Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie …

…, ja, logisch, Ihren Apotheker! Oder etwa nicht!? Am heutigen Tag der Apotheke soll die Beratungskompetenz der Kolleginnen und Kollegen einmal mehr demonstriert und ins Licht der Öffentlichkeit geschoben werden. Gut so, sag ich – auch wenn viele Pharmazeuten das Thema "Beratung" nimmer hören können – und manche es noch nie gehört haben. Leider, leider!

Das B-Niveau lässt nach wie vor da und dort a bissl zu wünschen übrig. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt – auch die, dass der Apotheker vor Ort, "an der Front" Aug in Aug mit dem Kunden, sinnvoll gefragt wird.

Risiken und Nebenwirkungen, ja, da kennen wir uns aus, da machen uns Ärzte nix vor, da sind wir A-Klasse. Aber manchmal, was da alles auf uns zukommt, unglaublich, aber wahr. "Haben Sie Briefmarken?" das geht ja noch, ist logistisch auch zu bewerkstelligen, der abgebende Pharmazeut hat da keinen kirre machenden Rabatt zu fürchten – Briefmarken haben Festpreise. Abschlecken und drauf, fertig. "Haben Sie Butter?" auch eine sehr beliebte Nachfrage zahlreicher Kunden, gern kurz vor Toresschluss – das Abendbrot im Hirn wird die Apotheke zur letzten Rettung vor einem trockenen Stück Brot. Gern frequentiert wird auch die hauseigene Toilette (bitte informieren Sie Ihre Putzfrau dementsprechend!), die Offizin ist eben Teil des öffentlichen Raumes, wir sind da, um allen Mühseligen und Beladenen ihr Päckchen abzunehmen. Geschichten und Dramen aus dem zwischenmenschlichen Bereich gehören da ebenso dazu wie Tipps für die Erziehung des frühpubertären Nachwuchses.

Wir müssen, nein, sorry, wir dürfen uns das alles anhören, am Tresen gibt’s kein Zeitlimit wie in der Arztpraxis – da darf der Mensch einfach Mensch sein. Inklusive Tier übrigens: die Zahl der mit Hundeleckerli bestens bevorrateten deutschen Apotheken geht in die Zehntausende – und wehe, die Dinger sind mal ausgegangen: diesen verärgerten Kunden wieder zurückzugewinnen, das ist richtige Arbeit. Aber der deutsche Pharmazeut ist kompetent und flexibel in allen Lebenslagen: Fischfutter haben wir, Leichentücher, Landkarten, Kochbücher, Badelatschen – zu Risiken und Nebenwirkungen lassen wir uns gern befragen. Gern auch in der diskreten Beratungsecke, gell?! Und wo kann der Kunde gut essen? Auch da kommt Hilfe: das beste Spargelrestaurant, die saftigste Pizza, der schönste Biergarten – ein deutscher Apotheker weiß einfach alles!

Lutz Bäucker

DAZ 2012, Nr. 21, S. 40