Management

Konflikte produktiv nutzen

Mitarbeiter zu Konfliktberatern entwickeln

In jeder Apotheke gibt es Konflikte, Streit, Dissens, Widerstände. Das muss nicht unbedingt von Nachteil sein – sofern es dem Apotheker gelingt, produktive Funken daraus zu schlagen und die Konflikte zu nutzen, um die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und die Effektivität der Prozessabläufe in der Apotheke zu verbessern.

Natürlich müssen Konflikte in der Apotheke offen angesprochen und gelöst werden. Wenn sie unter den sprichwörtlichen Teppich gekehrt werden, schwelen sie dort unbemerkt weiter und entwickeln sich häufig zu einem unkontrollierbaren Flächenbrand. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Harmonie als Hemmschuh wirken kann. Mit anderen Worten: Es ist nicht immer notwendig, dass der Apotheker einen Konflikt um jeden Preis auflöst. Denn zuweilen lassen sich gerade aus konfliktären Situationen produktive Funken schlagen.

Konflikt in Wettbewerbssituation umwandeln

Nehmen wir an, zwei Mitarbeiter tragen einen Zielkonflikt aus. Sie sind verschiedener Meinung, wie sich im Frei- und Sichtwahlbereich das Apothekenziel der Kundenorientierung optimieren lässt, um so den Umsatz durch Zusatzverkäufe zu steigern. Der Apotheker kann diesen Konflikt konstruktiv nutzen, indem er einen kreativen Wettbewerb inszeniert: Beide Streithähne sollen schriftlich einen Verbesserungsvorschlag formulieren, ihn mit allen Konsequenzen und Umsetzungsschritten beschreiben und diesen dann im Mitarbeitermeeting vorstellen. Das Motto lautet: "Möge der bessere Vorschlag gewinnen."

Freilich gehört dazu eine gewisse kommunikative Kompetenz aufseiten des Apothekers, die ihm dabei hilft, diesen Wettbewerb immer auf der Sachebene zu halten. Dann ist es durchaus möglich, durch diesen Wettbewerb zu verhindern, dass sich der Zielkonflikt zu einem Konflikt zwischen den Mitarbeitern, mithin zu einem Beziehungskonflikt auswächst.

Der Grund: Die Parteien streiten jetzt vor allem sachlich darum, wer das bessere Argument hat, um die anderen Teammitglieder und den Chef von ihrem Verbesserungsvorschlag zu überzeugen.

In der Diskussion im Mitarbeitermeeting stellt sich dann zuweilen heraus: Beide konkurrierenden Vorschläge weisen positive und nützliche Aspekte auf, die schließlich zu einem dritten Verbesserungsvorschlag zusammengebunden werden können. Dann liegt ein Win-Win-Konsens vor, bei dem es nur Gewinner gibt.

Beziehungskonflikte einhegen

Gerade im Konfliktfall sind Gefühle Tatsachen, und nicht immer gelingt es, den Streit oder Dissens konsequent auf der Sachebene zu halten. Oft genug entstehen in der Apotheke zwischen den Mitarbeitern Rollen- und Machtkonflikte oder Beziehungskonflikte, bei denen es dem Apotheker schwerer fällt, sie produktiv zu nutzen.

Aber auch dies ist möglich – Voraussetzung ist, den Beziehungskonflikt frühzeitig zu erkennen, bevor die Fronten so verhärtet sind, dass dem Apotheker nichts anderes übrigbleibt, als ein Machtwort zu sprechen und den Konflikt zu beenden. Eine Alternative, durch die der Konflikt nicht gelöst, sondern wiederum produktiv genutzt werden kann, besteht darin, den Kontrahenten zu verdeutlichen, dass das Team und die Apotheke davon leben, dass unterschiedliche Charaktere gemeinsam an einem Strang ziehen. Stets arbeiten sie im Sinn eines "nächsthöheren Ganzen" zusammen, selbst wenn es zwischen einigen Beteiligten heftig kriselt.

