Arzneimittel und Therapie

Unter Antihypertensiva Harnsäurespiegel kontrollieren!

Viele Patienten mit einer arteriellen Hypertonie leiden gleichzeitig an einem erhöhten Harnsäurespiegel, einer Hyperurikämie, die als Risikofaktor für eine akute und/oder Gicht gilt. Dabei ist das Risiko für eine Gichterkrankung umso höher, je stärker die Harnsäure-Werte ansteigen. Eine Megastudie, die die Daten von nahezu 25.000 Patienten mit Bluthochdruck auswertete, zeigt einen Zusammenhang zwischen dem Gichtrisiko und der Medikation mit verschiedenen Antihypertensiva auf. Bei Diuretika, Betablockern, ACE-Hemmern und anderen AT-II-Blockern war das Risiko signifikant erhöht.
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Unter einer Therapie mit Antihypertonika sollte auch immer der Harnsäurespiegel beachtet werden. Patienten mit erhöhtem Gichtrisiko und Hypertonie sollten nach den Ergebnissen einer Megastudie vorzugsweise mit Calciumantagonisten und Losartan behandelt werden.

Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch eine erhöhte Konzentration an Harnsäure (Hyperurikämie) im Blut ausgelöst wird. Bei der primären Hyperurikämie ist Gicht erblich bedingt, in selteneren Fällen ist sie Folge anderer Erkrankungen (sekundäre Hyperurikämie). In den Industrieländern haben 20 bis 30% der Männer und 3% der Frauen einen erhöhten Harnsäurespiegel, etwa jeder Zehnte erkrankt an Gicht. Da Hypertoniker oft gleichzeitig an einer Hyperurikämie leiden und Antihypertensiva andererseits in unterschiedlicher Weise auf den Harnsäurestoffwechsel wirken, stellt sich die Frage, ob durch die Medikation das Gichtrisiko beeinflusst wird. In einer Fall-Kontrollstudie wurden die Daten von nahezu 1,8 Millionen Patienten zwischen 2000 und 2007 ausgewertet. Bei fast 25.000 von ihnen war im Untersuchungszeitraum die Erstdiagnose einer Gichterkrankung gestellt worden. Die Daten dieser Probanden im Alter zwischen 20 bis 79 Jahren wurden dann mit 50.000 Vergleichspersonen als Kontrollgruppe verglichen; wobei mögliche Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, BMI, Alkohol- und Drogenkonsum sowie weitere Erkrankungen und Medikation berücksichtigt wurden. Zunächst konnte erneut ein Zusammenhang zwischen Gicht und Bluthochdruck aufgezeigt werden. Mehr als die Hälfte der Gichtpatienten, aber nur etwa jeder dritte Proband aus der Kontrollgruppe, hatte eine Hypertonie. Weiterhin konnte ein unterschiedliches Gichtrisiko für die applizierten Blutdrucksenker nachgewiesen werden. Das Risiko war für eine Medikation unter Diuretika (36%), Betablockern (48%), ACE-Hemmern (24%) und verschiedenen AT-II-Blockern (29%) signifikant erhöht. Signifikant geringer im Vergleich zur Gesamtpopulation der hypertensiven Probanden war das Gichtrisiko hingegen bei Patienten, die mit Calciumantagonisten (13%) oder mit dem AT-II-Blocker Losartan (19%) behandelt wurden. Die Signifikanz der Ergebnisse zu den einzelnen Wirkstoffen stieg dabei mit der Dauer der Therapie. Im Hinblick auf die bekannte Wirkungsweise der Antihypertensiva auf den Harnsäurestoffwechsel sind die Ergebnisse nicht unbedingt unerwartet. Im Gegensatz zu anderen AT-II-Blockern hat Losartan eine Harnsäure-ausscheidende Wirkung, da es den URAT1-Transporter in den renalen Tubuluszellen hemmt. Für Calciumantagonisten ist ebenfalls eine urikosurische Wirkung nachgewiesen worden. Eine Erhöhung des Harnsäurespiegels kann andererseits eine Folge der Therapie mit ACE-Hemmern und Thiaziddiuretika sein. Als Fazit – so die Autoren – sei eine kontinuierliche Kontrolle des Harnsäurespiegels bei antihypertensiver Therapie unerlässlich und Patienten mit erhöhtem Gichtrisiko und Hypertonie sollten vorzugsweise mit Calciumantagonisten und Losartan behandelt werden.


Quelle

Choi, H. K.; et al.: Antihypertensive drugs and risk of incident gout among patients with hypertension: population based case-control study. Br Med J 2012; 344: d8190.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2012, Nr. 26, S. 38

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