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Fachmedien
Homöopathie in der Krebstherapie – eine ungenutzte Chance?
Wie nähert man sich als Rezensent und damit als Leser einem Buch, dessen Titel aus naturwissenschaftlicher Sicht geradezu provokant wirkt, zumal wenn man sich die Mediendiskussion des Jahres 2010 um die Homöopathie vergegenwärtigt?
Man lese zunächst einmal das Vorwort des Autors, ehe man sich auf das Buch stürzt und die vorurteilsbehaftete Meinung kundtut. Das mag nicht oberlehrerartig verstanden werden, sondern als bewährter Hinweis für den Leser, was ich eigentlich vom Inhalt des Buches erwarten darf: "Homöopathische Krebsbehandlung ist nicht möglich, ohne gleichzeitig die Onkologie sowie die klinische Diagnostik und Therapie zu betrachten. Die überwiegende Mehrheit der Patienten wird nach der Diagnose eines malignen Tumors primär einer schulmedizinischen Therapie zugeführt. Aufgabe der homöopathischen Behandlung ist es somit, auch die Symptome der Nebenwirkungen jener Therapie mit einzuplanen. Während Bestrahlung und Chemotherapie ist der homöopathisch arbeitende Therapeut gefordert, wechselnde akute Beschwerden durch immer neue homöopathische Mittel abzufangen und zu mildern. Bei Langzeitbeschwerden durch die schulmedizinische Therapie müssen die relevanten Symptome in die Mittelwahl einbezogen werden und im späteren Verlauf sollten die Merkmale einer Besserung erkannt und genutzt werden", schreibt der Autor Dr. med. Robert Ködel, der als Facharzt für Allgemeinmedizin mit dem Schwerpunkt Homöopathie in München praktiziert.
Und mit diesem Zitat aus dem Vorwort wird auch die inhaltliche Linie dieses Buches vorgegeben, das sich in vier Hauptkapitel nebst Annex gliedert.
Im ersten Kapitel werden "Grundlagen" besprochen, zu Recht relativ kurz die Diagnostik und schulmedizinische Therapie, um im weiteren auf die Basis und damit Sichtweise der homöopathischen Krebsbehandlung einzugehen. Sehr praxisbezogen und die therapeutische Realität des niedergelassenen (homöopathischen) Arztes widerspiegelnd werden die Add-on-Möglichkeiten der Homöopathie, Ernährung und Lebensführung sowie der Psychoonkologie und komplementärmedizinischer Therapien im Sinne einer supportiven Therapie dargestellt; dem sterbenden Patienten ist ein eigenes Kapitel gewidmet, welches die eigene Sichtweise einer Behandlung nachhaltig erweitern kann.
Im zweiten Kapitel werden "wichtige homöopathische Mittel" nach dem Kopf-zu-Fuß-Schema vorgestellt, wobei der Autor betont, dass die Auswahl sich an seinen eigenen Praxiserfahrungen sowie an der Literatur orientiert. Hier finden sich bekannte homöopathische Arzneimittel, die – wie der Autor betont – als Polychreste oft so vielschichtig und komplex sind, so "dass ein Kompromiss zwischen reduzierter Darstellung und ausschweifender Symptomenfülle gefunden werden muss." Und dies ist dem Autor Robert Ködel erfolgreich gelungen!
Das dritte Kapitel ist am umfangreichsten, weil es sich den häufigsten Tumorerkrankungen widmet. Wiederum ist die Einteilung an dem in der Homöopathie üblichen "Kopf-zu-Fuß-Schema" orientiert, d. h. zunächst werden maligne Tumoren des zentralen Nervensystems besprochen, danach Karzinome der Schilddrüse, des Gastrointestinaltrakts usw. bis hin zur hämatologischen Onkologie, um abschließend auch "seltene Tumorerkrankungen" in einem Unterkapitel abzuhandeln.
Das einzelne Kapitel ist sehr stringent aufgebaut, wonach zunächst das Krankheitsbild und die konventionelle Behandlung dargestellt werden. Anschließend werden unter der Überschrift "Möglichkeiten der homöopathisch erweiterten Therapie" die Auswahl und Anwendung häufig indizierter homöopathischer Arzneimittel besprochen. Fast in jedem Kapitel findet sich eine exemplarische Kasuistik ergänzt durch eine aktuelle (konventionelle) Literaturliste sowie zusätzliche Internetadressen.
Das letzte Kapitel ist ein Repertorium, mit dessen Hilfe jeweils symptombezogen die wichtigsten Mittel zu finden sind. Obwohl es sich um ein kurzgefasstes Repertorium handelt, ist es für die Behandlung in der Praxis eine große Hilfe, was der Rezensent als praktizierender Arzt besonders betonen möchte.
Im Anhang des Buches finden sich nochmals zahlreiche Literaturhinweise und Internetadressen sowie abschließend eine Ernährungsempfehlung.
Dem Buch spürt man das Engagement und die Redlichkeit des Autors an, es wendet sich an den in der Patientenversorgung tätigen Arzt und Apotheker; Grundkenntnisse in "Naturheilverfahren und Homöopathie" entsprechend der BAK-Weiterbildung sind jedoch notwendig, um den Buchinhalt auch in der öffentlichen Apotheke nutzen zu können. Und – das Buch könnte grundsätzlich zum notwendigen Dialog zwischen konventioneller und komplementärer Medizin beitragen: der onkologische Patient hätte es wahrlich verdient!
Dr. med. Markus Wiesenauer, Kernen-Stetten
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