Fortbildungskongress

Durch Eingriff in hormonelle Regelkreise zum eigenen Kind

Geht es um die Kinderlosigkeit in Deutschland, dann ist nach Meinung des Berliner Gynäkologen Prof. Dr. Heribert Kentenich das Problem kein Sterilitätsproblem, sondern ein Problem der gewollten Kinderlosigkeit. Und hier nimmt Deutschland in Mitteleuropa den ersten Platz ein. Damit verbunden ist ein Herausschieben der Entscheidung für das eigene Kind in spätere Lebensphasen, in denen die Fertilität schon deutlich abgenommen hat. Bleibt dann der Kinderwunsch unerfüllt, stellt sich die Frage nach den Ursachen und einer möglichen Behandlung.

Nur wenige mitteleuropäische Paare sind tatsächlich infertil, also überhaupt nicht in der Lage, Kinder zu zeugen. Das bedeutet, dass entweder keine Spermien vorhanden sind, die Gebärmutter oder Eileiter fehlen oder keine Eizellen produziert werden können. Die meisten Paare, bei denen es trotz Kinderwunsch zu keiner Schwangerschaft kommt, sind subfertil. Subfertilität ist definiert als das Unvermögen, innerhalb eines Jahres trotz regelmäßigem ungeschütztem Geschlechtsverkehr schwanger zu werden.

Hormonelle Störungen

Sterilitätsursachen sind vielfältig. Auf hormoneller Ebene kommen folgende Ursachen infrage:

  • eine hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz, bei der keine Eizellen vorhanden sind,

  • eine hypogonadotrope Ovarialinsuffizienz, bei der zu wenig FSH und LH gebildet werden, was bei Untergewicht, Anorexie oder extremem Leistungssport der Fall sein kann,

  • eine Hyperprolaktinämie beispielsweise als Folge eines Prolaktinoms. Darüber hinaus können viele Medikamente, vor allem Neuroleptika, Antipsychotika und Antidepressiva zu einer Hyperprolaktinämie führen. Physiologisch ist der Prolaktinspiegel während Schwangerschaft und Stillzeit erhöht.

  • eine Hyperandrogenämie, also einem Zuviel an Androgenen und Testosteron. Sie ist in den meisten Fällen für Zyklusstörungen verantwortlich. Die Hyperandrogenämie kann auf Störungen in der Nebennierenrinde und auf ovarielle Störungen zurückzuführen sein. Das größte Problem stellt das polyzystische Ovar dar, eine Folge von Übergewicht/Adipositas, Hyperinsulinämie und Insulinresistenz (Typ-2-Diabetes). In seltenen Fällen können auch Medikamente verantwortlich sein, hier vor allem die Valproinsäure.

  • eine Hypo- oder Hyperthyreose, wobei hier die Hypothyreose als Sterilitätsursache dominiert. Die Hypothyreose ist oft vergesellschaftet mit einer Hyperprolaktinämie. Wird sie behandelt, verschwindet meist auch die Hyperprolaktinämie.


Prof. Dr. Heribert Kentenich Foto: DRK Kliniken Berlin

Anamnese weist den Weg

Kommen Paare mit einem unerfüllten Kinderwunsch in die Praxis, dann können mit einer kurzen Anamnese sehr schnell die infrage kommenden Ursachen eingegrenzt werden. Bei einem 28-Tage-Zyklus ist ein Hormonproblem der Frau auszuschließen, aufwendige Hormonbestimmungen erübrigen sich. Liegt ein Zyklus mit mehr als 35 Tagen vor, dann ist eine Oligomenorrhö wahrscheinlich die Ursache. Übergewicht und Rauchen können ebenfalls verantwortlich sein. Eileiter-Operationen, Endometriose, Dysmenorrhö, Chlamydien-Infektionen und Myome sind weitere Faktoren, die eine Schwangerschaft verhindern können.

Kommen hormonelle Störungen infrage, dann reicht eine einmalige Blutentnahme zwischen dem 2. und 8. Zyklustag zur Bestimmung des Hormonstatus. Hypothyreosen werden mit L-Thyroxin behandelt, eine Hyperprolaktinämie mit den Dopamin-Agonisten Bromocriptin oder Cabergolin, eine Hyperandrogenämie mit Prednisolon oder Dexamethason.

In-vitro-Fertilisation

Ist es unwahrscheinlich, dass ein Paar auf natürlichem Weg seinen Kinderwunsch erfüllen kann, wird sich die Frage nach einer künstlichen Befruchtung stellen. Voraussetzung für eine In-vitro-Fertilisation ist das Vorhandensein von Eizellen und Spermien. Um festzustellen, ob ausreichend Spermien vorhanden sind, sind mindestens zwei Spermiogramme mit einem zeitlichen Abstand notwendig

Mithilfe von HMG, FSH oder LH wird das Heranreifen der Eizellen stimuliert, der Eisprung wird durch Gonadotropin-Agonisten oder -Antagonisten verhindert. Die Eizellen werden entnommen, im Reagenzglas mit durch Masturbation gewonnenen Spermien künstlich befruchtet und am Tag 2 oder 3 nach der Punktion in die Gebärmutter zurückgegeben. Finden die Spermien nicht den Weg in die Eizellen, dann besteht die Möglichkeit, diese direkt zu injizieren (intrazytoplasmatische Spermieninjektion, ICSI).


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DAZ 2011, Nr. 7, S. 93

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