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Homöopathie-Skeptiker geben sich "Überdosis"
Die sogenannte "10:23-Aktion" startete um 10 Uhr 23 in Berlin, Essen, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, München, Wien, Graz und Zürich. Die krumme Uhrzeit ist eine Anspielung auf die Avogadro-Konstante (6,022 × 1023), die die Anzahl von Molekülen in einem Mol angibt. Ab einer Verdünnung von mehr als 1023 befinde sich wahrscheinlich kein einziges Molekül der Ursubstanz mehr in dem homöopathischen Arzneimittel, heißt es auf der Webseite der Initiatorin der Aktion – der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Dennoch seien derartige Verdünnungen bei homöopathischen Medikamenten gang und gäbe.
"Viele nehmen oder befürworten Homöopathika aus Vertrauen in eine ‚sanfte natürliche Alternative‘ und wissen nichts über die fragwürdigen Grundlagen oder die negativen Studienergebnisse dieser privilegierten Therapierichtung", klagt die GWUP. Stattdessen sollte "die unkritische Unterstützung und das potenziell gefährliche Vertrauen in die Homöopathie hinterfragt werden" – im Krankheitsfall sollte man sich auf jeden Fall "sinnvollen Maßnahmen" zuwenden. Vorbild der deutschen Homöopathie-Kritiker ist eine entsprechende Aktion in England im vorigen Jahr. Bei dieser nahmen mehrere Hundert Briten vor laufenden Kameras ganze Fläschchen mit Globuli ein.
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) betrachtete die Aktion schon im Vorfeld mit "Schmunzeln" und berichtete im Anschluss, dass sich in den meisten Städten kaum 20 Menschen beteiligt hätten. Die GWUP sprach von etwa 200 Teilnehmern in Deutschland, Österreich und der Schweiz; jeweils rund 40 sollen es allein in Berlin und Hamburg gewesen sein.
DZVhÄ: Sinnlose Aktion
Curt Kösters, zweiter Vorsitzender des DZVhÄ, erklärte: "Diese sogenannte Überdosierung ist völliger Nonsens, da es bei Hochpotenzen keine Rolle spielt, ob zwei oder 500 Globuli zu sich genommen werden." Die Häufigkeit der Einnahme von Globuli sei entscheidend, nicht die Menge. Dass homöopathische Arzneimittelprüfungen funktionieren, sei gut dokumentiert und in Doppelblindstudien bestätigt, so Kösters. Er sieht die individuelle Homöopathie von den Aktivisten gründlich missverstanden. Es zeuge von einer "schlichten Geisteshaltung", wenn individuelle Medizin ohne Nebenwirkungen für die GWUP offenbar unvorstellbar sei.
Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) betonte, dass homöopathische Arzneimittel durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) behördlich überprüft werden müssen, bevor sie in den Markt gebracht und in der Apotheke abgegeben werden dürfen. Dabei seien in jedem Fall Nachweise über die Herstellung und die hochwertige Beschaffenheit des jeweiligen Arzneimittels zu führen. Sicherheit und Wirksamkeit müssten durch Daten belegt werden. Dabei seien klinische Studien nur eine Möglichkeit zum Nachweis der Wirksamkeit. Der BAH betonte, dass die klassische Homöopathie eine individuelle Therapieform sei. Daher müssten hier das Vorliegen der Krankheit und die Anwendung des Arzneimittels differenziert betrachtet und an die individuelle Situation des Patienten angepasst werden.
Anders als in anderen Ländern ist die Homöopathie in Deutschland sehr gefragt. Nach der 2009 durchgeführten Allensbach-Umfrage nutzen 57 Prozent der Bevölkerung homöopathische Arzneimittel, 25 Prozent bezeichnen sich sogar als "überzeugte Verwender". Nur zwei Prozent halten homöopathische Arzneien für unwirksam. Nach Angaben des DZVhÄ hat sich die Anzahl der Ärzte mit homöopathischer Zusatzausbildung in den letzten 15 Jahren von 3000 auf etwa 6000 verdoppelt. 100 von 158 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernehmen die Behandlungskosten für ärztliche Homöopathie.
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