Arzneimittel und Therapie

Abhängigkeitspotenzial von Pregabalin wird diskutiert

Das Analogon der Gamma-Aminobuttersäure Pregabalin (Lyrica®) moduliert die Freisetzung verschiedener exzitatorischer Neurotransmitter im ZNS. Es wird vor allem in der Indikation neuropathischer Schmerz eingesetzt. Auf eine mögliche Abhängigkeitsentwicklung weist jetzt die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in einem Drug Safety Mail hin. Entsprechende Hinweise auf ein Missbrauchspotenzial von Pregabalin wurden in die Fachinformation aufgenommen. Vorsicht ist vor allem bei Suchterkrankungen in der Vorgeschichte geboten.
Das Antikonvulsivum Pregabalin (Lyrica®) reduziert den Calciumioneneinstrom an den Nervenendigungen und verhindertdie Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter. Fallberichte deuten auf ein Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial. Auch wenn das Risiko möglicherweise nur gering ist, sollten Patienten vor Beginn einer Behandlung darauf aufmerksam gemachtwerden.  Foto: Sebastian Kaulitzki – Fotolia.com

Pregabalin (Lyrica®) ist seit 2004 in Deutschland verfügbar und ist zugelassen zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen bei Diabetes mellitus, Gürtelrose oder Rückenmarksverletzungen, als Zusatztherapie bei Epilepsiepatienten mit partiellen Anfällen und bei generalisierten Angststörungen. 2009 wurden 45,7 Millionen DDD verordnet, Lyrica® steht in Deutschland auf Platz 12 der umsatzstärksten patentgeschützten Arzneimittel mit einem Umsatz von etwa 220 Millionen Euro im Jahr 2009.

Abhängigkeitspotenzial GABA-erger Substanzen

Pregabalin ist ein Analogon der Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Es bindet an eine Untereinheit spannungsabhängiger Calciumkanäle im ZNS, ist in der Lage, [3H]-Gabapentin zu verdrängen und moduliert die Freisetzung verschiedener exzitatorischer Neurotransmitter. Benommenheit und Schläfrigkeit zählen zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Pregabalin. Aufgrund der GABA-ergen Eigenschaften von Pregabalin ist eine Abhängigkeitsentwicklung vorstellbar. Die Gamma-Aminobuttersäure löst als der wichtigste sedierende und entspannende Neurotransmitter geeignete psychische Reaktionen aus, und bei zahlreichen GABA-ergen Substanzen, wie zum Beispiel Benzodiazepinen, Barbituraten oder Alkohol, liegt ein Abhängigkeitspotenzial vor. Jetzt wurde die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) über den Fall eines Patienten informiert, der wegen einer generalisierten Angststörung mit Pregabalin behandelt wurde. Der Patient hatte mehrfach versucht, sich Rezepte zu erschleichen und nahm täglich bis zu 3000 mg Pregabalin ein (empfohlene Tageshöchstdosis 600 mg). Der AkdÄ sind ähnliche Fälle bekannt; deutsche Autoren publizierten einen weiteren Fallbericht einer Abhängigkeit von Pregabalin. Auch die schwedische Arzneimittelbehörde hat 2010 anhand von 16 Spontanberichten ein Signal für ein Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial von Pregabalin veröffentlicht.

Entsprechende Hinweise auf das Abhängigkeitspotenzial von Pregabalin wurden im vergangenen Jahr in die deutsche Fachinformation aufgenommen. Auch wenn das Risiko möglicherweise nur gering sei, so weist die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in ihrem Drug Safety Mail doch darauf hin, dass Patienten vor Beginn einer Behandlung auf die Hinweise eines Missbrauchspotenzials aufmerksam gemacht werden sollten. Insbesondere bei Patienten mit einer Suchterkrankung in der Vorgeschichte sollte auf Zeichen für eine Abhängigkeitsentwicklung beziehungsweise einen Missbrauch, wie eine Zunahme der eingenommenen Dosis, geachtet werden.


Quelle

Aus der UAW-Datenbank: Abhängigkeitspotenzial von Pregabalin (Lyrica®). AkdÄ Drug Safety Mail 2011-141 vom 31. Januar 2011

Fachinformation Lyrica® Hartkapseln. Stand: August 2010.


ck



DAZ 2011, Nr. 5, S. 40

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