Das heißt: Der Apotheker hegt den Beziehungskonflikt gleichsam ein, er setzt ihm Grenzen, er steckt den Rahmen ab, innerhalb dessen er damit einverstanden ist, dass die Mitarbeiter den Konflikt offen austragen. Er drängt nicht darauf, den Konflikt zu beenden. Vielmehr geht es ihm darum, die Gemeinsamkeiten zu betonen. So wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sich die zwei Mitarbeiter zumindest derart zusammenreißen, dass ihre persönlichen Animositäten nicht zur Beeinträchtigung des Arbeitsklimas und der Leistungsfähigkeit der Apotheke führen.

Die zweifelsohne schwierige Arbeit des Apothekers läuft darauf hinaus, die Konfliktparteien auf den goldenen Mittelweg zu führen. Er verdeutlicht: Zu viel Harmoniesoße ist ebenso schädlich und kontraproduktiv wie chaotische Disharmonie. Der Zwist der Mitarbeiter darf nie das "nächsthöhere Ganze" gefährden – die Leistungsfähigkeit und Existenz der Apotheke.

Mitarbeiter zu Konfliktberatern entwickeln

Unterstützung kann sich der Apotheker bei den anderen Mitarbeitern holen. In der Regel beginnt ein Beziehungskonflikt zwischen zwei Personen, die dann "Proselyten gewinnen", also Kolleginnen und Kollegen auf ihre Seite ziehen wollen. So bilden sich Fraktionen, der Konflikt greift auf mehrere Mitarbeiter über. Der Apotheker verhindert dies, indem er – etwa im Mitarbeitermeeting – ein Bewusstsein für die Gefahren eskalierender Konflikte schafft, die aus dem Ruder laufen, und die Konsequenzen für die Zukunft der Apotheke verdeutlicht. Bei Grabenkämpfen zwischen mehreren Mitarbeitern kann eine Apotheke durchaus in Mitleidenschaft gezogen werden, bis hin zur existenziellen Bedrohung.

Diese fatalen Folgen müssen allen Mitarbeitern klar sein; dann ist es durchaus möglich, dass sie im eigenen Interesse im Konfliktfall begütigend auf die beteiligten Personen einwirken – statt einem "Fanclub" beizutreten. Letztendlich also treten die Mitarbeiter in dem Konflikt als Berater auf, die im eigenen Interesse und im Interesse der Apotheke die Konfliktbewältigung voranbringen.

Mitarbeiterinterne Konfliktbearbeitung

Auch bei dieser Variante liegt die Intention des Apothekers zunächst einmal nicht in der Konfliktbeseitigung. Die Konfliktparteien sollen ihren Streit unter sich klären, ohne dass die Apothekenabläufe darunter leiden. Der Vorteil: Die mitarbeiterinterne Konfliktbereinigung wirkt zumeist nachhaltiger als die, die durch den Apotheker "von oben herab" in Gang gesetzt worden ist. Denn häufig kommt auf diese Weise ein Gespräch zwischen den Mitarbeitern zustande, das zusammenschweißt, an die gemeinsame Aufgabe und Zielsetzung erinnert und die Einzelinteressen hinter den Teaminteressen verschwinden lässt.

Trotzdem: Der Grat zwischen produktiver Konfliktnutzung und Eskalation ist schmal. Schnell führt ein falsches Wort dazu, dass beim Kampf ums bessere Argument, der Einhegung des Beziehungskonflikts und der mitarbeiterinternen Konfliktbewältigung die gute Absicht in ihr Gegenteil umschlägt. Der Apotheker muss permanent an der Etablierung einer produktiven Streitkultur arbeiten, gemeinsam mit dem Team verbindliche Spielregeln für den produktiven Umgang mit Konflikten festlegen, überdies sein eigenes Konfliktverhalten reflektieren und prüfen, welche seiner Mitarbeiter reif und willens sind, diese anspruchsvollen Konfliktnutzungsstrategien umzusetzen.

Alles zum Wohl der Apotheke

In diesem Zusammenhang sei an das Konzept des produktiven Konfliktmanagements durch den Interessenausgleich erinnert: Der Apotheker achtet darauf, dass die Arbeit an dem Konflikt immer zukunftsorientiert abläuft und keine der Konfliktparteien dabei das Gesicht verliert und zumindest Teilinteressen durchsetzen kann.

Aber noch einmal: Bei all dem dürfen niemals Partikularinteressen im Vordergrund stehen. Es geht immer um das Wohl der Apotheke.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2012, Nr. 7, S. 4

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