispiel an der Entwicklung eines langwirksamen Faktor VIII sowie Faktor IX durch Fusion mit anderen Proteinen oder durch Pegylierung. Forscher des Unternehmens Bayer HealthCare, das für die Entwicklung des rekombinanten humanen Blutgerinnungsfaktors VIII (Kogenate®) in Paris mit dem Robert Koch Award 2012 ausgezeichnet wurde, versuchen beispielsweise, die Halbwertszeit von Gerinnungsfaktoren durch die positionsspezifische Bindung von Polyethylenglycol an ein modifiziertes Protein zu verlängern. Durch die Modifizierung des Proteins soll insbesondere eine langsamere Elimination aus der Zirkulation bewirkt werden, was eine längere Wirksamkeit zur Folge hat.

Die präklinischen Untersuchungen zeigen, dass bei einer solchen Strategie die volle Gerinnungsfähigkeit erhalten bleibt mit verlängerter Halbwertszeit und entsprechend verlängerter Wirksamkeit bei Blutungen und auch mit einer verringerten Immunogenität. Doch nicht nur durch die Pegylierung lässt sich die Halbswertszeit ausdehnen, ein vergleichbarer Effekt ist laut Oldenburg auch durch die Bindung an andere Proteine wie das IgG-Fc sowie Albumin zu erzielen.

Ein gänzlich neuer Ansatz bei der Hämophilie-Therapie könnte die Blockierung des Tissue Factor Pathway Inhibitors (TFPI) darstellen. Durch eine solche Strategie scheint es nach Angaben des Mediziners möglich zu sein, Gerinnungsfaktoren zu entwickeln, die nicht mehr intravenös verabreicht werden müssen, was die Behandlung für die Patienten künftig deutlich erleichtern könnte. Darüber hinaus scheint auch die Option der Gentherapie und damit eine potenzielle Heilung der Hämophilie in greifbare Nähe gerückt zu sein. Wie Oldenburg darlegte, gibt es bereits Berichte zu ersten erfolgreichen Protokollen, wobei jedoch bislang nicht absehbar ist, ob und wann sich eine solche Therapiealternative tatsächlich realisieren lässt.


Zum Weiterlesen


Angeborene Blutungsneigung. Worunter Bluter leiden und wie ihnen geholfen wird.

DAZ 2012, Nr. 1, S. 80 – 84.


Medizinjournalistin Christine Vetter



DAZ 2012, Nr. 31, S. 35

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