Gesundheitspolitik

ABDA rüstet sich für 2. Runde im Honorarkampf

500.000 Euro Sonderetat für Kassen-Protest – Warnstreiks gegen Bundesregierung gestoppt

Berlin (lk). Mit einem Sonderetat in Höhe von 500.000 Euro rüstet sich die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) für die anstehende Auseinandersetzung mit den Krankenkassen über den Kassenabschlag. Die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband sollen aus einer vorbereiteten "Tool-Box" gegebenenfalls "aus dem Stand" mit Protestmaßnahmen begleitet werden. Zugleich sprach sich die außerordentliche Mitgliederversammlung letzten Donnerstag gegen weitere Protestaktionen gegen die Bundesregierung aus. Stattdessen will die ABDA die Umsetzung der von den Regierungskoalitionen angekündigten 120 Millionen Euro für eine neue Nacht- und Notdienstpauschale mit eigenen Vorschlägen konstruktiv begleiten.

Eine knappe Stunde – Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr besuchte die BerlinApotheke und informierte sich über den Apothekenalltag.
Foto: AZ/Sket

Mit diesem Beschluss ist klar, dass es im Umfeld des diesjährigen Deutschen Apothekertages vom 11. bis 13. Oktober keine zentrale Protestkundgebung geben wird. Dies hatte unter anderem der Apothekerverband Hessen gefordert. Angesichts der veränderten Sachlage gab es in der Mitgliederversammlung keine Mehrheit für weitere Protestaktionen. Baden-Württembergs LAV-Chef Fritz Becker erklärte im Anschluss an die Sitzung, dass es auch im Südwesten keine weiteren Warnstreiks mehr geben werde.

Die ABDA-Mitgliederversammlung beschloss, "vorerst keine zentralen Kampagnen und weiteren Aktionen durchzuführen", hieß es in einer Erklärung. Zugleich kündigte DAV-Chef Fritz Becker "sehr, sehr harte Verhandlungen" mit dem GKV-Spitzenverband über den Kassenabschlag ab 2013 an. Dafür habe man sich mit einer 500.000 Euro teuren "Tool-Box" gerüstet, so ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. Dahinter verbirgt sich ein "Kommunikationsplan für eventuelle weitere Maßnahmen". Einzelheiten wollten Wolf und Becker nicht preisgeben.

In einem Brief an den GKV-Spitzenverband fordert Becker nach eigenen Angaben die "unverzügliche" Aufnahme der Verhandlungen über den Kassenabschlag. Falls bis zum Jahresende keine Einigung erzielt werden könne, "zahlen wir ab Januar 2013 nur noch 1,75 Euro", sagte Becker. Angesichts der Aussagen der Politik, unter anderem von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), fühle man sich in dieser Haltung bestärkt. Becker: "Nach zwei Jahren von der Politik verhängtem Sonderopfer muss der Abschlag ab 2013 wieder auf 1,75 Euro sinken."

Wie die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband von öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen begleitet werden sollen, ließen Wolf und Becker offen. Die ABDA werde aber "aus dem Stand gerüstet" sein, Reaktionen zu zeigen. Der Betrag von 500.000 Euro könne jederzeit erhöht werden, so Wolf.

Kabinett stimmt 25-Cent-Honorarerhöhung zu

Am vergangenen Mittwoch hatte zuvor das Bundeskabinett der Erhöhung des Apothekenhonorars um 25 Cent auf 8,35 Euro zugestimmt. Die Honorare der Apotheker steigen damit Anfang kommenden Jahres um drei Prozent. Unterm Strich sind das etwa 190 Millionen Mehrausgaben für die Krankenkassen. Die ABDA hatte einen Zuschlag von 1,04 Euro gefordert. Dies hätte 600 bis 700 Millionen Euro gekostet. Es ist die erste Honorarerhöhung seit neun Jahren.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler (FDP), erklärte dazu: "Mit der Anpassung kommt die Bundesregierung ihrem nach dem Arzneimittelgesetz bestehenden gesetzlichen Auftrag nach, den seit 2004 unverändert geltenden Festzuschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel an die Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen. Hierbei sind die berechtigten Interessen der Arzneimittelverbraucher, der Apotheken und des Großhandels zu berücksichtigen."

Das Bundesministerium der Gesundheit beabsichtigt zudem, zeitnah die Einführung einer Sicherstellungspauschale für Apotheken im Nacht- und Notdienst vorzubereiten. Der Bundesminister für Gesundheit, Daniel Bahr, sagte: "Damit wird für die Menschen auf dem Land die Rund-um-die-Uhr-Versorgung mit Arzneimitteln nachhaltig gestärkt."

Die Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung sowie die geplante Einführung einer Sicherstellungspauschale für Apotheken im Nacht- und Notdienst trügen dazu bei, dass auch künftig ein funktionierendes und dichtes Netz von Apotheken der Bevölkerung in Deutschland zur Verfügung stehe.

Bahr besucht Berliner Apotheke

Vor dem Kabinettbeschluss stattete Gesundheitsminister Bahr am vergangenen Mittwoch der BerlinApotheke in Berlin-Mitte einen Besuch ab. Apothekenleiter Manfred Schneider empfing den Minister in seiner modernen Apotheke in der Friedrichstraße – nur wenige Schritte vom Bundesgesundheitsministerium entfernt. Eine knappe Stunde hatte Bahr Gelegenheit, sich über den Apothekenalltag zu informieren und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Arbeit über die Schulter zu schauen. Sie erläuterten ihm beispielsweise, wie Apotheken Rabattverträge umsetzen. Interessiert schaute er sich auch die modernen Kommissionierautomaten an.



AZ 2012, Nr. 39, S. 1

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